»Wir müssen uns selbst gegenseitig helfen«, hat Dr. Erich Grassl einmal an die Senioren im Münchner Süden appelliert und diese Forderung selbst mit Leben erfüllt wie kaum ein anderer. Am 17. Dezember ist Erich Grassl im Alter von 95 Jahren nun verstorben. Erich Grassl wurde 1913 in Kaiserslautern geboren und studierte Medizin und Philosophie. 1948 eröffnete er seine Praxis, die es bis heute in Obersendling gibt, geführt von seinem Sohn und einem Kollegenteam. Ein langes Leben hat sich Erich Grassl für andere eingesetzt - tatkräftig, kämpferisch und oft seiner Zeit voraus. Er baute 1972 die Nachbarschaftshilfe in Solln - die erste in München - auf und setzte sich intensiv für die Verbesserung der Situation alter und pflegebedürftiger Menschen ein. Die praktische Hilfe stand für ihn im Vordergrund: Er schrieb etliche Bücher (z.B. »Die Kunst des Älterwerdens«), organisierte Altenhilfekurse und mischte sich vor Ort zugunsten der Senioren ein. Für den Ausbau der Versorgungsmöglichkeiten setze er sich mit ebenso viel Nachdruck ein wie für die »kleineren« Dinge. So stritt er z.B. unnachgiebig für die von den Bürgern geforderte Öffnung der Toiletten am Waldfriedhof oder gab mit der Broschüre »Wer hilft im Stadtbezirk 19« mit vielen Adressen von Einkaufshilfen den Menschen vor Ort eine ganz praktische Lebenshilfe in die Hand. Doch auch die Planung des ASZ Solln in der Herterichstraße, das bereits im Rohbau steht und 2009 eröffnet werden soll, begleitete er mit sachlichen Vorschlägen. 2001 wurde Erich Grassl mit einem der besten Stimmergebnisse in der Stadt zum Seniorenbeirat im Münchner Süden gewählt. Erst vor einem Jahr legte er, bedingt auch durch die Folgen eines Unfalls, dieses Amt nieder. Er war keiner, der lange redete, sondern ein Macher. »Mit großer Überzeugungskraft hat er die von ihm als richtig erkannten Ziele verfolgt und in zäher Arbeit erreicht«, schrieb die Deutsche Ärzteschaft 1989 über Grassl, als sie ihm für sein Engagement ihre Paracelsus-Medaille verlieh. Viele Ehrungen hat Dr. Grassl für seinen Einsatz erhalten, darunter den Bayerische Verdienstorden und das Bundesverdienstkreuz. Man sagt, der Philosoph kann denken, aber nicht handeln, und der Arzt kann handeln, ohne zu denken. Erich Grassl, der in beiden Feldern den Doktortitel erworben hatte, konnte stets beides. Auch deswegen werden ihn sehr viele Menschen in dankbarer Erinnerung behalten.