Die Gemeinde Pöcking hat sich dazu entschieden, den Weihbischof-Defregger-Weg in umzubenennen. Er soll in Zukunft Filetto-Weg heißen. Lange Zeit galt Matthias Defregger, ein Enkel des bekannten Malers, als einer der angesehensten Bürger des Orts. Doch zu seinem 25. Todestag 2020 rückte seine Rolle in einem Kriegsverbrechen während des Zweiten Weltkriegs erneut in den Vordergrund. Im Juni 1944, nachdem bei einem italienischen Partisanenüberfall zwei deutsche Soldaten starben, gab der damals 29-jährige Wehrmachtsoffizier Defregger den als Vergeltung gedachten Erschießungsbefehl seines Vorgesetzten weiter. Er ließ alle 17 männlichen Einwohner zwischen 17 und 65 Jahren ermorden und das Dorf niederbrennen – zu einem Zeitpunkt, als die Alliierten bereits kurz vor Rom standen. Nach dem Krieg schlug Defregger die geistliche Laufbahn ein und wurde 1968 zum Weihbischof ernannt. Das Kriegsverbrechen an den Zivilisten verschwieg er, bis es 1968 zum Gerichtsverfahren kam, das allerdings eingestellt wurde. Als Geistlicher war Defregger beliebt und verehrt wie kaum ein Zweiter. Aber er brachte es nicht fertig, für seine Tat Verantwortung zu übernehmen und sich zu seiner persönlichen Schuld zu bekennen. Das nahmen ihm viele übel.
Der Pöckinger Gemeinderat hat es sich mit Defregger nicht leicht gemacht. Über zwei Jahre wurde das Für und Wider der Umbenennung diskutiert. Schließlich hat Pöcking ja auch eine Hindenburgstraße, sie darf bleiben, auch wenn dieses in der Vergangenheit immer wieder mal kontrovers diskutiert. Nach dem Reichspräsident, der Hitler den Aufstieg ermöglichte, auch wenn er selber kein Nazi war, sind bundesweit immer noch viele Straßen benannt, jede Gemeinde geht damit anders um. Im Fall Defregger sprach sich der Gemeinderat einstimmig für die Anbringung einer Info-Tafel aus, die das Kriegsverbrechen schonungslos beim Namen nennt. Sie soll im Mai fertig sein und dann angebracht werden. Für die Umbenennung in Filetto-Weg konnten sich allerdings nicht alle erwärmen. Die CSU hätte dort lieber einen „Friedensweg“ gesehen. Die Gemeinde Pöcking ist um eine Aussöhnung mit dem italienischen Abruzzendorf Filetto di Camarda sehr bemüht. 2020 reiste eine Delegation nach Italien, im Juli wird der Gegenbesuch erwartet.