„Die meisten älteren Menschen wünschen, so lange wie möglich daheim leben zu können und in ihrem vertrauten Umfeld sterben zu dürfen”, sagte Stadträtin Constanze Söllner-Schaar mit Verweis auf den neuen, inzwischen vierten Marktbericht Pflege, der dem Stadtrat am Donnerstag vorgelegt wurde.
In unserer Mittwochsausgabe zum Thema Pflege hatten wir noch auf die Zahlen des dritten Marktberichts zurückgreifen müssen. Die neuen Daten (vom Dezember 2013) zeigen, dass sich die beiden zentralen Faktoren in diesem Bereich immer stärker durchschlagen: Die Zahl der Pflegedürftigen wird auch in München steigen, die Zahl der Pflegekräfte hingegen sinken. Möglichst lange daheim zu bleiben wünschen sich viele - und vielen könnte eines Tages gar nichts anderes übrig bleiben.
„Die Zahl der Hochbetagten wird in den nächsten Jahren in München weiter stark zunehmen”, so Constanze Söllner-Schaar. Sie fordert, die Stadt u.a. mit einem ausreichenden Angebot an Pflegeplätzen in Heimen zu rüsten. Derzeit verfügen die 56 Münchner Altenheime über 7.612 Plätze bzw. 6.884 Bewohner (Belegungsquote: 90,4 Prozent). Drei Viertel der Heimbewohner (76 Prozent) sind in München Frauen.
Aufgrund der Zunahme der Pflegebedürftigen werden laut Pflegereport 2030 der Bertelsmann-Stiftung bundesweit im Jahr 2030 ca. 500.000 Vollzeitkräfte in der Pflege fehlen. Das Sozialreferat geht in seinem Marktbericht davon aus, dass 2030 in München rund 4.240 und im Landkreis München rund 2.460 Vollzeitkräfte in der Pflege fehlen werden. Wie drastisch diese Zahlen sind, zeigt erst der Vergleich mit dem derzeitigen Bestand an Pflegekräften: Das Sozialreferat zählte 2010 in Münchner Heimen 3.100 Vollzeit-Pflegekräfte. In 16 Jahren bräuchte man also mehr als doppelt so viele.
Nachwuchs zu finden fällt den Einrichtungen schon jetzt schwer: „Sie müssen nach wie vor große Anstrengungen unternehmen, um geeignete Bewerber gerade für die Ausbildungsplätze zur Altenpflegerin bzw. zum Altenpfleger zu finden können, die die fachlichen Anforderungen und auch die Anforderungen hinsichtlich der Sozialkompetenz erfüllen”, heißt es in dem Marktbericht. DIe „Ausbildungsschere” öffnet sich immer weiter: Immer mehr Ausbildungsplätze für Pflegekräfte werden in den Heimen angeboten (aktuell 722 Plätze) und immer weniger von ihnen können besetzt werden (derzeit sind 154 frei, das sind mit 22,3 Prozent bald schon ein Viertel).
„Es muss weiterhin dringend u.a. für eine Verbesserung der Bezahlung der Pflegenden, eine Verbesserung der Personalausstattung in der Pflege, eine Verbesserung der Qualifikation der Mitarbeiter, für geeignete Kinderbetreuung und bezahlbaren Wohnraum für Pflegende plädiert werden”, unterstreicht das Sozialreferat.
In seinem Marktbericht hat das Referat allerdings nur die Pflegeheime („vollstationäre Einrichtungen”) berücksichtigt. Pflege ist aber nach wie vor vor allem Aufgabe der Familien: Zwei Drittel aller Pflegebedürftigen in München werden zu Hause versorgt - von Angehörigen oder ambulanten Pflegediensten.
Der Grundsatz „ambulant vor stationär” soll auch künftig gelten, so Constanze Söllner-Schaar. München müsse auf einen „Mix alternativer Wohnformen” setzen. Diese Mischung entsteht allmählich: In den Heimen werden z.B. immer mehr Plätze für betreutes Wohnen geschaffen. Die Zahl dieser Plätze hat sich von 2010 bis 2013 mehr als verdoppelt.
Pflegende Angehörige zwischen Fürsorge, Pflichtgefühl und Entlastungsbedarf stehen im Blickpunkt eines Vortrages am Mittwoch, 29. Oktober, von 18 bis 19.30 Uhr im Festsaal des Seniorenzentrums Martha-Maria München, Wolfratshauser Straße 101 (beim Krankenhaus Martha-Maria). Referentin ist Sabine Tschainer, Diplom-Theologin und Diplom-Psycho-Gerontologin. Zu der Veranstaltung „Und wer fragt nach mir?” im Rahmen der Vortragsreihe für jedermann „Ihrer Gesundheit zuliebe!” laden das Krankenhaus Martha-Maria und das Seniorenzentrum Martha-Maria in Solln ein. Der Eintritt ist frei.
Wie erstelle ich eine Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht richtig? Viele Menschen möchten Vorsorge treffen für den Fall, dass sie durch Unfall, Krankheit oder Alter nicht mehr in der Lage sind, ihren Willen zu äußern und selbständig zu entscheiden. Die Patientenverfügung ist ein wichtiges Instrument dafür, die eigenen Wünsche bezüglich medizinischer Behandlung am Lebensende rechtlich bindend festzulegen. Erfahrene Mitarbeiter des Christophorus-Vereins informieren am Mittwoch, 29. Oktober, von 10 bis 11.30 Uhr und gehen auf Fragen ein (Christophorus-Haus, Telefon 1307870). Kostenbeitrag 5 bzw. 3 Euro.