Was war für Sie die schönste Stunde (oder der schönste Tag) im zu Ende gehenden Jahr?
Der besonders schöne Tag im vergangen Jahr war der Tag, an dem ich viele Menschen in mein Kunsthaus am Wörthsee einlud und den Leuten sagte, sie könnten sich als Geschenk ein Bild von mir mitnehmen. Ich hatte diese Bilder in vielen einsamen, schwermütigen, besinnlichen, euphorischen oder jubelnden Momenten meines Lebens gemalt und wollte, dass die Menschen nicht auf den Geldwert schauen, sondern allein nach der Sehnsucht ihrer Augen und Herzen auswählen.
Das Schöne war: Die Leute waren vom ersten Moment an begeistert: Ein Bild sich aussuchen zu können, es dann geschenkt zu bekommen, noch dazu so ein persönliches, war etwas besonderes. So reagierten die Beschenkten sofort: Sie gingen zu den Bildern hin und wussten beeindruckend schnell, was sie wollten. Als wäre eine Türe zu ihrem Herz aufgestoßen worden, als wäre auf einmal etwas Verschüttetes geöffnet worden, als wäre etwas ganz Tiefes und Persönliches in ihnen erweckt worden.
Das zu sehen, war für mich sehr schön. Ich merkte, dass für Menschen, wenn sie direkt angesprochen werden, nicht das viele Äußerliche und Oberflächliche wichtig ist, sondern das verborgene Innere: der eigene Gedanke, die persönliche Idee, die gewünschte Vision und das eigene Ich.
Wenn Sie im kommenden Jahr eine Stunde (oder einen Tag) geschenkt bekämen - was würden Sie mit dieser Zeit gerne tun?
Einen Tag zusätzlich zu haben, einen Tag, der nicht verplant ist. Welch ein besonderes Geschenk! Es soll, es muss ein ganz einmaliger Tag werden, denke ich... sozusagen: Ein visionärer Wunschtag. Ein Erfüllungstag. So würde ich an diesem Tag zu allen Kirchen im Landkreis gehen und alle Kirchentüren öffnen: Die evangelischen genauso wie die katholischen. Ich würde alle Bänke umstellen, so dass gemütliche Gruppen entstehen, dann würde ich in einem Eck einen Kaffeausschank machen, im anderen Eck Suppe und Imbiss anbieten, im dritten Eck einen Mutter/Vater Kinderspielplatz einrichten und im vierten Ecke eine gemütliche Ecke für alte einsame Menschen gestalten. Suppe und Getränke würden von der Kirchensteuer bezahlt, die Kinder könnten mit ihren Eltern oder Verwandten singend durch die weiten Räume gehen und die alten Menschen könnten sich wärmen und zuschauen.
Evangelisch und katholisch gäbe es für die Hereingekommenen nicht mehr. Nachmittags gäbe es von Kirchenmitarbeitern begleitete Kreisgruppen für besondere Anliegen, also für Menschen, die miteinander sprechen wollen oder ein Anliegen hätten. So ein Tag würde „Ökumenischer Offener Gemeinschaftstag” heißen, offen für Menschen, die Gemeinschaft brauchen: Geführt, geleitet, betreut und doch frei und weit. Es wäre ein für alle schöner, ein geschenkter Tag!