Veröffentlicht am 17.10.2017 15:02

Von den Badern zu den Schneidern


Von Brigitte Bothen
Das Treppenhaus wurde in den letzten zwei Jahren restauriert und in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt. (Foto: Gärtner)
Das Treppenhaus wurde in den letzten zwei Jahren restauriert und in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt. (Foto: Gärtner)
Das Treppenhaus wurde in den letzten zwei Jahren restauriert und in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt. (Foto: Gärtner)
Das Treppenhaus wurde in den letzten zwei Jahren restauriert und in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt. (Foto: Gärtner)
Das Treppenhaus wurde in den letzten zwei Jahren restauriert und in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt. (Foto: Gärtner)

Es ist ein wahres Kleinod unter den schönen alten Gebäuden in der Innenstadt – das Orag Haus mit seiner neubarocken Fassade am Oberanger 9, direkt am Eingang zum Sankt-Jakob-Platz. Dennoch ist es nicht selbstverständlich, dass es bis heute in einem fast ursprünglichen Zustand erhalten ist, denn es entging im Zweiten Weltkrieg nur knapp der vollkommenen Zerstörung und auch später, als man die U-Bahn plante, gab es Bestrebungen, das Gebäude abzureißen, um einen U-Bahnhof Platz zu machen. Gehegt und gepflegt wurde es die ganzen Jahre über von der Orag eG, der Bayerischen Schneidereigenossenschaft, die es 1929 erwarb, und die nun das 120-jährige Bestehen des Prachtbaus feiern konnte.

Der Vorgängerbau war ein Badhaus

Errichtet wurde das Orag-Haus anno 1897 durch Johann Grassel, den Inhaber eines Baugeschäftes, und Max Kraus. Das Anwesen bot respektable Wohnungen für gut situierte Bürger und Läden im Erdgeschoss. Eine Tafel an der Nordostseite des Hauses erinnert daran, dass der Platz, an dem es erbaut wurde, schon viele Jahrhunderte zuvor zum pulsierenden, städtischen Leben in München gehörte. Der Vorgängerbau war ein ansehnliches vierstöckiges Gebäude, von dem noch ein Originalfoto vorhanden ist, genannt „„Haanbaders Eckhaus“. Die erste Erwähnung des Badhauses geht bis auf das Jahr 1387 zurück, als es einem Bader namens Hanns Gügerhahn gehörte. Dieser Familienname bedeutet Gickelhahn oder Gockelhahn. Der Oberanger 9 ist also eine geschichtsträchtige Stelle, die von den Wandlungen des Bade- und Gesundheitswesens sowie der hygienischen Verhältnisse im Laufe der Jahrhunderte erzählen könnte.

Behutsame Instandhaltung

1926, als der Textilkaufmann Arnold Götz das neu errichtete Gebäude kaufte, begann sich das Schneiderhandwerk hier zu etablieren. 1929 ging das Gebäude dann in den Besitz der Orag über. Diese hat sich über die Jahrzehnte hinweg bemüht, das Haus in seiner ursprünglichen Form zu erhalten bzw. Originaldetails, sofern sie verloren gingen, wieder herzustellen. In den siebziger Jahren wurde mit der Renovierung des Gebäudes begonnen. 1976 wurde dem Haus der Fassadenpreis der Stadt München zuerkannt. Seit 1980 steht es unter Denkmalschutz.

In den Jahren 2006 bis 2016 wurden bei den Schaufenstern die Aluminiumkonstruktionen entfernt und Holzfenster eingebaut. Die letzten beiden Jahren dienten der Neugestaltung des Treppenhauses, das in Zusammenarbeit mit den Denkmalschutzbehörden in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt wurde –und anlässlich des 120-jährigen Gebäudejubiläums Anfang Oktober einen Tag lang von der Öffentlichkeit besichtigt werden konnte.

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