Veröffentlicht am 20.12.2023 00:00

Auf dem Prüfstand


Von Elisabeth Schönberger
Schloss Tutzing beherbergt seit 1947 die Evangelische Akademie Tutzing. (Foto:  A. Mrozek-Abraham, Evangelische Akademie Tutzing)
Schloss Tutzing beherbergt seit 1947 die Evangelische Akademie Tutzing. (Foto: A. Mrozek-Abraham, Evangelische Akademie Tutzing)
Schloss Tutzing beherbergt seit 1947 die Evangelische Akademie Tutzing. (Foto: A. Mrozek-Abraham, Evangelische Akademie Tutzing)
Schloss Tutzing beherbergt seit 1947 die Evangelische Akademie Tutzing. (Foto: A. Mrozek-Abraham, Evangelische Akademie Tutzing)
Schloss Tutzing beherbergt seit 1947 die Evangelische Akademie Tutzing. (Foto: A. Mrozek-Abraham, Evangelische Akademie Tutzing)

Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste hat in der zweiten Förderrunde 2023 eine Finanzierung in Höhe von etwa 1,93 Millionen Euro für die Provenienzforschung im Bereich des „NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts” genehmigt. Insgesamt erhielten 18 Forschungsprojekte in dieser Runde finanzielle Unterstützung von der Magdeburger Stiftung – auch das Projekt „Schloss Tutzing“. Das Provenienzforschungsprojekt der Evangelischen Akademie Tutzing wird für zwei weitere Jahre durch Fördermittel finanziert.

Sammlung prüfen

Die Akademie gehört zu den acht ausgewählten Institutionen, deren Förderung fortgesetzt wird. Das Provenienzforschungsprojekt der Evangelischen Akademie Tutzing hat zum Ziel, die Herkunft ihrer Sammlung im Kontext der NS-Diktatur zu überprüfen, die Geschichte von Schloss Tutzing sowie seine komplexen Besitzverhältnisse zu reflektieren und zu erforschen sowie sich dabei ihrer moralischen Verantwortung zu stellen.

„Wir sind dankbar für die Bewilligung weiterer Mittel“, freut sich Akademiedirektor Udo Hahn. „So kann Licht in ein dunkles Kapitel der Schlossgeschichte gebracht und NS-Unrecht aufgedeckt werden.“ Auch habe man die Hoffnung, dass durch die Forschung von der NS-Diktatur betroffenen Opfern Gerechtigkeit widerfahre.

237 Kulturgüter

„In den kommenden zwei Jahren erwartet uns eine Zeit intensiver Tiefenrecherchen zu den verbleibenden Kulturgütern im Schloss. Diese spannende Etappe verspricht nicht nur neue Erkenntnisse, sondern trägt hoffentlich auch zu einem besseren Verständnis der damaligen Entwicklungen bei“, so die Leiterin des Projekts, Dr. Kerstin Holme.

Im ersten Förderjahr erfasste die Historikerin und Kunsthistorikerin systematisch den wesentlichen Sammlungsbestand, da Erwerbs- oder Eingangsbücher der meisten Kulturgüter fehlten. Diese Maßnahme führte zu einer quantitativen Erhöhung der forschungsrelevanten Objekte auf insgesamt 237 Kulturgüter. Seitdem gilt es, jedes einzelne Kulturgut einer intensiven Herkunftsprüfung zu unterziehen – erste Verdachtsmomente sind aufgetreten, die weitere gezielte und vertiefte Rechercheschritte notwendig machen. Kerstin Holme ist dabei kontinuierlich auf der Suche – jedes Detail kann von Bedeutung sein, jeder Vermerk an Gewicht gewinnen, und jeder Archivbesuch neue Erkenntnisse liefern. Neue Entdeckungen erhellen nicht nur die Geschichte hinter einem Kulturgut, sondern ermittelte Provenienzen können auch Unrecht aufzeigen. Die Untersuchungsmethoden sind dabei vielschichtig und interdisziplinär.

Besitzverhältnisse entschlüsseln

Parallel zur Provenienzprüfung forscht Holme eingehend zu den Kontexten der komplexen Besitzverhältnisse der aufeinanderfolgenden Schlosseigentümer Marczell von Nemes und Albert Hackelsberger. Von Nemes gehörte Schloss Tutzing von 1921 bis 1930, er galt im Sinne der Nationalsozialisten als jüdisch, ebenso seine Erben. Der in der NS-Zeit politisch verfolgte Industrielle und Zentrumspolitiker Hackelsberger hatte das Schloss 1936 erworben und verstarb 1940 in Gestapo-Haft.

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