Es war eine Zeitreise an den Ammersee vor 50 Jahren. Am 10. November 1974 fuhr das letzte Dampferschiff über den See. Es war die „Dießen“. Dass das Ereignis nicht vergessen ist, haben die Herrschinger dem Heimatforscher Robert Volkmann, dem damaligen Hobbyfilmer Hans-Ulrich Greimel und Modellbauer Andreas Heene zu verdanken. Im Bürgersaal Breitbrunn ließ Volkmann im Rahmen der Präsentation seines neuen Buchs „Bei uns daheim: Weitere Geschichte(n) aus Breitbrunn, vom See und aus der Nachbarschaft“ alte Zeiten auferstehen.
Bauunternehmer Greimel hat das Ereignis damals auf Super-8 gebannt. Einige Zeit vor dem Jubiläum erinnerte er sich an die Spule und ließ sie digitalisieren. Auf der Leinwand im Bürgersaal sahen die Besucher Menschen, die in den typischen bunten Farben der 1970er Jahre gekleidet waren. Einige konnten sogar identifiziert werden. Sie strömten über den Steg zur Abschiedsfahrt an Bord der „Dießen“. Greimel hat das Ufer mit den noch kleinen Bäumen gefilmt und vor allem das Schiff. Auch ohne Tonspur glaubt man das Zischen des Dampfes zu hören, das Plätschern des Wassers, wenn das Schaufelrad durch das Wasser pflügt, und man spürt förmlich die Hitze der Flammen, die im Kessel lodern.
Aber es wird noch besser. Volkmann hat in seinem Buch der „Dießen“ ein Kapitel gewidmet. Wie sie damals aussah, das konnten die Besucher am Modell von Architekt Andreas Heene nachvollziehen, das dieser im Bürgersaal aufgebaut hatte. Heene hat das Schiff im Maßstab von 1:20 so originaltreu nachgebaut, dass sogar die Bilder im Salon die gleichen Motive zeigen. Heene hat seine Liebe zur „Dießen“ nach einer Schifffahrt gefunden. Der Abiturient beschloss den Dampfer nachzubauen. Dafür zeichnete und fotografierte er alles genau. Wie ein Besessener saß er Tag und Nacht an seinem Modell. Vor dem Abitur verhängte die Mutter ein Bastelverbot, um den Schulabschluss nicht zu gefährden. Danach ging es unverdrossen weiter. Nach 3.000 Stunden und drei Jahren war das Boot fertig. Der Glaskasten mit seinem 17 Kilo schweren Juwel wurde im Bürgersaal ausgiebig bestaunt. Vor allem die Technik, Dampfkessel und Maschinen beeindruckten. „Das Schaufelrad besteht aus 447 Einzelteilen“, erklärte der Bastler. Das Modell sei fahrtüchtig und hätte einige Fahrten auf dem See unternommen. Mittlerweile steht es aber in seinem Haus, das der Architekt extra um das Modell herum geplant hat.
Der ehemalige Geschichtslehrer Volkmann hat in seinem Buch eine Vielfalt an Geschichten zusammengetragen. Er erinnert an Unglücke auf dem Ammersee, weist auf Naturdenkmäler und Baumriesen hin, er widmet dem Künstler Georg Baselitz und dem Autor Uwe Timm ein paar Seiten. „Wie groß ist der Ammersee wirklich?“ heißt ein Kapitel, in dem Volkmann seine Leser in die ausgehende Eiszeit mitnimmt. Das Buch kostet 15 Euro und kann unter volkmannrobert@web.de bestellt werden.