Soll der Mensch eingreifen, um das Überleben schwacher Wildtiere zu ermöglichen oder lieber der Natur ihren Lauf lassen? Darüber herrscht seit Jahren Uneinigkeit. Daher taucht zu Winterbeginn immer wieder die Frage auf, ob und wann die Fütterung heimischer Wildvögel angebracht ist. „Wir vom Tierschutzverein München raten dazu, nur in Notzeiten zu füttern“, sagt die Sprecherin Judith Brettmeister. Aber wann herrschen Notzeiten? Und was gibt es dabei noch zu beachten? Die Expertin gibt Auskunft.
„In eisigen Nächten braucht ein Vogel große Mengen Energie, um den Stoffwechsel und die eigene Körpertemperatur aufrecht zu erhalten“, klärt die Tierschützerin auf. „Allerdings finden Wildvögel von alleine gut Futter, solange kein Dauerfrost einsetzt oder Schnee liegt. Daher gilt als Faustregel: Bei geschlossener Schneedecke kann regelmäßig gefüttert werden.“ Hierbei sei jedoch das „Was“ entscheidend, wie Brettmeister betont: „Eine falsche Fütterung hilft den Tieren nicht und kann ihnen zum Teil sogar schaden.“ Heimische Singvögel sollten daher ausschließlich mit artgerechtem Futter versorgt werden.
Was aber bedeutet artgerecht? Vögel sind entweder Körnerfresser mit dickem und kräftigem Schnabel (Finken, Sperlinge, etc.) oder Weichfresser mit spitzem und schlankem Schnabel (Rotkehlchen, Meisen, Amseln). „Sowohl Körnermischungen mit harter Schale wie Hanf- und Sonnenblumenkerne als auch weiche Beeren, gequetschte Körner und Meisenknödel sind zu empfehlen. Wir raten dazu, qualitativ hochwertiges Futter anzubieten. Das bedeutet: Maisenknödel ohne Netz, da sich die Tiere darin verfangen können, und möglichst keine Discounter-Ware, weil sie oft nutzlose Füllstoffe enthält. Futtermittel aus dem Fachhandel hingegen enthalten Nährstoffe und gute Fette. Daher lieber weniger mit guter Qualität als mehr mit schlechter Qualität.“
Der Verein bittet zudem tierliebe Gartenbesitzer, trocknende Fruchtstände von Stauden im Herbst nicht abzuschneiden. „Vögel finden darin genügend Naturfutter. Wer generell heimische Beerensträucher anpflanzt, Unkraut nicht gleich entfernt und kein Gift gegen Ameisen, Blattläuse oder Raupen verwenden, bietet Wildvögeln die besten Chancen eigenständig durch den Winter zu kommen.“
Die Futterstelle sei für die Sicherheit der Tiere entscheidend, sagt Brettmeister. „Sie sollte in der Nähe eines Gebüsches sein, aber nicht direkt davor, weil Katzen dort gerne auf ihre Beute lauern. Auch spiegelnde Glasscheiben können eine Gefahr darstellen: Versuchen erschrockene Vögel in diese Illusionslandschaft zu flüchten, können sie sich dabei schwer verletzen.“
Doch mit dem sicheren Aufstellen einer Futterstelle sei noch nicht alles erledigt, wie die Tierschützerin zu bedenken gibt: „Das Häuschen sollte so beschaffen sein, dass das Futter nicht nass werden und sich darin auch kein Kot ansammeln kann. Ideal sind Futterhäuschen mit einem Spender in der Mitte, da diese Modelle nur wenig Ansitzfläche bieten und die Vögel so das Futter nicht so leicht verunreinigen können. Grundsätzlich sollte das Häuschen aber regelmäßig mit heißem Wasser gereinigt werden, um Krankheiten zu vermeiden. Und schließlich sollte täglich nur so viel Futter gereicht werden, wie die Vögel tatsächlich fressen.“