Aubings langjähriger Bezirksausschuss-Vorsitzender, Altstadtrat Anton Fürst, wurde 1939 geboren und ist gemeinsam mit vier Geschwistern auf einem Bauernhof in der Ubostraße aufgewachsen. So war er 1943 erst vier Jahre alt, als der Vater acht Tage vor Weihnachten seinen Stellungsbefehl erhielt: „Der Zug ging um Viertel vor Fünf, früh um vier Uhr hat die Mutter uns Buben geweckt, damit wir uns vom Vater verabschieden konnten. Da saß der Großvater in seinem Stuhl auf dem schmalen Plätzchen am Ofen und hat ganz bitterlich geweint – das hab’ ich nie vergessen, das war so schlimm für mich, dass ausgerechnet der Großvater geweint hat!“
Während Mutter, Tante und Großvater mit Unterstützung durch einen französischen Kriegsgefangenen die Landwirtschaft auf dem Hof aufrecht erhalten konnten, war der Vater zuerst in Neuburg, dann im norwegischen Narvik stationiert, und zum Kriegsende erhielt die Familie Nachricht, dass er in französische Kriegsgefangenschaft geraten war. Derweil ging das Leben auf dem Hof in Aubing soweit möglich normal weiter.
„Wir sind in den Kriegsjahren immer in den Kindergarten gegangen“, berichtet Fürst, „und auch in der Adventszeit 45 übten die Dillinger Schwestern ein Weihnachtsspiel mit uns ein, das dann am zweiten Adventswochenende aufgeführt wurde. Nach Weihnachten haben wir das Stück dann auf Einladung der Amerikaner in der Ehrenbürgstraße vor den deutschen Kriegsgefangenen nochmal gespielt. Da gab es dann hinterher ein Riesenblech mit rosarotem Pudding – und wir haben jeder ein großes Stück davon gekriegt!“
Weihnachten sei immer aufregend für die Kinder gewesen. Man habe immer seine Wünsche geäußert und sei dann sehr gespannt gewesen, ob sie in Erfüllung gehen. Gegeben habe es sowieso nur Selbstgemachtes oder eingetauschtes, gebrauchtes Spielzeug: „Wenn jemand gekommen ist, um eine Gans zu kaufen, hat die Mutter oft was eingetauscht – wenn man Pech hatte, gab es dann kratzige Bleyle-Kleidung. Und natürlich ist es schon auch mal vorgekommen, dass ein Bruder was bekommen hat, was man selbst gerne gekriegt hätte.“
Ansonsten habe man keine großen Ansprüche gehabt, „man war zufrieden mit dem, was man hatte“. Auf dem Bauernhof mit Schafen, Gänsen und Hühnern gab es immer etwas zu Essen: „Bei uns wurden Runkelrüben als Viehfutter angepflanzt. Die Tante hat Pilze gesammelt, meine Mutter hat selbst gebuttert, Zuckerrübensirup gepresst, Marmelade gekocht und viel gebacken – wobei sie die Plätzchen immer gut vor uns Jungs verstecken musste.“ Einen Christbaum habe es bei ihnen immer gegeben, auch in der Nachkriegszeit, erzählt Anton Fürst, „zum Schmücken hat die Mutter in der Zeit halt Plätzchen mit Loch gebacken, einen Faden durchgefädelt und sie dann an den Baum gehängt.“
Richtig schön wurde Weihnachten erst wieder, nachdem der Vater am Weißen Sonntag 1947 heimgekehrt war. Ab da wurden die alten Familientraditionen wieder aufgegriffen: „Vor der Bescherung gab es immer Weißwürste mit einem kleinen Bier, später dann Punsch. Und wir Kinder durften uns nicht gleich auf die Geschenke stürzen – davor wurden immer gemeinsam Weihnachtslieder gesungen und aus der Heiligen Schrift gelesen.“