„Es hätte genügend Gründe gegeben, in den zwei Jahren des Ringens um eine Genehmigung, aufzugeben“, erinnert sich Christiane Altemeyer, Pädagogin an der Montessorigrundschule Gilching. Es begann 2002 mit einer Handvoll engagierter Eltern aus dem Montessori-Kinderhaus Gilching, die sich zusammentaten mit der Idee, eine Grundschule zu gründen. Altemeyer, damals Elternbeirätin im Kinderhaus und noch verbeamtete Grund- und Hauptschullehrerein, gehörte dazu.
Den ersten Antrag lehnte die Regierung von Oberbayern ab, doch die Initiatoren wollten für ihre Vision kämpfen, auch wenn die eigenen Kinder die neue Schule womöglich gar nicht mehr besuchen könnten. Es folgte das, was Altemeyer und ihre Mitstreiterinnen „penetrante Ausdauer“ nennen. Sie überarbeiteten das Konzept, schrieben Briefe ans Ministerium, verklagten die Regierung, planten öffentliche Aktionen, luden Politiker ein, lauerten Kultusministerin Monika Hohlmeier auf Veranstaltungen auf und klopften immer wieder bei den Sachbearbeitern in der Münchner Maximilianstraße an die Tür. Schließlich gelang es, einflussreiche Politikerinnen für das Konzept einer naturnahen Ganztagsschule zu begeistern.
Ursula Männle, damals Landtagsabgeordnete der CDU, war eine wichtige Fürsprecherin. „Die Montessoris aus Gilching blieben mir einzigartig in Erinnerung“, sagt Männle heute. „Wie sie ihr Projekt planten und beharrlich vorantrieben, trotz vieler Einwände und Hürden.“ Zu den Unterstützern gehörte auch der damalige Gilchinger Bürgermeister Thomas Reich (FW). Im Herbst 2004 konnten die ersten Kinder im ehemaligen Sparkassengebäude in Gilching starten. Später zog man ins alte Schulhaus Argelsried.
Zu den Meilensteinen der Schulgeschichte gehört der Bau des neuen Schulhauses – auch das geschah in enger Zusammenarbeit mit der Gemeinde Gilching. „Wir fühlten uns wie Don Quixote“ sagt Bürgermeister Manfred Walter (SPD), der mit der Schule zunächst für eine Erweiterung des alten Schulgebäudes kämpfte und es schließlich mit möglich machte, dass die Schule in Erbpacht auf einem Grundstück der Gemeinde das neue Schulhaus bauen konnte . „Die Montessorischule ist für unsere Gemeinde ein absoluter Gewinn“, so Walter.
Für Schulleiter Johannes Bauer ist das neue Schulgebäude, das seit 2018 doppelt so vielen Kindern Platz bietet, Sinnbild für die Idee der Schule: Nicht nur steht das Holzhaus für Nachhaltigkeit, es gibt im Garten einen Bienenstock und eine Wasserzisterne und auf dem Schuppendach eine Solaranlage. Bei der Planung und Umsetzung des Baus waren auch alle „Säulen“ der Schule beteiligt: Eltern, Vorstand, Verwaltung, Lehrkräfte und Schüler.
Auch im Schulalltag haben die Kinder Möglichkeiten, mitzubestimmen. So gibt es zum Beispiel einen Klassenrat und regelmäßige Schülerversammlungen. „Demokratie lernt man nicht an der Tafel oder durchs Zuschauen“, sagt Bauer. „Demokratisches Handeln lernen Kinder, in dem sie den Freiraum und die Verantwortung zugemutet bekommen, ihre Angelegenheit und Interessen mit anderen auszuhandeln.“ Bauer ermutigt die Kinder auch, groß zu denken. „Wir haben damals bei der Schulhausplanung zum Beispiel einen Träumertag gemacht, an dem die Kinder ihre Visionen ausführen durften. Danach schauen wir dann, was davon umsetzbar ist.“ Ohne große Vision gäbe es ja auch die Schule in Gilching heute nicht.
In Johannes Bauers Vision für das Jahr 2044 ist die Schule Repräsentant für regenerative Entwicklung, sie braucht dann kaum noch externes Wasser, sie ist durch ein System aus Solar, Windkraft, Biogas und Erdwärme energetisch autark und kann sogar noch Strom an die Gemeinde abgeben. Die Schule ist ein Ort für Konzerte, Diskussionen und andere Veranstaltungen und es gibt Dachgärten, die gemeinsam von Senioren und Kindern bewirtschaftet werden.