Eine Glasscherbe, ein Tierknöchelchen, ein Stückchen Keramik, verrostete Eisenteilchen – die einzelnen Funde, die Anita Jensen in 13 Jahren aus Äckern rund um Germering aufgesammelt hat, sind nicht spektakulär. In ihrer Summe allerdings schon. Genau 24.297 Einzelstücke sind in dieser Zeit zusammen gekommen. Eine Auswahl davon wird derzeit in der Sonderausstellung „Lesefunde“ im Stadtmuseum Germering ausgestellt.
In einer Vitrine des Stadtmuseums funkeln kleine blaue Glasscherben. So beleuchtet sehen sie fast wie Edelsteine aus. „Das ist mein größter Schatz“, freut sich Anita Jensen und zeigt auf das Fragment eines Glasarmreifs, einer ihrer ersten Funde. Die Funde, die sie zwischen 1994 und 2007 gesammelt hat, stammen aus allen Epochen – von der Steinzeit, über die Bronzezeit bis zum Mittelalter und bis in die Neuzeit hinein mit der Soldatenmarke aus dem Krieg.
„Geduld, Ausdauer und den richtigen Blick“, bescheinigte Oberbürgermeister Andreas Haas der Hobbyarchäologin, die bei täglichen langen Spazierwegen systematisch auf den Feldern ein Meter breite Bahnen auf- und abgegangen war. Eine ausgefeilte Methodik, freute sich Archäologe Bernhard Zirngibl, der das Fundmaterial wissenschaftlich ausgewertet hatte. Dank der genauen örtlichen Zuordnung der Fundstücke, bei denen Jensen die Flurstücke markiert hatte, habe sich gemeinsam mit anderen Forschungsmethoden ein Gesamtbild früherer Besiedlung gegeben.
Hier sehe man, dass auch ohne aufwändige Grabungen und technische Hilfsmittel, sondern allein mit dem bloßen Auge, Relikte vergangener Epochen gefunden werden können, stimmte Sabine Mayer vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege zu. Auch wenn keine Sensationen zu Tage gefördert wurden, so lieferten die Spuren auf den Äckern Datierungshinweise und belegen die über 5.000 Jahre andauernde lange Besiedlung der Gegend. Damit könnten spätere Grabungen genau angepasst werden. Ein Ziegelstück könnte beispielsweise Hinweis auf den Standort eines Gebäudes geben, eine Münze könnte aus einer Tasche gefallen sein.
Zu dem ungewöhnlichen Hobby ist Jensen als Ausgleich zu ihrer sitzenden Tätigkeit als Chefsekretärin gekommen. Der frühere Germeringer Stadtarchäologe Franz Srownal habe damals ihr Interesse an der Archäologie geweckt und sie auch beraten. Im Laufe der Jahre habe sie sich so viel Expertenwissen aneignen können, dass sie ihre Funde selbst beurteilen konnte. Nach 13 Jahren war angesichts der überquellenden Keller und Lagerräume Schluss mit der Sammelei. Jetzt hat Jensen die sorgfältig in Schachteln archivierten und dokumentierten Funde der Stadt Germering übergeben. Einige Exponate sollen in die Dauerausstellung integriert werden. Die Sonderausstellung im Zeit+Raum-Museum, in der Germeringer Domonter Straße 2, ist noch bis zum Sonntag, 15. Oktober, zu sehen.