»Bayern ist in der Bildungspolitik besser als jedes andere deutsche Land«, unterstrich Kultusminister Siegfried Schneider (CSU) bei seiner Regierungserklärung im Landtag am 3. Juli. Antworten auf die besonderen Herausforderungen von Schulen in der Großstadt hatte die Münchner CSU mit ihrem Leitantrag »Schule in der Großstadt - alle Talente fördern! « in die Landespolitik eingebracht. Dieses Papier verfassten die Landtagsabgeordneten Georg Eisenreich, Dr. Ludwig Spaenle und Joachim Unterländer. Wir sprachen mit MdL Eisenreich über die Bildungspolitik der CSU:
Die CSU bilanziert, dass die bayerische Bildungspolitik die beste in Deutschland ist. Dagegen kritisieren SPD und Grüne die Bildungspolitik scharf. Wie gut sind wir als die Besten?
Georg Eisenreich: Sämtliche Studien belegen, dass Bayern bundesweit an der Spitze steht. Die Substanz ist daher gut, aber es gibt noch viel zu tun. Kultusminister Schneider sagt zu Recht: ‘Wir sind gut und wir wollen noch besser werden!’ Deshalb haben wir in den letzten Jahren viel auf den Weg gebracht und werden auch weiter kräftig in die Bildung investieren. Die Opposition hat nicht die Aufgabe, uns zu loben. Das ständige Schlechtreden geht aber an der Realität vorbei. Wir wehren uns auch deshalb, weil das Schlechtreden die Leistungen der Lehrer und Schüler herabsetzt. Ich möchte den Schülern, Lehrern und Eltern für die Arbeit, die sie leisten, herzlich danken.
Sie sehen demnach keinen Bedarf an grundlegenden Reformen des Schulsystems?
Wir brauchen keinen Systemwechsel zu einer Gesamt- oder Einheitsschule. Wir wollen unser bewährtes begabungsgerechtes gegliedertes Schulsystem weiterentwickeln. Denn bei uns stehen die Schülerinnen und Schüler im Mittelpunkt. Kinder und Jugendliche haben ganz vielfältige Talente. Da wir alle diese Begabungen fördern wollen, brauchen wir ein Bildungssystem mit vielfältigen Bildungswegen.
Was heißt »weiterentwickeln« konkret?
Wir wollen die Übergänge zwischen den Schularten weiterentwickeln und die Durchlässigkeit weiter erhöhen. Künftig können z.B. Meister und Techniker ohne weitere Prüfung an der Fachhochschule studieren. Bereits heute werden 43 Prozent der Hochschulzugangsberechtigungen über die berufliche Bildung erworben und nicht über das Gymnasium. Das sind Beispiele, die klar belegen, wie durchlässig das bayerische Bildungssystem ist. Nach jedem Schulabschluss gibt es einen Anschluss. Wir werden zudem weiter kräftig in die Bildung investieren, um u.a. stufenweise die Klassengrößen zu reduzieren und die Ganztagsangebote an allen Schularten auszubauen. Allein für das nächste Schuljahr werden zusätzlich 63 Mio. für über 2.200 neue Lehrer zur Verfügung gestellt. Weil wir als einziges Bundesland keine neuen Schulden machen, können wir zusätzliche Einnahmen in Bildung und Familienförderung investieren. Andere Länder wollen zwar auch investieren, müssen aber erst ihre Haushaltslöcher stopfen!
Ihr Papier fordert schon im Titel: »Alle Talente fördern!« Die Gesamtschule lehnen Sie ab, weil sie genau das nicht vermag?
Richtig. Wir wollen keine Gesamt- oder Einheitsschule. Dadurch würde nur ein Einheitssystem übergestülpt werden, das viele Talente unzureichend fördert und entwickelt. Das zeigen Studien wie etwa die Elementstudie von Prof. Lehmann. Es wäre daher geradezu widersinnig, der Ideologie einer Gesamtschule nachzugeben und diese Schulsysteme, die in anderen Bundesländern weit weniger erfolgreich waren, nach Bayern zu importieren. Das Vertrauen von Eltern und Schülern in das öffentliche Schulsystem würde schwinden. Wer es sich leisten kann, würde in Privatschulen ausweichen. Wir wollen aber nicht, dass Bildung wie in Großbritannien und den USA vom Geldbeutel der Eltern abhängt. Wir wollen in Bayern stattdessen vielfältige Bildungswege für die vielfältigen Begabungen. Dazu gehört, dass wir die Realschule und das achtjährige Gymnasium erhalten wollen. Hier liegt ein klarer Unterschied zu SPD und Grünen, die die gemeinsame Schulzeit verlängern wollen. Das geht aber nur, wenn man z.B. das Gymnasium auf sechs bzw. drei Jahre verstümmelt. Die große Mehrheit der Eltern will aber weder eine Abschaffung bzw. Verkürzung der Realschule noch eine Verstümmelung des achtjährigen Gymnasiums. Eltern und Schüler wollen stattdessen, dass die Schüler im Mittelpunkt stehen, dass die Stadt ausreichend Räume zur Verfügung stellt und der Staat genügend Personal.
Wie bewertet der CSU-Abgeordnete Georg Eisenreich die Schularbeit der SPD-geführten Stadt München?
Die Stadt macht im Bildungsbereich viele gute Sachen. Aber die Stadt muss endlich auch ihre gesetzlichen Pflichtaufgaben erfüllen. Als Sachaufwandsträger ist sie zuständig für den Bau und die Sanierung der Schulgebäude. Hier muss die Stadt mehr tun. Es kann doch nicht sein, dass Eltern selbst zu Malerfarbe und Pinsel greifen müssen! Planung und Bau neuer Gymnasien erfolgen ebenfalls nur im Schneckentempo.
Als Landtagsabgeordneter haben Sie den ganzen Freistaat im Blick. Als Bildungsexperte haben Sie immer darauf hingewiesen, dass die Schulen in einer Großstadt wie München in einer besonderen Situation sind. Was macht diese Besonderheiten aus?
Die Situation der Schulen in der Stadt ist eine andere als die der Schulen auf dem Land. Als Münchner Abgeordnetem ist mir dieser Punkt besonders wichtig. In der Großstadt leben mehr Migrantenkinder, mehr Alleinerziehende und in mehr Familien müssen beide Elternteile arbeiten, um den Lebensunterhalt im teueren München zu verdienen.
Mit welchen Maßnahmen reagieren Sie darauf?
Wir bauen die Früh- und Sprachförderung aus, damit die Migrantenkinder bei ihrer Einschulung Deutsch können. Bisher haben Kindergarten und Schule 160 Stunden Deutsch als Vorkurs angeboten, ab dem kommenden Schuljahr sind es 240. Durch die Hauptschulinitiative stärken wir die Hauptschule. Für München ist der bedarfsgerechte Ausbau der offenen und rhythmisierten Ganztagsangebote an allen Schularten besonders wichtig. Allerdings darf es keine Verpflichtung zum Besuch der Ganztagsklassen geben. Die Eltern dürfen nicht bevormundet werden!
Die Einführung des G8 stieß auf teils heftige Kritik. Sind hier Nachbesserungen nötig?
Die Einführung des G8 war eine richtige Entscheidung. Es gab in der Tat lange Kontroversen. Wir haben im April ein Maßnahmenpaket beschlossen, dem Eltern- und Lehrervertretung zugestimmt haben: Schüler und Eltern werden durch die Reduzierung von Pflichtstunden und Lerninhalten entlastet, mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Stundenpläne ermöglicht Lösungen vor Ort, für zusätzliches Personal wurde Geld bereitgestellt. Die Debatte hat sich seitdem versachlicht, denn Eltern und Lehrer sehen, dass wir die Kritik und die Anregungen aufgenommen haben!
Interview: Johannes Beetz