Veröffentlicht am 13.10.2008 00:00

Vom Moosacher Faschingsball ins Tonstudio


Von red

Er machte Moosach weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Rudolf »Waggi« Schneider war Mitglied bei den »3 lustigen Moosachern«, jener Volksmusikgruppe, die 47 Jahre lang mit ihren Auftritten für volle Festsäle und Rekorde beim Plattenverkauf sorgte. Seinen Anfang nahm die Erfolgsgeschichte der drei im Jahre 1952.

In einem ehemaligen Moosacher Kino trafen sich die Hobbymusiker und Spezln Georg Niedermeier und Rudolf »Waggi« Schneider. Niedermeier erzählte Schneider, dass er mit dem gemeinsamen Spezl Hans Döring einen Auftritt auf dem Faschingsball im Moosacher Gaswerk habe. Nach der langen Suche nach einem Bassisten für die Veranstaltung sei er zwar fündig geworden, allerdings wäre dieser schon über 80 Jahre alt.

Schneider, der selbst Bass spielte, wollte sich die Gelegenheit, mit seinen Freunden zu musizieren, nicht nehmen lassen. Er bot dem greisen Bassisten 20 Mark an – insofern er auf den Auftritt verzichten würde. Der 80-jährige Musiker willigte ein und »Waggi« war an Bord. So kam es am 30. Januar 1952 zum ersten offiziellen Konzert der »3 lustigen Moosacher«. Dem Faschingsball folgten feste Engagements an den Wochenenden. Der nächste Schritt auf der Karriereleiter: Das Apollo-Theater in der Dachauer Straße buchte die Gruppe für ganze fünf Monate.

Auch dem Bayerischen Rundfunk (BR) blieb der Erfolg der Musikanten nicht verborgen und so verpflichtete der BR Niedermeier, Schneider und Döring für die Sendung »Kavaliere am Steuer«. Von da an änderte sich das Leben für die drei. Schneider, der damals als Großhandelskaufmann arbeitete, erinnert sich: »Ab dem 1. Januar 1958 gaben wir unsere Berufe auf. Das war ein sehr schwerer Schritt«. Blauäugig waren die Musiker aber nicht. Zur Absicherung hatte das Trio bereits einen Vertrag für die Tour »Weiß-Blaue Lachparade« in der Tasche.

Was nun folgte ist Musikgeschichte. Ein norddeutscher Produzent stellte den »3 lustigen Moosachern« einen Plattenvertrag in Aussicht. Einzige Voraussetzung: Die Truppe musste ein Gesangsstudium aufnehmen. Das Trio war einverstanden, schrieb sich in ein Konservatorium ein und nahm Schallplatte nach Schallplatte auf. »Unsere zweite Single ›Brotzeit ist die schönste Zeit‹ ist die berühmteste geworden. Damals gab es keine Single, die je im Raum München öfter verkauft wurde«, so Schneider, der selbst viele Texte für seine Gruppe schrieb (unter anderem »Ja, mir san mit’m Radl da«). Neben den Musik-Schallplatten brachten es ihre 20 Stammtisch-Platten, auf denen sie Witze im Münchner Dialekt vortrugen, zu ungeahnten Verkaufsszahlen. »Insgesamt gingen rund fünf Millionen Schallplatten über die Verkaufstische«, erzählt Schneider, der als einziger von den drei Moosachern auch dort geboren ist, stolz.

Wer glaubt, das Trio hätte mit seinen meist volkstümlichen Klängen nur in Deutschland Erfolg gehabt, irrt. Schneider kann gar nicht mehr zählen, wie oft er und seine Freunde damals Konzerte in weit entfernten Ländern wie Kanada oder den USA gegeben haben. Eine Langspielplatte, die in der Orchestra Hall Chicago aufgenommen wurde, fand reißenden Absatz in den Staaten. In Deutschland absolvierten die drei einen Fernsehauftritt nach dem nächsten. Ob in »Lass Dich überraschen« oder »Musik ist Trumpf«, die Moosacher flimmerten immer öfter über die Fernsehschirme der Republik und lernten bei ihren Auftritten zahlreiche Prominente kennen. »Es gab damals keinen Künstler aus unserem Bereich, mit dem wir nicht zusammen waren«, erzählt Schneider, der unter anderem mit Stars wie Maria Hellwig arbeitete.

Trotz der nationalen und internationalen Erfolge blieb das Trio immer bodenständig. Das belegt eine Anekdote, die Schneider noch heute schmunzeln lässt: »Am Anfang unserer Karriere waren wir auf der Wiesn in der Bräurosl. Irgendwann schlug uns Wirt Willi Heide vor, am ersten und letzten Wiesntag im Zelt aufzutreten – auf Lebenszeit. Wir willigten per Handschlag ein und traten ab da an über 20 Jahre auf der Wiesn auf. Zwar hätten wir über die Jahre besser bezahlte Engagements haben können, aber der Handschlag zählte.« Der Erfolg der »3 lustigen Moosacher« hätte laut Schneider sicher noch länger angedauert, wäre da nicht der frühe Tod des Akkordeonspielers Hans Döring in der Silvesternacht zur Jahrtausendwende gewesen. Kurz bevor Döring zum Tanzen gehen wollte, erlitt der Musiker einen Schlaganfall und starb.

Nach dem Tod des Kollegen zogen Schneider und Niedermeier, der vier Jahre später verstarb, einen Schlussstrich unter das erfolgreiche Kapitel der »3 lustigen Moosacher«. Sehr zum Bedauern der zahlreichen Fans.

»Waggi« Schneider lebt schon seit geraumer Zeit in Gröbenzell. Moosach hat der 74-Jährige trotzdem nie vergessen und kennt die Vorzüge seiner alten Heimat: »Hier gibt es noch sehr viele Menschen, die hier geboren und geblieben sind.« Mindestens zwei Mal die Woche stattet er seinem alten Stadtteil einen Besuch ab – um sich fit zu halten. Schneider trainiert beim Post-Sport-Verein, bei dem er nun schon seit 50 Jahren Mitglied ist, in der Leichtathletikgruppe.

Trotz der zeitaufwändigen Musikerkarriere verlor der Hobbyathlet den Sport nie aus den Augen und belegte füher wie heute Bestplatzierungen bei den bayerischen Meisterschaften. Kürzlich holte sich der agile Rentner die bayerische Seniorenmeisterschaft im Dreikampf. Dass Schneider sich für seine sportlichen Erfolge in seinem alten Stadtteil vorbereitet erscheint logisch. Der »Waggi« und sein Moosach – das war und ist eben eine Erfolgsgeschichte. wei

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