Die 71-jährige Eleonore Faude spürt noch heute die Kälte: beißend, unerbittlich, alles erstarren lassend. Ein Weihnachtsfest in der Nachkriegszeit hat sich ihr eingebrannt. „Ich war damals acht Jahre alt und besuchte mit meinem Bruder die Christmette.“ Die sei in der „Notkirche“ in der Laimer Ludwig-Richter-Straße gefeiert worden. Faude: „Ich fror so erbärmlich, dass mir die Tränen runter gelaufen sind. Wir hatten keine richtige Winterkleidung und es war nicht geheizt.“ Der Pfarrer habe sie und ihren Bruder deswegen heimgeschickt. Die Mitarbeiterin des ESV Laim wuchs in der Paul-Lagarde-Straße auf. Eine glückliche, freie Kindheit habe sie gehabt, erzählt sie, „auch wenn es nichts gab“. „Die Straße gehörte uns. Morgens kam der Milchmann und irgendwann der Bierwagen. In der Weihnachtszeit ließ es sich in den Bombentrichtern wunderbar Schlittenfahren.“
Eine Fichte habe ihrer Wohnung – die war wegen eines Bombentreffers mit Balken abgestützt worden – zu Weihnachten Glanz verliehen: „Mit Lametta aus dem Stanniol von Zigarettenschachteln.“ Als Festessen habe es weiße Wurst und Plätzchen aus den Körnern der Ähren gegeben, die sie gesammelt hatten. Ihre Mutter sei sehr froh gewesen, wenn sie den Kindern einen Brei kochen konnte. Der Wasser-Milch-Mix dafür hieß „blauer Heinrich“, weil er blau schimmerte. Faude: „Das Christkind brachte dem Bruder in den ersten Jahren nach dem Krieg stets denselben Kaufladen und mir die hergerichtete Puppenküche. Im Februar verschwand beides. Um im Dezember wieder aufzutauchen.“