Anwohner kämpfen gegen geplante Bebauung am Botanikum


Von Benjamin Schuldt
Südlich des Botanikums dominieren jetzt noch grün und braun, doch die Stadt München plant hier ein neues Wohnquartier mit Schule und Jugendzentrum. (Foto: bas)
Südlich des Botanikums dominieren jetzt noch grün und braun, doch die Stadt München plant hier ein neues Wohnquartier mit Schule und Jugendzentrum. (Foto: bas)
Südlich des Botanikums dominieren jetzt noch grün und braun, doch die Stadt München plant hier ein neues Wohnquartier mit Schule und Jugendzentrum. (Foto: bas)
Südlich des Botanikums dominieren jetzt noch grün und braun, doch die Stadt München plant hier ein neues Wohnquartier mit Schule und Jugendzentrum. (Foto: bas)
Südlich des Botanikums dominieren jetzt noch grün und braun, doch die Stadt München plant hier ein neues Wohnquartier mit Schule und Jugendzentrum. (Foto: bas)

München wächst unaufhaltsam, und auch Moosach macht da keine Ausnahme: Leben aktuell rund 56.000 Menschen im Stadtbezirk 10, werden es laut einer Prognose der Stadt bereits in sechs Jahren fast 68.000 sein. Dass gefühlt an allen Ecken und Enden neu gebaut wird, gefällt nicht jedem. Vor allem die Pläne für das neue Quartier rund um das Botanikum sind umstritten.

Im Moosacher Nordosten, südlich der Max-Born-Straße, herrschen für Münchner Verhältnisse fast schon idyllische Zustände. Westlich der Feldmochinger Straße liegen hier das Botanikum, eine seit Jahrzehnten von Künstlern und Kreativen bevölkerte ehemalige Gärtnerei, und ein freies Feld, östlich davon erstreckt sich entlang der Triebstraße eine grüne Wiese mit Bolzplatz. Allerdings nicht mehr lange: Die Pläne der Stadt München sehen vor, auf dem fast acht Hektar großen Gebiet 600 Wohneinheiten zu errichten, dazu ein Jugendzentrum, Kitas sowie eine Grundschule mit Sportflächen.

Wie in anderen Münchner Stadtteilen, ob nun Feldmoching, Freiham oder Englschalking, so gilt auch hier, pauschal gesagt: Grün weicht, Beton entsteht. Einige Anwohner aus den umliegenden Straßen sind damit ganz und gar nicht einverstanden. Bereits während der Öffentlichkeitsbeteiligung zur Bauleitplanung im Juni 2023 hatten sie nach eigenen Angaben 200 Unterschriften gegen die Pläne gesammelt und im städtischen Baureferat abgegeben. Bei der jüngsten Moosacher Bürgerversammlung, die in der Aula des Gymnasiums abgehalten wurde, brachten die Anlieger nun in Person von Anna Attenberger einen Antrag vor. Die Botschaft war unmissverständlich: Den Bebauungsplan Botanikum (Nr. 2165) lehnen sie in dieser Form ab.

Überflutung nach Versiegelung?

Das betroffene Gebiet beidseits der Feldmochinger Straße weise einen grundwassernahen Boden mit Wasser-Schutzfunktion auf, führen die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Antrag an: „Wir befürchten, dass die Versiegelung der Flächen zu Überflutungen in den benachbarten Kellern und Tiefgaragen führt, denn der Grundwasserspiegel steigt nachgewiesen ständig an.” Ein Problem übrigens, dass auch aus an anderen Teilen Moosachs bekannt ist. „Wer haftet für die absehbaren Folgeschäden, wenn die benachbarten Tiefgaragen und Keller überflutet sind?”, fragen die Anlieger.

Auch aus anderen Münchner Stadtteilen geläufig ist das zweite Argument gegen zu dichte Bebauung: der zunehmende Verkehr in der ohnehin schon stark befahrenen Feldmochinger Straße. Denn mehr Menschen bringen in aller Regel mehr Autos mit sich. „Die Parksituation in unseren Straßen wird sich noch mehr verschlechtern”, befürchten die Anwohner. Zusätzlich ist am nördlich angrenzenden Rangierbahnhof ein Lkw-Verladeterminal mit bis zu 350.000 Ladeeinheiten pro Jahr geplant – dies dürfte zu einer weiteren erheblichen Verkehrs-, Lärm- und Umweltbelastung im Viertel führen und einer „sinkenden Lebensqualität”, wie es die Anlieger zusammenfassen.

Wiese und Bolzplatz sollen weichen

Nicht zuletzt sei das zu bebauende Gebiet „eine wertvolle grüne Oase für unseren Stadtteil”, heißt es in dem Antrag. Die unbebauten Bodenflächen würden notwendige Kühlung an Hitzetagen bringen. Dass die biotopartige Wiese, der Bolzplatz und die Äcker für Betonbauten weichen müssen, erscheint tatsächlich widersprüchlich zum Stadtentwicklungsplan 2040, der besagt, es gelte, „Biotope [zu] sichern und entwickeln”. Allerdings sehen die Pläne der Stadt vor, einen Teil der „ökologisch bedeutenden Grünverbindung südlich des Rangierbahnhofs” zu sichern sowie die bestehende Siedlung im Süden durch Grünflächen anzuschließen. Außerdem soll anstelle des Botanikums eine grüne Ausgleichsfläche für die Neubebauung geschaffen werden. Dass dafür wiederum die seit langem etablierten Künstlerateliers weichen müssen, hat ebenfalls schon einige Kritiker auf den Plan gerufen.

Die Forderung „Bauen, bauen und verdichten“ missachte die aktuelle Klimaentwicklung sowie den erforderlichen Umwelt- und Artenschutz, schließen die Anwohnenden ihren Antrag ab, die vorgesehene „überdimensionale” Bebauung am Botanikum sei daher abzulehnen. Auf der Bürgerversammlung, die mit rund 400 Teilnehmenden sehr gut besucht war, gab es dafür viel Applaus. Dass die Stadt München angibt, „ein Gebiet mit hoher städtebaulicher und landschaftsplanerischer Qualität [...] in kompakter und flächenschonender Bauweise im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung”, anzustreben, scheint also nicht jeden zu überzeugen. Da die Versammlung dem Antrag mehrheitlich zustimmte, ist er nun innerhalb von drei Monaten dem Stadtrat oder dem örtlichen Bezirksausschuss zur Behandlung vorzulegen.

„Viele Fragen noch offen”

Der Vorsitzende des Bezirksausschusses Moosach, Wolfgang Kuhn, hatte im Vorfeld des Antrags betont, dass bezüglich der Entwicklung des Botanikum-Areals derzeit noch „viele Fragen offen” seien. Unerlässlich sei die neue Grundschule, die nicht allein für das neue Viertel gedacht ist, sondern auch die bestehenden Schulen entlasten soll. Verbindlich sind die Pläne für das Quartier beidseits der Feldmochinger Straße noch nicht: Der Billigungsbeschluss des Stadtrats ist erst für Ende 2025 angedacht. Das letzte Wort scheint in Moosach ohnehin noch lange nicht gesprochen.

Information

Detaillierte Informationen der Stadt München zum Neubaugebiet finden sich unter stadt.muenchen.de/infos/botanikum.html

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