Veröffentlicht am 26.03.2009 13:59

„Vereine zukunftsfähig machen”

Holger Langebröker, Geschäftsführer SV 1880 München: „Der Trend geht zum ungebundenen, flexiblen und gesundheitsorientierten Freizeitsport.“ (Foto: sb)
Holger Langebröker, Geschäftsführer SV 1880 München: „Der Trend geht zum ungebundenen, flexiblen und gesundheitsorientierten Freizeitsport.“ (Foto: sb)
Holger Langebröker, Geschäftsführer SV 1880 München: „Der Trend geht zum ungebundenen, flexiblen und gesundheitsorientierten Freizeitsport.“ (Foto: sb)
Holger Langebröker, Geschäftsführer SV 1880 München: „Der Trend geht zum ungebundenen, flexiblen und gesundheitsorientierten Freizeitsport.“ (Foto: sb)
Holger Langebröker, Geschäftsführer SV 1880 München: „Der Trend geht zum ungebundenen, flexiblen und gesundheitsorientierten Freizeitsport.“ (Foto: sb)

München bietet eine Vielzahl an Sportmöglichkeiten. Die Sportvereine sind der maßgebliche Grundstein, auf dem dieses Angebot aufgebaut ist. Laut Jahresdokumentation „Sport in München“ 2008 üben rund 330.000 Münchner Sport in über 650 Vereinen und Betriebssportgemeinschaften aus. Damit ist nahezu jeder Vierte Mitglied in einem Sportverein. Zum Round Table-Gespräch hatte der Werbe-Spiegel-Verlag Vertreter verschiedener Vereine sowie des Sportamts München eingeladen, um über Probleme und Perspektiven von Sportvereinen zu diskutieren.

Sportvereine sind vor allem auf ehrenamtliche Mitarbeit aufgebaut. Wie wichtig ist dieses Engagement?

Willi Tremmel: Bei der TSG Pasing haben wir im Präsidium und in den Abteilungen ehrenamtliche Mitglieder. 67 Prozent unserer Mitglieder sind Kinder und Jugendliche. Insgesamt haben wir vier Abteilungen und 1050 Mitglieder. Zwei Abteilungen, Fußball und Hockey, spielen auf der vereinseigenen Anlage. Die Turner und Handballer trainieren und spielen in städtischen Hallen.

Monika Strnad: Bei uns im TSV Neuhausen-Nymphenburg ist die Situation anders. Wir sind ungefähr 2200 Mitglieder stark, haben eine eigene Halle, das Gelände umfasst 7200 Quadratmeter, gehört uns zu 95 Prozent und wir müssen es unterhalten. Wir haben eine Mannschaft, die in städtischen Hallen ausgelagert ist. Eine Stunde in unserer Halle kostet ungefähr das Fünffache von einer Stunde in einer städtischen Halle. Dementsprechend haben wir wirtschaftlich und rechtlich einen Durchlauf, den wir ehrenamtlich nicht schaffen können. Obwohl der Vorstand auf ehrenamtlicher Basis tätig ist. Wir haben eine hauptberufliche Buchhalterin und zahlen stundenweise eine Sekretärin und 35 ständige Übungsleiter, die über das Zuschusssystem der Stadt und des Landes abgerechnet werden. Was allerdings einen Bruchteil von dem ausmacht, was wir zu zahlen haben. Wir befinden uns zudem in einem Stadtviertel, in dem das Ehrenamt nicht hoch angesiedelt ist.

Gerhard Meier: Ich vertrete den SV München-Laim. Der Verein setzt sich zusammen aus dem SC Laim und dem ESV Laim, die am 1. Januar diesen Jahres miteinander verschmolzen sind. Der SV München Laim hat 1100 Mitglieder. Unser Vorstand und die Abteilungsleiter arbeiten ehrenamtlich. Die Übungsleiter werden nach Stundensätzen gezahlt. Ich sehe das Problem vor allem darin, dass man immer weniger Ehrenamtliche findet. Es sind vorwiegend Ältere, die schon aufgehört haben zu Im Hauptverein sind wir alle 65 oder älter.

Herr Franke, Sie sind in einer Freien Turnerschaft tätig, in der fast ausschließlich Fußball gespielt wird. Wie stellt sich die Situation bei Ihnen dar?

Michael Franke: Wir sind rund 670 Mitglieder. Bis auf 30 Gymnastikdamen sind alles Fußballer Das macht es uns einfacher, weil wir keine großen Strukturen haben, die wir auch nicht wollen. Wir sind mit dem Fußball gut ausgelastet und haben 29 Mannschaften, die auf zwei Fußballplätzen trainieren. Momentan nur auf einem, da nur ein Platz Flutlicht hat. Das ist immer spannend, was die Organisation betrifft. Wir haben zum Beispiel drei Herrenmannschaften, die auf einem Platz trainieren müssen. Bei 50 Mann auf einem Platz ist ein Training recht schwierig. Im Grunde sind wir aber zufrieden. Alles basiert auf Ehrenamt, bis auf den Trainer der 1. Mannschaft, der auf 400 Euro-Basis beschäftigt ist. Für die Jugendteams gibt es insgesamt 42 ehrenamtliche Betreuer.

Rudolf Behacker: Was im ehrenamtlichen Bereich geleistet wird, ist enorm wichtig. Das könnte niemand bezahlen. Es ist entscheidend, diesen Bereich auch weiterhin zu fördern. Wir müssen die Vereine zukunftsfähig machen.

Wie steht es um das Ehrenamt bei Vereinen wie dem ESV München und SV 1880 München? Sie sind beide Geschäftsführer und bei den Vereinen angestellt.

Rüdiger Wolf: Wir haben eine neue und vor allem große Anlage. So sehr wir uns über die neuen Räume freuen, so sehr treffen uns auch die Betriebskosten. Wir haben sieben ehrenamtliche Präsidiumsmitglieder, in den Abteilungen dürften es rund 150 Ehrenamtliche sein. Ich arbeite als Geschäftsführer ganztags, wir haben noch je eine Halbtagskraft für die Buchhaltung und die Mitgliederverwaltung. Dann arbeitet noch ein Kollege halbtags, der sich mit der sportlichen Situation des Vereins beschäftigt. Er ist zudem Hockey-Verbandstrainer und demnach die andere Hälfte des Tages auf dem Platz unterwegs. Die Stelle des Geschäftsführers ist beim ESV München seit 1984 hauptamtlich besetzt. Eines ist klar: Ohne das Ehrenamt geht es nicht.

Holger Langebröker: Unsere Strukturen sind ähnlich. Obwohl wir als Verein eine Nummer kleiner und in der Verwaltung weniger Angestellte beschäftigt sind. Wir haben um die 2300 Mitglieder.Selbstverständlich ist auch bei uns das Ehrenamt enorm wichtig. Die Ehrenamtlichen werden durch die Hauptamtlichen zwar entlastet, trotzdem bringt das Ganze auch die Gefahr mit sich, dass sich viele Ehrenamtliche zurückziehen, weil sie glauben, die Angestellten könnten sich um alles kümmern. Das sehe ich an mir. Ich bin zwischen 90 und 95 Prozent mit der Verwaltung des Vereins beschäftigt. Für die Entwicklungsarbeit fehlt mir die Zeit. Genau diese Arbeit leistet momentan niemand auf ehrenamtlicher Basis.

Behacker: Das Ehrenamt wird in Vereinen, die eigene Anlagen verwalten müssen, immer schwieriger. Die Organisation ist sehr aufwändig und umfangreich. Dazu kommt noch eine Vielzahl von Vorschriften, zum Beispiel bei Baumaßnahmen oder bei der Unterhaltung der Anlagen.

Strnad: Man muss bei all den rechtlichen Vorschriften sehr viel Initiative aufbringen – und man darf keine Fehler machen.

Franke: Grundsätzlich fehlt mir die Unterstützung von Seiten des Sportamtes. Wir hatten jetzt sehr viel mit unserem Kabinenbau zu tun und wurden ziemlich allein gelassen.Ich will mich nicht über die Sportamtsmitarbeiter beklagen. Aber ich hätte mir zumindest eine fachliche Beratung gewünscht. Man weiß oft auch nicht, an wen man sich wenden muss. Und wir haben nur vier Kabinen und zwei Duschen gebaut.

Behacker: Wenn wir die ehrenamtliche Arbeit weiter unterstützen wollen, müssen wir den Vereinsservice verbessern. Es geht nicht nur um den Sport, es muss auch eine gewisse Wirtschaftlichkeit gewährleistet werden.

Strnad: Man muss sich die Frage stellen: Was soll erhalten werden, der Sport oder die Immobilie? Wozu brauche ich eine Anlage, wenn ich den Sportbetrieb nicht mehr finanzieren kann?

Behacker: Genau das muss politisch diskutiert werden. Die Stadt kann nicht den Sportbetrieb organisieren. Man muss sich fragen, wie eine weitere Unterstützung aussehen kann.

Langebröker: Gerade große Neubauprojekte sind für ehrenamtlich arbeitende Vereine nicht zu stemmen. Rechtlich ist man da überfordert. Die Stadt müsste verpflichtet sein, eine fundierte Unterstützung anzubieten. Wer hat schon eine Projektsteuerung? Daran wird bei den Vereinen gar nicht gedacht, weil es zu viel Geld kosten könnte.

Herr Meier, Sie bauen gemeinsam mit der Lukasschule eine Halle. Haben Sie eine Projektsteuerung?

Meier: Ja. Wenn wir die Schule nicht an Bord hätten, könnten wir das Projekt nicht stemmen.

Langebröker: Unterm Strich rechnet sich eine Projektsteuerung bei solchen Baumaßnahmen immer.

Behacker: Das ist nicht von der Hand zu weisen. Wir hatten aber auch schon Fälle, bei denen es Projektsteuerungen von Firmen gab und die Vereine trotzdem finanzielle Probleme hatten. Man darf nicht vergessen: Unsere Aufgabe ist nicht Bauprojektförderung von Sport- oder Vereinsbauten. Da sind die Vereine selber gefordert. Es gibt bestimmte bauliche Vorschriften der Stadt, die eingehalten werden müssen. Wir als Sportamt können nur begleitend mitwirken und Türen öffnen bei den einzelnen Referaten.

Sind die Mitgliederzahlen konstant, rückläufig oder steigend? Wie ist die Entwicklung gerade im Jugendbereich?

Meier: Unsere Situation ist im Augenblick nicht repräsentativ. Wir waren vor der Fusion in einer schlechten Situation. Wir hatten überall Hallen für unser Sportangebot angemietet, dabei aber den Verein zerfleddert. Jetzt – während des Baumaßnahmen – befinden wir uns wiederum in einer Übergangszeit, die Auswirkungen auf die Mitgliederzahlen haben könnte. Aber im Grunde stagnieren die Mitgliederzahlen. Wir stellen einen Zulauf bei den Kindern und Jugendlichen fest, vor allem im Fußball. In der Altersgruppe zwischen 25 und 40 Jahren klafft eine riesige Lücke. Das macht sich wieder im Ehrenamtsbereich bemerkbar, weil dies die Altersgruppe ist, die man bräuchte.

Frau Lahm, bei der FT Gern sind alleine zwei Drittel des Vereins Jugendliche. Wie stellt sich die Situation bei Ihnen dar?

Daniela Lahm: Wir haben sehr viele Jugendliche, die sich ehrenamtlich engagieren. Fast die Hälfte unserer 40 Betreuer ist unter 20 Jahre alt. Wenn man es schafft, die Jugend frühzeitig mit einzubinden, hat man auch lange etwas davon. Schwierig ist der Sprung von den Junioren zu den Senioren. In dieser Phase hören sehr viele auf. Aber man kann vorher – im Kinder- und Jugendbereich – eine Bindung schaffen. Eines ist auch klar: Wenn es sehr gute Sportler sind, muss man sie ziehen lassen. Das gehört dazu.

Franke: Wir müssen fast täglich Kinder zu anderen Vereinen schicken, weil wir keinen Platz mehr haben.

Langebröker: Unsere Mitgliederzahlen stagnieren. Allerdings nicht, weil wir keinen Zulauf haben, sondern weil in vielen Bereichen Aufnahmestopp ist. Was aber zugenommen hat, ist die Fluktuation der Mitglieder.

Sandra Piepho: Auch bei uns nimmt die Fluktuation immer mehr zu. Und zwar in allen Abteilungen. Ich betreue die Turnabteilung der TSG Pasing seit ungefähr sechs Jahren. Seitdem hat sich die Mitgliederzahl verdoppelt. Trotzdem gibt es auch Altersbereiche, die bei uns fehlen, gerade zwischen 16 und Anfang 30.

Immer wieder ist von der Überbelegung von Sporthallen und Sportflächen die Rede. Haben Sie damit Probleme?

Tremmel: Haben wir. Deshalb hatten wir auch letztes Jahr im Herbst die Aktion „Hallenmisere“ gestartet.

Piepho: Initiiert hatten wir die Aktion, weil wir von heute auf morgen aus den Hallen raus mussten. Irgendetwas funktioniert bei der Hallenbelegung nicht. Vor allem der Informationsfluss lässt zu wünschen übrig. Es muss möglich sein, dass man als Verein in diesem Bereich besser unterstützt wird. Durch die Aktion wollten wir wenigstens mal ein Gespräch bekommen. Und das war mittlerweile auch der Fall. Man merkt, dass es insgesamt zu wenige Leute sind, die die Hallenbelegung organisieren und sich darum kümmern.

Behacker: Das Problem ist bekannt. Die Hallenvergabe läuft nicht über das Sportamt, sondern über eine Abteilung im Schulreferat, die personell unterbesetzt ist. Ich habe schon vor zehn Jahren gesagt, dass wir in München eine Hallenknappheit haben. Dagegen kämpfen wir schon lange.

Tremmel: Wir haben oft festgestellt, dass in einer dreifach teilbaren Halle zum Beispiel nur Skigymnastik mit 30 Leuten stattfindet. Die hätten alle in einer kleinen Halle Platz. Das haben wir dem Schulreferat vorgetragen, doch geändert hat sich nichts.

Lahm: Bei einer besseren Organisation gäbe es sicher noch jede Menge Kapazitäten. Wenn ich im Schulamt anrufe und frage, ob man bitte am Computer prüfen könnte, ob eine Halle frei ist – in welcher Schule auch immer – heißt es: ‚Das können wir nicht. Das sehen wir nicht’. Ich frage mich: Wie kann man Hallen vergeben, wenn man keinen Einblick hat?

Piepho: Mir wurden vom Schulreferat schon Hallenzeiten zugesagt, bei denen sich herausgestellt hat, dass sie seit Jahren an eine Schule vergeben sind. Das Schulreferat wusste das nicht. Es gibt nur Abhilfe, wenn man sich selber darum kümmert. Das heißt, hinfahren, mit der Schule sprechen usw. Das ist unglaublich zeitintensiv und ein wahnsinniger Organisationsaufwand.

Meier: Am besten ist es, direkt zum Schulleiter zu gehen und zu fragen, wie es mit der Hallenbelegung aussieht.

Strnad: Es ist auch eine Frage der Zeit. Bei uns gibt es freie Hallenzeiten, aber da können nur wenige Mitglieder trainieren.

Herr Wolf, Sie haben im Verein noch Kapazitäten frei und hoffen darauf, noch mehr Mitglieder zu bekommen?

Wolf: Durch die moderne Dreifachhalle und die drei Sportsäle ist genug Platz vorhanden. Und auch die Fußballer können sich nicht beschweren, vor allem, wenn man sich die Situation in Vereinen wie bspw. der FT Gern vor Augen führt. Zur Finanzierung der Anlage lassen wir Gastmannschaften bei uns trainieren. Das heißt, wir vermieten die Plätze an andere Vereine, Betriebsmannschaften oder andere Sportgruppen. Wir haben leider nicht genügend Übungsleiter, die alle Sportarten bedienen. So dass man auch viele Interessierte zu anderen Vereinen weiter schicken muss.

Sie müssen Leute abweisen?

Wolf: Ja, gerade in der Fußballabteilung ist das im Moment der Fall, weil wir nicht genügend Trainer haben.

Lahm: Das verstehe ich nicht. Da hat man genug Platz, aber keine Trainer. Wenn wir noch Platz hätten, hätte ich noch zehn Mannschaften mehr. Das ist doch ein Ärgernis. Ich möchte, dass jedes Kind, das Sport treiben will, auch Sport treiben kann.

Wie groß ist die finanzielle Abhängigkeit der Vereine von der Stadt München?

Behacker: Sie werden bundesweit keine andere Stadt finden, die im letzten Jahr die Zuschüsse für Vereine um 50 Prozent aufgestockt hat. Nämlich von 1,3 auf über zwei Millionen Euro. Auch die Unterstützung im Bereich der Unterhaltskosten für die besitzenden Vereine wurde um 50 Prozent aufgestockt – auch weil die Energie- und Nebenkosten gestiegen sind. Das mussten wir tun, sonst hätten wir noch mehr Vereine, die in Finanzschwierigkeiten geraten wären. Letztes Jahr im November wurden zusätzlich noch 40 Millionen Euro für die Infrastruktur zur Verfügung gestellt bis 2013.

Welche Kooperationen zwischen Sportvereinen und Schulen oder Kinderprojekten bestehen oder sind geplant?

Lahm: Das Projekt „Mädchen an den Ball“, das nicht von uns, sondern von LILALU initiiert wurde, findet auf unserem Platz statt. Dafür haben wir noch Platz frei geschaufelt. Momentan kann ich noch nicht beurteilen, wie das Projekt läuft, da es gerade erst gestartet wurde. Auf jeden Fall sind es noch zu wenige Mädchen.

Wie drückt sich die Kooperation des SV Laim mit der privaten Lukasschule aus?

Meier: Die Lukasschule und wir werden die Halle gemeinsam nutzen. Wir werden eine sehr gute Hallenauslastung bekommen. Nur durch die Kooperation konnten wir die Baumaßnahmen durchführen. Alleine hätten wir das Geld, auch mit allen möglichen Fördermöglichkeiten, nicht aufbringen können. Und vielleicht gewinnen wir unter den Schülern auch neue Vereinsmitglieder.

Haben Sie neben der finanziellen Kooperation noch andere Projekte, zum Beispiel „Sport nach 1“?

Meier: Wir haben das mal gemacht. Gescheitert ist es daran, dass wir zu den erforderlichen Zeiten keine Übungsleiter haben.

Strnad: Warum sollte ich „Sport nach 1“ anbieten? Wir sind mehr als ausgelastet. Abgesehen davon kann ein Verein nicht auch noch den Steigbügel für ein Schulsystem halten, das in sich nicht genügend unterstützt wird, um das zu machen, was es sollte. Ich selbst bin Sportlehrerin am Gymnasium. Was an den Schulen passiert, ist nicht in Ordnung. Wir als Vereine fangen an Kindern sehr viel ab. Und ich kann weder meine Trainer, noch meine teuren Hallenzeiten hergeben, um das zurecht zu biegen, was im Schulsystem nicht stimmt.

Behacker: Wir haben in München insgesamt 107 Kooperationen zu „Sport nach 1“. Eine Koordination ist also möglich. Ich gebe Ihnen aber Recht, dass es in diesem Bereich bestimmte Probleme gibt – vor allem aus Zeitgründen.

Wie sehen Sie die Zukunft der Sportvereine in München? Wohin geht die Entwicklung? Was wünschen Sie sich für Ihren Verein?

Franke: Sollte sich die finanzielle Situation so entwickeln, wie ich glaube, wird die Stadt München in zwei bis drei Jahren nicht mehr in der Lage sein, Sportvereine zu fördern. Dann müssen wir alles über die Beiträge finanzieren. Wir werden uns qualitativ so verbessern müssen, dass wir ähnliche Beiträge verlangen können wie professionelle Studios.

Es gibt Familien, die sich die Beiträge schon jetzt nicht leisten können.

Franke: Aber die haben wir auch jetzt schon. Da sind die Vereine gefordert. Wir werden irgendwann vor der Notwendigkeit einer Beitragserhöhung stehen. Zudem konkurrieren wir nicht nur mit Münchner Vereinen, sondern auch mit Vereinen aus dem Umland, für die sich die Situation anders darstellt.

Strnad: Wir stehen auch in Konkurrenz zum Angebot der Stadt München. Bei deren Preise für Freizeitsport können wir nicht mithalten.

Franke: Wenn ein Verein seine Beiträge erhöht, wechseln die Leute zu anderen Vereinen. Grundsätzlich sollten die Vereine enger zusammenarbeiten, um gewisse Ideen zu entwickeln, wie man die Zukunft angehen sollte.

Wie sehen Sie das, Herr Behacker?

Behacker: Das städtische Angebot macht prozentual im Vergleich zum Stundenangebot der Vereine einen verschwindend geringen Anteil aus. Wir werden dieses Thema demnächst im Stadtrat behandeln. Mit dem Freizeitsport erreichen wir eine bestimmte Zielgruppe, die die Vereine nicht erreichen. Aus welchen Gründen auch immer.

Meier: Die Vereine sind heute nicht mehr so strukturiert wie früher. Damals ist man einem Verein beigetreten, und wenn man nicht weggezogen ist, ist man auf Dauer Mitglied geblieben.

Lahm: Die Leute wollen sich nicht mehr binden. Da geht es nicht mal so sehr ums Geld.

Strnad: Grundsätzlich bin ich im Hinblick auf die Zukunft der Meinung, dass die Vereine professioneller werden müssen. Zudem muss die Zusammenarbeit der Vereine intensiviert werden.

Meier: Ich bin davon überzeugt, dass künftig Vereine überleben, die sich entweder spezialisieren, wie zum Beispiel die FT Gern, oder die in eine Vereinsgrößenordnung hineinwachsen, in der sie in der Lage sind, viele Arbeiten über eine Geschäftsstelle mit fest angestellten Mitarbeitern aufzufangen. Ich bin auch der Meinung, dass Vereine fusionieren sollten. Was man beenden muss, ist die Konkurrenz unter den Vereinen. Wir müssen im Hinblick auf die Zukunft anfangen, uns konzeptionell auf die notwendige Weiterentwicklung einzustellen.

Tremmel: Für die Zukunft wünsche ich mir, dass die Zuschüsse für Vereine nicht weniger werden. Denn ich bewundere unsere Ehrenamtlichen für das, was sie im Kinder- und Jugendbereich leisten.

Piepho: Ein Verein wird nur überleben können, wenn er voraus denkend plant – unabhängig von der Größe oder Spezialisierung.

Wolf: Ich bin sehr froh, dass wir insgesamt rund 160 Ehrenamtliche haben, die in den unterschiedlichen Abteilungen extrem wichtige Arbeit leisten. Leider wird das oft von den Abteilungsmitgliedern nicht gewürdigt. Ich würde mir mehr den Breitensportgedanken bei uns wünschen. Der Leistungssport grenzt im Grunde bestimmte Leute wieder aus. Jeder der Sport machen möchte, den sollte man dabei unterstützen.

Langebröker: Der Trend geht zum ungebundenen, flexiblen und gesundheitsorientierten Freizeitsport. Das ist der Hauptgrund, warum bei den Vereinen ein riesiges Loch klafft.

Behacker: Ich gehe davon aus, dass die Vereine zusammen mit dem Sportamt und den einzelnen Verbänden enger verknüpft werden müssen. In München wird unendlich viel Sport getrieben – ob mit Olympia 2018 oder ohne. Ich würde mir auch wünschen, dass die Vereine einheitlich ihre Beiträge erhöhen, um den Service erhöhen zu können. Zudem planen wir im Sportamt, eine Art Trainerbörse im Internet einzurichten. Es wäre eine Möglichkeit, die Vereine miteinander zu vernetzen. Zudem sollten die Fachsportarten schleunigst gemeinsame Rahmenbedingungen schaffen. Es muss sich sowohl in der Stadt als auch in der Sportlandschaft etwas bewegen. Die Flächen, die zur Verfügung stehen, müssen möglichst gut genutzt werden.

north