Den damals Handelnden wolle er „ein Gesicht geben und sie nicht in Vergessenheit geraten lassen“, schreibt Peter Malter im Vorwort seines neuen Buchs „Sozialdemokraten in Aubing und Neuaubing“. Darin hat das Vorstandsmitglied des Aubinger Archivs die Geschichte dieser Partei erforscht, „von den Anfängen bis zum Verbot 1933 und der Wiederbeginn 1946“. Dabei hat er herausgefunden, dass es bereits Jahre vor der offiziellen Gründung der Aubinger SPD Sozialdemokraten im Aubinger Gemeinderat gegeben habe. Die Ergebnisse sind auf fast 200 Seiten zu lesen.
Es waren Arbeiter, die Anfang des 20. Jahrhunderts zu hunderten mit ihren Familien nach Aubing kamen, in den neuen Fabriken wie der Zentralwerkstätte der königlich-Bayerischen Staatseisenbahn arbeiteten, aber auch das sozialdemokratische Gedankengut nach Aubing brachten. Bei der Wahl zum Reichstag 1907 waren es bereits 158 Aubinger, die für die Sozialdemokraten gestimmt hatten, haben Malters Recherchen ergeben. Zu ihren „wichtigen Parteiarbeiten“ trafen sich die Genossen auch beim Burenwirt. „Jedes Mitglied hat zu erscheinen“, heißt es in der Münchner Post. Damalige Themen wie Schule und Wohnungen sind heute noch aktuell. Die Sozialdemokraten sahen sich Anfeindungen ausgesetzt. Wenn es den Arbeitern nicht passe, hätten sie „vorsichtiger in der Auswahl ihres Wohnorts sein sollen“, zitierte Malter den Bezirksausschuss in der Münchner Post. „Rote Dauerredner” lieferten sich leidenschaftliche politische Wortgefechte mit Kontrahenten.
1975 wurde Peter Malter zum SPD-Ortsvereinsvorsitzenden gewählt. Er habe Unstimmigkeiten bei den Gründungsdaten gefunden und wollte der Sache nachgehen. „Mir ist aufgefallen, dass 1921 nicht stimmen kann, 1919 gab es schon fünf SPD-Gemeinderäte in Aubing“, erklärte Malter. „Im Stadtarchiv habe ich wenig gefunden“, erinnert er sich. Er konzentrierte sich auf die Lokalzeitungen, in denen er Artikel fand. Außerdem fand er Nachrufe sowie Lokalberichte über die SPD-Treffen. Zwischen 1906 und 1932 wurden etliche sozialdemokratisch orientierte Vereine gegründet wie den Arbeitergesangsverein Harmonie, den Arbeiter-Radfahrerbund Solidarität, die Freie Turnerschaft, oder den Heimat- und Bürgerrechtsverein Aubing.
Nach der Machtergreifung gab es eine Zäsur. Im Buch sieht man den Zeitungsausschnitt der letzten Ankündigung für eine Wählerversammlung am 4. März 1933 bevor die SPD verboten wurde. „Die Versammlung wurde von der Aubinger Gendarmerie beobachtet“, so Malter. Mit der Machtergreifung der Nazis begannen Verfolgung und Verhaftung in Aubing. „Schutzhaft“ wurde das genannt, und in den Münchner Neuesten Nachrichten erklärt, dass der Zweck sei, Personen mit „radikalen politischen Einstellungen“ angeblich vor tätlichen Angriffen in der Bevölkerung zu schützen. Aubing wurde 1942 in die Stadt München eingemeindet. Nach dem Krieg gründete sich die SPD 1946 wieder. Der Aubinger Bezirksausschuss hat die Realisierung des Buchs mit einer Finanzspritze unterstützt. Es ist im Aubinger Archiv, Benzstraße 9, Puchheim, erhältlich.