Herrliche Natur, endlose Weiden, Sonnenschein: Wenn Molkereiprodukte beworben werden, scheint das Idyll um die Milchkuh perfekt. „Die Realität sieht oft leider völlig anders aus”, weiß Judith Brettmeister, Sprecherin des Tierschutzvereins München. „Seit einigen Wochen leben die beiden ausgedienten Milchkühe Rana (11 Jahre) und Gerdi (4 Jahre) auf unserem Gnadenhof in Kirchasch. Als sie zum ersten Mal unsere Weide betreten haben, standen sie enorm wackelig auf den Beinen und konnten kaum laufen. Sie waren die weiche Erde nicht gewohnt, sind immer weggeknickt.” Glückliche Kühe auf grünen Weiden? Bislang sicher nicht.
„Milchkühe stehen meist Zeit ihres Lebens in einem Stall”, klärt Judith Brettmeister über die realen Verhältnisse in vielen Milchbetrieben auf. „In Deutschland gibt es immer noch die sogenannte Anbindehaltung, d.h. über Halsrahmen oder Ketten werden die Tiere in Gittervorrichtungen fixiert. Die Boxen sind nur zwischen 110 und 180 Zentimeter breit, sodass sich die Kühe nicht mal umdrehen können und zu völliger Bewegungslosigkeit gezwungen sind.” Dies sei bei 27 Prozent aller Milchkühe der Fall. Permanent an ein und dieselbe Stelle gebunden und ohne Einstreu stehen sie auf hartem Betonboden, die abwechselnd aus Betonstegen als Auftrittsfläche und schmalen Spalten als Durchlass für Kot und Harn bestehen.
„Sobald die Geschlechtsreife einsetzt, werden die Kühe einmal im Jahr künstlich befruchtet. Schon kurz nach der Geburt werden den Muttertieren die Kälber entrissen, da die Muttermilch für den menschlichen Verzehr vorbehalten ist”, erklärt Brettmeister. Vier bis fünf Kälber gebäre eine Milchkuh in der Massentierhaltung durchschnittlich, womit gleichzeitig ihre Milchproduktion gesteigert werde: „Sind es anfangs noch ca. 10 bis 15 Liter pro Tag, gibt sie zum Schluss ca. 50 Liter Milch. Dieser Hochleistungszwang mergelt die Kühe nach vier bis fünf Jahren körperlich aus. Sind sie für den Bauern aufgrund zahlreicher Krankheiten nicht mehr rentabel, führt ihr letzter Weg zum Schlachter.”
Rana und Gerdi konnte dieses Schicksal erspart bleiben. Auf dem Gnadenhof in Kirchasch können sie sich nun auf einer großen Wiese und in ihrem gemütlichen Stall erholen und endlich ihr Kuhleben genießen. Milch müssen sie keine mehr geben, wie die Tierheim-Sprecherin versichert. „Kühe können zwischen 15 und 18 Jahre alt werden. Wenn ihnen jemand eine liebevolle Unterkunft bieten kann, ist ein Umzug der beiden noch vorstellbar.” Bis dahin werden allerdings Paten gesucht, die bei der Verpflegung der Damen helfen möchten. „Eine Gruppenpatenschaft kann schon ab 7,50 Euro im Monat abgeschlossen werden, eine Einzeltierpatenschaft ab 50 Euro im Monat. Die Geschenkpatenschaft kann für 7,50 Euro, 15 Euro oder 30 Euro monatlich - befristet oder unbefristet - vereinbart werden. Natürlich wird eine Spendenbescheinigung ausgestellt. Wir freuen uns über jede Art von Unterstützung”, schließt Brettmeister. Weitere Auskunft und Beratung zu Tierpatenschaften gibt es bei Stefanie Krause unter Tel. (089) 921000-74 oder unter www.tierschutzverein-muenchen.de im Internet.