Veröffentlicht am 20.10.2009 12:16

Pausenhelfer, Klassenrat und Schulradio

Für das nächste Schuljahr hofft Rektorin Claudia Hirschnagl auf eine Besetzung der Stelle für Jugendsozialarbeit an ihrer Grundschule. (Foto: Eva Schraft)
Für das nächste Schuljahr hofft Rektorin Claudia Hirschnagl auf eine Besetzung der Stelle für Jugendsozialarbeit an ihrer Grundschule. (Foto: Eva Schraft)
Für das nächste Schuljahr hofft Rektorin Claudia Hirschnagl auf eine Besetzung der Stelle für Jugendsozialarbeit an ihrer Grundschule. (Foto: Eva Schraft)
Für das nächste Schuljahr hofft Rektorin Claudia Hirschnagl auf eine Besetzung der Stelle für Jugendsozialarbeit an ihrer Grundschule. (Foto: Eva Schraft)
Für das nächste Schuljahr hofft Rektorin Claudia Hirschnagl auf eine Besetzung der Stelle für Jugendsozialarbeit an ihrer Grundschule. (Foto: Eva Schraft)

365 Mädchen und Jungen werden in der Grundschule am Ravensburger Ring in 17 Klassen unterrichtet. Neben den Regelklassen gibt es hier auch eine Integrationsklasse, eine Ganztagsklasse sowie zwei sogenannte Übergangsklassen für Kinder mit Migrationshintergrund, die erst noch die deutsche Sprache lernen müssen. Dazu kommen noch acht „Vorkurse Deutsch“ für insgesamt 65 Kinder mit Sprachverständnisproblemen aus fünf umliegenden Kindergärten. Ab diesem Schuljahr gibt es auch eine Ganztagsklasse mit Mittagessen und Spielbetreuung durch die Innere Mission.

Viertel hat sich verändert

Was es an der Ravensburger Schule nicht gibt, ist eine Stelle für „Jugendsozialarbeit an Schulen“ (JAS). „Dabei bräuchten wir diese eigentlich dringend“, betont Rektorin Claudia Hirschnagl, „seit drei Jahren beantrage ich die Besetzung einer Schulsozialarbeitsstelle. Dieses Jahr waren wir auch ganz nah dran, aber es gab andere Schulen mit noch mehr Bedarf.“ Für das nächste Schuljahr 2010/2011 sei die Stelle allerdings zugesagt, auch weil sich das Viertel verändert habe.

„Inzwischen haben wir nur noch bei zwei Klassen einen Migrantenanteil von unter 50 Prozent, bei manchen haben wir einen Anteil von bis zu 70 Prozent“, berichtet die Schulleiterin, dies sei aber bei weitem nicht der alleinige Grund, warum JAS unbedingt von Nöten wäre: Auch bei den deutschen Kindern aus der Umgebung gebe es einen hohen Anteil von sozial schwach gestellten Elternhäusern, teilweise mit gravierenden Problemen wie häusliche Gewalt, Alkoholismus oder Drogenabhängigkeit bei den Eltern. „Hier brauchen wir jemanden, der die Auswirkungen auf die Kinder sofort aufarbeitet, wenn diese im Unterricht auffällig werden, und der auch mit den Eltern Gespräche führt.“

„Aktion Schulstart”

Erschreckend deutlich seien die Veränderungen im Sozialgefüge der Schulumgebung zum Schuljahresanfang geworden: Bei der „Aktion Schulstart“ der Inneren Mission können Familien mit sehr niedrigem Einkommen finanzielle Unterstützung beim Einkauf von Schulsachen bekommen – bei der Ravensburger Grundschule wurden mehr als 80 Anträge vorgelegt. Dazu kommen die Übergangsklassen mit reinen Deutsch-Sprachanfängern aus dem gesamten Münchner Westen, fast alles Migrantenkinder, die mit ihren Familien erst im schulpflichtigen Alter nach Deutschland gekommen sind: „Teilweise sind diese mit Lebensbedingungen behaftet, die sehr schlimm sind. Die Familien wohnen häufig in Asylbewerberheimen oder bei Verwandten auf äußerst beengtem Raum“, so Claudia Hirschnagl.

Streitereien und Aggressionen habe es auch an Grundschulen schon immer gegeben, aber die Auswirkungen seien massiver geworden. Hier seien zuerst die Lehrer gefragt; diese müssten inzwischen „unheimlich viele Gespräche führen“ mit Eltern, dem Jugendamt oder Horterziehern. Lernhilfe und Hausaufgabenbetreuung bietet das „Kinderhaus Kai“ glücklicherweise in zwei Kursen pro Woche an; oft müssen die Lehrer dahinter her sein, dass die Eltern ihre Kinder über das Jugendamt dafür anmelden. Zudem ist die Schulpsychologin von der Limesschule auch für die Grundschule am Ravensburger Ring zuständig, allerdings stehen ihr dafür nur dreidreiviertel Wochenstunden als Sprechzeiten zur Verfügung und darin müssen auch Tests und Gespräche mit Eltern untergebracht werden.

Probleme besprechen

Um ihre soziale Kompetenz zu stärken, gibt es Schüler, die als Pausenhelfer und Streitschlichter ausgebildet werden. Dann trifft sich regelmäßig der „Klassenrat“, bestehend aus den Klassensprechern der zweiten bis vierten Klassen, bei dem auch Claudia Hirschnagl und eine Vertrauenslehrerin immer dabei sind. Dieser „Klassenrat“ ist eine Form von Mitbestimmungsgremium: Die Schüler besprechen Probleme, äußern Wünsche und machen Vorschläge, laden aber auch mal den einen oder anderen Schüler ein, der Schwierigkeiten in der Klassengemeinschaft hat. „Wenn sich ein Schüler vor den eigenen Klassenkameraden rechtfertigen muss und deren Betroffenheit unmittelbar erlebt, hat das erstaunlich oft eine positive Auswirkung“, hat die Rektorin bereits mehrfach feststellen können.

Beim Projekt „Partnerklassen“ helfen Viertklässler den neuen Schülern aus den ersten Klassen oder Drittklässler lesen Jüngeren vor. Erstmals wird in diesem Schuljahr das Sozialtraining „KidSpro“ in einer ersten Klasse der Ravensburger Schule angeboten, ein Programm zur Stärkung des Selbstbewusstseins und zum Verhalten bei Konflikten oder Bedrohungen. Den Zusammenhalt stärken soll auch das Schulradio „Kids & Co.“, das es bereits eine Weile gibt: Alle vierzehn Tage geht am Freitagmorgen gleich um Acht über die Schulsprechanlage aus Claudia Hirschnagls Zimmer eine Klasse auf Sendung – dann gibt es Schulhausnachrichten, das Motto der Woche, Musik, Vorschläge zu Problemlösungen oder auch den „Witz der Woche“.

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