München bietet eine Vielzahl an Sportmöglichkeiten. Die Sportvereine sind der maßgebliche Grundstein, auf dem dieses Angebot aufgebaut ist. Laut Jahresdokumentation „Sport in München“ 2008 üben rund 330.000 Münchner Sport in über 650 Vereinen und Betriebssportgemeinschaften aus. Damit ist nahezu jeder Vierte Mitglied in einem Sportverein. Zum Round Table-Gespräch hatte der Werbe-Spiegel-Verlag Vertreter verschiedener Vereine sowie des Sportamts München eingeladen, um über Probleme und Perspektiven von Sportvereinen zu diskutieren.
Sportvereine sind vor allem auf ehrenamtliche Mitarbeit aufgebaut. Wie wichtig ist dieses Engagement?
Willi Tremmel: Bei der TSG Pasing haben wir im Präsidium und in den Abteilungen ehrenamtliche Mitglieder. 67 Prozent unserer Mitglieder sind Kinder und Jugendliche. Insgesamt haben wir vier Abteilungen und 1050 Mitglieder. Zwei Abteilungen, Fußball und Hockey, spielen auf der vereinseigenen Anlage. Die Turner und Handballer trainieren und spielen in städtischen Hallen.
Monika Strnad: Bei uns im TSV Neuhausen-Nymphenburg ist die Situation anders. Wir sind ungefähr 2200 Mitglieder stark, haben eine eigene Halle, das Gelände umfasst 7200 Quadratmeter, gehört uns zu 95 Prozent und wir müssen es unterhalten. Wir haben eine Mannschaft, die in städtischen Hallen ausgelagert ist. Eine Stunde in unserer Halle kostet ungefähr das Fünffache von einer Stunde in einer städtischen Halle. Dementsprechend haben wir wirtschaftlich und rechtlich einen Durchlauf, den wir ehrenamtlich nicht schaffen können. Obwohl der Vorstand auf ehrenamtlicher Basis tätig ist. Wir haben eine hauptberufliche Buchhalterin und zahlen stundenweise eine Sekretärin und 35 ständige Übungsleiter, die über das Zuschusssystem der Stadt und des Landes abgerechnet werden. Was allerdings einen Bruchteil von dem ausmacht, was wir zu zahlen haben. Wir befinden uns zudem in einem Stadtviertel, in dem das Ehrenamt nicht hoch angesiedelt ist.
Gerhard Meier: Ich vertrete den SV München-Laim. Der Verein setzt sich zusammen aus dem SC Laim und dem ESV Laim, die am 1. Januar diesen Jahres miteinander verschmolzen sind. Der SV München Laim hat 1100 Mitglieder. Unser Vorstand und die Abteilungsleiter arbeiten ehrenamtlich. Die Übungsleiter werden nach Stundensätzen gezahlt. Ich sehe das Problem vor allem darin, dass man immer weniger Ehrenamtliche findet. Es sind vorwiegend Ältere, die schon aufgehört haben zu Im Hauptverein sind wir alle 65 oder älter.
Herr Franke, Sie sind in einer Freien Turnerschaft tätig, in der fast ausschließlich Fußball gespielt wird. Wie stellt sich die Situation bei Ihnen dar?
Michael Franke: Wir sind rund 670 Mitglieder. Bis auf 30 Gymnastikdamen sind alles Fußballer Das macht es uns einfacher, weil wir keine großen Strukturen haben, die wir auch nicht wollen. Wir sind mit dem Fußball gut ausgelastet und haben 29 Mannschaften, die auf zwei Fußballplätzen trainieren. Momentan nur auf einem, da nur ein Platz Flutlicht hat. Das ist immer spannend, was die Organisation betrifft. Wir haben zum Beispiel drei Herrenmannschaften, die auf einem Platz trainieren müssen. Bei 50 Mann auf einem Platz ist ein Training recht schwierig. Im Grunde sind wir aber zufrieden. Alles basiert auf Ehrenamt, bis auf den Trainer der 1. Mannschaft, der auf 400 Euro-Basis beschäftigt ist. Für die Jugendteams gibt es insgesamt 42 ehrenamtliche Betreuer.
Rudolf Behacker: Was im ehrenamtlichen Bereich geleistet wird, ist enorm wichtig. Das könnte niemand bezahlen. Es ist entscheidend, diesen Bereich auch weiterhin zu fördern. Wir müssen die Vereine zukunftsfähig machen.
Wie steht es um das Ehrenamt bei Vereinen wie dem ESV München und SV 1880 München? Sie sind beide Geschäftsführer und bei den Vereinen angestellt.
Rüdiger Wolf: Wir haben eine neue und vor allem große Anlage. So sehr wir uns über die neuen Räume freuen, so sehr treffen uns auch die Betriebskosten. Wir haben sieben ehrenamtliche Präsidiumsmitglieder, in den Abteilungen dürften es rund 150 Ehrenamtliche sein. Ich arbeite als Geschäftsführer ganztags, wir haben noch je eine Halbtagskraft für die Buchhaltung und die Mitgliederverwaltung. Dann arbeitet noch ein Kollege halbtags, der sich mit der sportlichen Situation des Vereins beschäftigt. Er ist zudem Hockey-Verbandstrainer und demnach die andere Hälfte des Tages auf dem Platz unterwegs. Die Stelle des Geschäftsführers ist beim ESV München seit 1984 hauptamtlich besetzt. Eines ist klar: Ohne das Ehrenamt geht es nicht.
Holger Langebröker: Unsere Strukturen sind ähnlich. Obwohl wir als Verein eine Nummer kleiner und in der Verwaltung weniger Angestellte beschäftigt sind. Wir haben um die 2300 Mitglieder.Selbstverständlich ist auch bei uns das Ehrenamt enorm wichtig. Die Ehrenamtlichen werden durch die Hauptamtlichen zwar entlastet, trotzdem bringt das Ganze auch die Gefahr mit sich, dass sich viele Ehrenamtliche zurückziehen, weil sie glauben, die Angestellten könnten sich um alles kümmern. Das sehe ich an mir. Ich bin zwischen 90 und 95 Prozent mit der Verwaltung des Vereins beschäftigt. Für die Entwicklungsarbeit fehlt mir die Zeit. Genau diese Arbeit leistet momentan niemand auf ehrenamtlicher Basis.
Behacker: Das Ehrenamt wird in Vereinen, die eigene Anlagen verwalten müssen, immer schwieriger. Die Organisation ist sehr aufwändig und umfangreich. Dazu kommt noch eine Vielzahl von Vorschriften, zum Beispiel bei Baumaßnahmen oder bei der Unterhaltung der Anlagen.