Veröffentlicht am 23.07.2008 13:50

Endlich: Mehr Geld für die Pflege


Von TG
In der Alten-Tages-Pflege Aubing essen 15 Hausgäste zu Mittag. Sie werden von der italienischen Köchin Marta Alwino täglich frisch bekocht. (Foto: tg)
In der Alten-Tages-Pflege Aubing essen 15 Hausgäste zu Mittag. Sie werden von der italienischen Köchin Marta Alwino täglich frisch bekocht. (Foto: tg)
In der Alten-Tages-Pflege Aubing essen 15 Hausgäste zu Mittag. Sie werden von der italienischen Köchin Marta Alwino täglich frisch bekocht. (Foto: tg)
In der Alten-Tages-Pflege Aubing essen 15 Hausgäste zu Mittag. Sie werden von der italienischen Köchin Marta Alwino täglich frisch bekocht. (Foto: tg)
In der Alten-Tages-Pflege Aubing essen 15 Hausgäste zu Mittag. Sie werden von der italienischen Köchin Marta Alwino täglich frisch bekocht. (Foto: tg)

„Die meisten Menschen wollen zu Hause alt werden und zu Hause sterben. Das ist das Natürlichste“, sagt Anne Matz. Die Leiterin und ihr Team betreuen in zwei „Alten-Tagespflegen” genannten Einrichtungen in Aubing und in Laim alte, einsame und altersverwirrte Menschen. Die sind auch deswegen auf Hilfe angewiesen, weil sie an altersbedingten Krankheiten leiden. Die Tagespflege ist für sie die Alternative zum Pflegeheim. Die Geschäftsführerin der gemeinnützigen GmbH ist deshalb „richtig froh” über die Pflegereform, die am 1. Juli dieses Jahres in Kraft getreten ist. Denn: „Die teilstationäre Pflege war immer das Stiefkind in der Pflegelandschaft. Jetzt ist sie vom Gesetzgeber in den Mittelpunkt gerückt worden. Das finde ich super!“

Die Reform beschert rund zwei Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland mehr „Leistungen” als zuvor. Auch der Einsatz von Angehörigen wird jetzt weit stärker anerkannt, als das in der Vergangenheit der Fall war. Überdies soll Demenzkranken und alten Leuten mit eingeschränkter Alltagskompetenz künftig wirksamer geholfen werden. Sie erhalten bislang nicht gewährte, zusätzliche Betreuungsleistungen von der Pflegekasse. Maximal bis zu 2 400 Euro jährlich. Das Geld steht ihnen bereits zu, auch wenn sie noch keiner Pflegestufe zugeordnet worden sind. Bisher galt: Wer alleine aufstehen, sich waschen und anziehen kann, ist nicht pflegebedürftig. Aber: Demenzkranke brauchen meist schon in diesem Stadium der Krankheit Hilfe.

Die Vergabe von Pflegegeld ist gleichfalls neu geregelt worden. Anne Matz: „Die Pflegesachleistungsbeträge in den drei Pflegestufen sind angehoben worden und es gibt 50 Prozent mehr Sachleistungen. Beispiel Pflegestufe I: Statt 384 Euro zahlt die Pflegekasse nun bis zu 730 Euro monatlich.“ Das bedeute: „Viele Leute, die das früher nicht hätten finanzieren können, können sich nun eine Tagespflege leisten.“ Die Pflegereform eröffne neue Chancen sowohl für Pflegebedürftige als auch für deren Angehörige, die dadurch entlastet würden. Anne Matz muss immer wieder feststellen: „Viele wissen nicht, welche Hilfen es für sie gibt. Und, dass sie einen Anspruch auf Unterstützung haben!“

„Ich möchte auch mal alt werden”

Die Sozialpädagogin hat die „Alten-Tages-Pflege” vor zehn Jahren in ihrem Privathaus, in der Neideckstraße 6, in Aubing aufgebaut. „Das ist ein Kind von mir geworden“, erklärt sie lächelnd. Und ernsthaft: „Ich möchte auch mal alt werden und mich dann wohlfühlen.“ Vor fünf Jahren kam die Tagespflege „Herbstlaube“ in der Laimer Burgkmairstraße 9 hinzu. In beiden Häusern bietet Matz seit neuem eine Betreuung über Nacht oder stundenweise an, wenn es darum geht, pflegende Angehörige für kurze Zeit wirksam zu entlasten. Die „Tagespflegen” werden von der Ladislaus-Roth-Stiftung finanziell unterstützt.

Das Zweifamilienhaus in Aubing sieht von außen sehr privat aus. Innen überrascht es durch einen großzügigen Wintergarten mit wunderbarem Blick in den Garten. Es ist Essenszeit: Die 15 Pflegebedürftigen sind um einen großen, hufeisenförmigen Tisch versammelt und essen das, was die italienische Köchin Marta Alwino frisch zubereitet hat. Nach dem Essen können die Hausgäste in einem Ruhesessel Platz nehmen, der sich bequem zur Liege umfunktionieren lässt. Anne Matz: „Der Platz am Kamin ist im Winter besonders beliebt.“ Neben dem Frühstück, dem Mittagessen und dem Nachmittagskaffee gibt es vielfältige kreative und musische Angebote – Malen, Basteln und Musizieren. Das Vorlesen aus der Zeitung gehört zum Ritual, das die teilweise körperlich gebrechlichen und demenzkranken alten Leute schätzen. Gymnastik, Tanz und Spaziergänge sowie Gedächtnis- und Orientierungsübungen füllen den Tag aus. Ein Fahrdienst holt die Teilnehmer morgens von zu Hause ab und bringt sie abends in ihre gewohnte häusliche Umgebung zurück.

„Das Leben ist lebenswert”

Anne Matz will ihren Tagesgästen mit guter Atmosphäre, Hautkontakt und sinnlichen Eindrücken vermitteln: „Das Leben ist lebenswert.“ Die Sozialpädagogin: „Wir arbeiten viel mit Körpersprache.“ Die Wertschätzung eines Menschen drücke sich auch durch Gesten, Blicke oder die Stimme aus. Matz: „Ich möchte den Leuten zeigen, was alles noch geht, was sie noch können. Wer will kann Kartoffelschälen oder Kuchenbacken.“ Die Gäste könnten sich frei im Haus bewegen und das tun, was ihnen Spaß mache. So bügle eine Frau für ihr Leben gern. In der Tagespflege darf sie das. Die Biografien der Pflegebedürftigen, so Anne Matz, würden dabei stets berücksichtigt. Fachkräfte, die speziell in gerontopsychiatrischer Pflege ausgebildet seien, gingen individuell auf die Besucher ein. Die Tagespflege-Leiterin weiß von den Ängsten Alter. „Ihre größte Angst ist es, ins Heim abgeschoben zu werden. Da muss erst wieder Vertrauen aufgebaut werden.“ Sie fordert: „Es ist die Aufgabe unserer Gesellschaft, sich um alte Leute zu kümmern.“ Leider mache sie schnell die Türen zu, wenn es um Behinderte, Alte und Demenzkranke gehe. „Wenn Leid auftaucht, werden die schnell abgeschoben.“ Anne Matz gibt Pflegebedürftigen und deren Angehörigen den Tipp, sich an die Krankenkassen zu wenden, um zu erfahren, was ihnen an Leistungen zusteht. „Auch wir beraten die Angehörigen, damit sie finanziell das bekommen, was ihnen zusteht.” Weitere Informationen: Alten-Tagespflege Aubing: Telefon 089/54806833.

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