Bayern belegt in der wissenschaftlichen Bildungsstudie „Bildungsmonitor 2008“ den vierten Platz. Die Analyse des föderalen Bildungssystems in Deutschland bewertet anhand von 13 Handlungsfeldern und mehr als 100 Indikatoren (Datenstand 2006), inwieweit das Bildungssystem eines Bundeslandes einen Beitrag zu mehr Wachstum leistet. Spitzenreiter ist erneut Sachsen, gefolgt von Baden-Württemberg und Thüringen. Insgesamt habe sich der Zustand der Bildungssysteme im vergangenen Jahr verbessert. Die größten Fortschritte konnten die 16 Bundesländer bei der Zahl der Schüler, die Fremdsprachen-Unterricht erhalten und bei der internationalen Ausrichtung von Hochschulen erzielen. Zudem habe die Gesamtdauer abgenommen, in der Schule und Studium durchlaufen werden.
Zufrieden mit den Ergebnissen zeigt sich Bayerns Kultusminister Siegfried Schneider. Der Bildungsmonitor 2008 bestätige den bayerischen Weg in der Bildungspolitik. „Bayern ist es gelungen, sein hohes Bildungsniveau auszubauen.“ Der positiven Interpretation des bayerischen Kultusministeriums zu den Ergebnissen der Studie widerspricht der bildungspolitsche Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Hans-Ulrich Pfaffmann: „Ein schöngeredetes Ergebnis beim Bildungsmonitoring 2008 hilft den Eltern und Schülern überhaupt nicht. Das bringt keine kleineren Klassen, bringt nicht mehr Lehrer, schafft keine kleineren Lerngruppen zur individuellen Förderung und verringert nicht den Leistungsdruck und Schulstress auf die Schülerinnen und Schüler.”
Der Bildungsmonitor fördert auch deutliche Schwächen zutage. Die deutschen Hochschulen bilden weniger Ingenieure aus als zur Jahrtausendwende. Die Zahl der Hochschul-Absolventen in ingenieurwissenschaftlichen Fächern ist gemessen an allen Absolventen von gut 20 Prozent im Jahr 1999 auf 16 Prozent im Jahr 2006 gesunken. Gründe dafür sehen die Bildungsökonomen bereits in der Schule. „Gerade in den technischen und naturwissenschaftlichen Fächern fehlen Lehrer“, sagt Bildungsexperte Dr. Hans-Peter Klös vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, die die Studie im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) 2008 zum fünften Mal erstellt hat. „Wenn aber Schüler für technische Berufe interessiert werden sollen, braucht es Lehrer, die für ihr Fach begeistern können.“ Bayern werde daran arbeiten, dass Interesse an Mathematik, Informationstechnologien, Naturwissenschaften und Technik zu fördern, betont Schneider. Dass im Wirtschafsland Bayern „viel zu wenig Ingenieure ausgebildet werden und andere Bundesländer den Bedarf der bayerischen Wirtschaft in diesem Bereich decken müssen, ist schockierend“, erklärt dagegen Renate Will, die Bildungspolitische Sprecherin der FDP.
Als deutlich ausbaufähig identifiziert der Bildungsmonitor die Ganztagsbetreuung an Kindertagesstätten und Schulen. In einigen Bundesländern werden nur zwei Prozent aller Grundschüler und acht Prozent aller Kinder zwischen drei und sechs Jahren ganztägig betreut. Nur die ostdeutschen Bundesländer wie beispielsweise Sachsen und Thüringen (66 und 63 Prozent aller Grundschüler) bilden hier Ausnahmen. Bayern belegt den letzten Platz. „Die rote Laterne bei der Ganztagsschulversorgung beweist, dass der von Kultusminister Schneider gebetsmühlenartig vorgetragene angebliche Ausbau der Ganztagsbetreuung nur auf dem Papier stattfindet“, erklärt FDP-Politikerin Will. Schneider weist die Kritik zurück. Gerade der Ausbau der Ganztagsschulen sei von zentraler Bedeutung und werde auch in Zukunft mit Nachdruck verfolgt. „In den nächsten Jahren werden wir eine flächendeckende Versorgung mit Ganztagszügen an Hauptschulen verwirklichen, wo Bedarf besteht“, verspricht der Minister. „Ebenso weiten wir die Ganztagsklassen an Grund‑ und Förderschulen in der nächsten Legislaturperiode deutlich aus und werden auch an zahlreichen Realschulen und Gymnasien in Jahrgangsstufe 5 und 6 Ganztagsklassen einführen.“
Wie der Bildungsmonitor bestätigt, investiert Bayern am meisten Geld pro Schüler in die schulische Bildung. „Die Forscher schreiben Bayern 'eindeutige Präferenzen für den Bildungsbereich' zu, das ist eine klare Botschaft”, so Schneider. Kritik kommt aus Reihen der SPD-Landtagsfraktion: „Nach wie vor bietet die Finanzierung des deutschen Bildungswesens im Vergleich zu den anderen OECD Staaten ein schlechtes Bild. Wenn da Bayern im Vergleich zu den anderen deutschen Ländern etwas besser dasteht, ist das wahrlich kein Verdienst“, meint Pfaffmann.
Die Wissenschaftler des Instituts der deutschen Wirtschaft haben außerdem anerkannt, dass es Bayern gelungen sei, die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss deutlich zu senken, nämlich auf rund sieben Prozent. „Wir werden diesen Weg weiter fortsetzen”, betont Schneider. Entscheidendes Instrument sei dabei die individuelle Förderung. Erfreulich sei auch die Feststellung der Sozialwissenschaftler, dass Bayern eine enorm positive Quote beim Übergang von Schülern in Ausbildung und Beruf verzeichnet. Rund zwei Drittel der Schulabgänger könnten unmittelbar in eine Ausbildungsstelle wechseln, veröffentlicht der Bildungsmonitor 2008. Er unterstreicht für Minister Schneider die hohe Bedeutung des Dualen Systems.
Die Interpretation, dass die Schülerinnen und Schüler gleiche Chancen für einen Ausbildungsplatz haben, könne getrost als Schönfärberei bezeichnet werden, meint dagegen Pfaffmann. „Zum Beispiel haben Schülerinnen und Schüler die keinen oder einen normalen Hauptschulabschluss oder einen schlechten Quali haben, deutlich schlechtere Chancen als die Absolventen von Realschulen und Gymnasien.“ Dies wegzudiskutieren sei nichts anderes als die Realität auszublenden.