Zu einer Zeitreise rund um den Weßlinger See lädt Ortshistoriker Erich Rüba ein. In der Gemeindegalerie hat er eine Ausstellung konzipiert, die als Ergänzung zu seinem neuen Buch „Wir sind Weßling!“, an früher bedeutende Orte am See erinnert. Zum Beispiel an die ehemalige Badeanstalt, in der Schwimmer Anfang des 20. Jahrhunderts noch strikt nach Geschlecht getrennt wurden.
Normalerweise führt Rüba Interessenten auf geschichtlichen Rundgängen um den Weßlinger See und zeigt Fotos und Dokumente. Jetzt hat er seinen „Spaziergang“ in einem Buch zusammengefasst. Dazu gibt es in der Gemeindegalerie eine Ausstellung mit allerlei Utensilien wie alten Badeanzügen, Schirmen und sogar einem alten Grammophon, das man auch auf einem alten Foto am See entdeckt.
Im Gasthof zur Post logierten die Sommerfrischler. Auf einem Werbeprospekt von 1954 werden Übernachtungen zu 3 bis 3,50 Mark angepriesen. Mit dem Fremdenverkehr am Weßlinger See fing es allerdings viel früher an. In den 1920-er Jahren war das Dorf ein richtiger Hotspot. „Zeitweise logierten 250 Sommergäste gleichzeitig im Ort. Sie blieben in der Regel vier Wochen“, zitiert Rüba. Weßling kann sogar mehr Übernachtungen verzeichnen als Herrsching. 10720 waren es 1928, in Herrsching dagegen lediglich 9101. Das weiß Rüba aus der „Übernachtungsstatistik des Münchner Vierseenverkehrsverbands“. Mit dem Bau des Flugplatzes Dornier 1936 findet die Entwicklung des Fremdenverkehrs ein Ende, liest man.
Die Badeanstalt existierte noch bis in die 1970-er Jahre. Die Jugend legte ihre Schwimmprüfungen in der Badeanstalt ab. Es gab sogar einen Dreimeter-Turm, an den sich Erich Rüba erinnert: „Ein Sprung vom Dreimeter-Sprungbrett war für mich als etwa zwölfjähriger Junge eine fast unlösbare Aufgabe“. Immer wieder musste er von oben wieder hinunterklettern, weil ihm die Courage fehlte.
Es wird auch über tragische Ereignisse wie dem großen Fischsterben 1963 berichtet. Mehr als vier Monate lang hatte der See im strengen Winter eine geschlossene Eisdecke gehabt, was die Sauerstoffzufuhr verhinderte. „Teilweise konnte man durch das Spiegeleis einzelne verendete Fische wahrnehmen“, schreibt Rüba. Nachdem im April das Eis abschmolz, trieben die toten Fische an die Oberfläche. „Ein fürchterlicher Gestank verbreitete sich“, so Rüba.
Künstler wie Pierre Auguste Renoir, August und Elisabeth Macke kamen gerne nach Weßling. Julia Mann, die Mutter des Dichters Thomas Mann, hat einige Zeit in Weßling gelebt. Gefallen hat ihr das Dorf nicht, „Weßling ist im übrigen ekelhafter als Polling. Her gönnt einer dem anderen nichts“, klagte sie.
Die Ausstellung „Wir sind Weßling! Geschichtlicher Spaziergang um das ‚blaue Herz‘“ ist bis zum 8. Dezember in der Gemeindegalerie, Hauptstraße 57, zu besichtigen. Öffnungszeiten sind freitags und sonntags von 14 bis 17 Uhr.