Veröffentlicht am 27.10.2009 09:11

Schöpfergeist im ehemaligen „Hertie”


Von TG
Für zehn Tage etablierte sich im „Hertie”-Gebäude eine „Utopienwerkstatt”. (Foto: tg)
Für zehn Tage etablierte sich im „Hertie”-Gebäude eine „Utopienwerkstatt”. (Foto: tg)
Für zehn Tage etablierte sich im „Hertie”-Gebäude eine „Utopienwerkstatt”. (Foto: tg)
Für zehn Tage etablierte sich im „Hertie”-Gebäude eine „Utopienwerkstatt”. (Foto: tg)
Für zehn Tage etablierte sich im „Hertie”-Gebäude eine „Utopienwerkstatt”. (Foto: tg)

Hertie in Laim ist Vergangenheit. Das Traditionskaufhaus ist seit über zwei Monaten geschlossen. Vor einigen Tagen jedoch regte sich Leben hinter den Schaufenstern. Und in den Fenstern des ersten Stockwerks war zu lesen: „UTOPIENWERKSTATT“. Ein Rätsel! Was tut sich denn da, werden sich nicht wenige Laimerinnen und Laimer gedacht haben. Und wären gewiss erstaunt gewesen, wenn sie gehört hätten: Dort, wo bis vor einigen Wochen Dessous und Drogerieartikel, Damen-, Herren- sowie Kinderbekleidung und Süßigkeiten angeboten wurden, hat sich experimentelle Kunst Raum verschafft. Für zehn Tage war das Erd- und das Untergeschoss des „Hertie“-Gebäudes zur „Utopienwerkstatt“ geworden.

Acht junge Leute, allesamt Studierende der Theaterwissenschaften, hatten das Projekt organisiert und befreundeten jungen Künstlern und anderen Interessierten die einstigen Verkaufsflächen als eine Möglichkeit angeboten, kreativ zu werden. Julia Friedenberger, Sprecherin der „OKA Performance München“ erklärt das Konzept der „Utopienwerkstatt“ mit dem Motto: „Kunst.Raum.Schaffen.“ So hätten Nachwuchskünstler die Chance, kostenlos zu experimentieren. Das Programm im aufgelassenen Kaufhaus reichte von Filmen, Konzerten, Ausstellungen, Vorträgen bis hin zu Installationen und Performances. Die „OKA Performance-Gruppe“ versteht sich als ein „Laboratorium“ mit ständig wechselnder, stets neuer Bedeutung, formuliert es Julia Friedenberger. Möglich gemacht hatte die „Utopienwerkstatt“ die „Development Partner AG“ und die „Bucher Properties GmbH“. Diese Unternehmen wollen auf dem „Hertie“-Grundstück ein neues Geschäftshaus errichten. Martin Bucher, Geschäftsführer der Firma „Bucher Properties“ sagt: „Wir sind für die Kultur und die jungen Künstler aufgeschlossen. Und wir haben die geeigneten Räumlichkeiten dazu.“ Er könne sich auch künftig ähnliche Aktionen vorstellen, falls sich das räumlich vereinbaren lasse, so Bucher.

Wohnen in den „Hertie”-Verwaltungsräumen

Die angehenden Theaterwissenschaftler campierten im Schlafsack auf der Isomatte in den Verwaltungsräumen des Ex-Kaufhauses. Zur Eröffnung der „Utopienwerkstatt“ durch die „OKA Performance München“ tasteten sich Künstler und Besucher mit verbundenen Augen durch die Räume. „Sensuelle Raumerkundung“ nannte sich das. Discjockeys, verschiedene Münchner Bands, Sprayer, Fotographen, bildende Künstler und Designer erlebten fast rund um die Uhr die inspirierende Weite der ehemaligen Verkaufsflächen. Der Laimer Graffity-Künstler Wesko ist zufällig auf die „Utopienwerkstatt“ gestoßen. Er genießt es, „endlich einmal Platz zu haben” für seine floralen Bilder, die mit Hilfe von Vorhängen, Tisch- und Häkeldecken entstehen. Wesko: „Das sind wunderbare Schablonen, die ich entfremde.” Die hauchzarten Stoffe ersteht der Künstler auf Flohmärkten. Er schätze bei seiner Arbeit besonders den Kontakt zu anderen Nachwuchskünstlern. Wesko: „Das macht Spaß, denn so komme ich aus einem Trott raus.“

„Die Leute waren begeistert”

Julia Friedenberger hat besonders gefreut, dass auch Nachbarn vorbeischauten, die sie und ihre „Mittäter” durch Handzettel über ihre Aktionen informiert hatten: „Wir haben sehr positive Rückmeldungen bekommen. Die Leute waren begeistert“, so die Doktorandin der Theaterwissenschaften. Nach einem großen Abschlussfest mit Konzert werde wieder studiert und gearbeitet. Die „Utopisten“, wie sie sich selbst nennen, die zehn Tage lang an Utopien und Projekten gebastelt hatten, werden dann wieder ihr „normales Leben” aufnehmen. Mit der „Utopienwerkstatt“ ist eine Vision der jungen Künstler wahr geworden. Alle lebten und arbeiteten vereint unter dem Dach des „Hertie“- Hauses und schafften „Denk-, Arbeits-, Lebens- und Frei-Räume.“ Utopien entwarfen: Performance-Artists, bildende Künstler, Theaterschaffende, Wortpoeten und Musiker, Handwerker, Faust-Rezitatoren, Rockbands, Software-Experten, Geranienpfleger, Hip-Hopper, Stammtischphilosophen, Leuteverköstiger, Hobbymaler und Literaturkreisgründer.

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