Der 28. Januar 2025 geht in die Geschichte Haars ein: An diesem eher trüben Dienstag stieg die vormalige Gemeinde in den Rang einer Stadt empor. Beim Neujahrsempfang für geladene Gäste im Haarer Bürgerhaus war Bayerns Innenminister Joachim Herrmann anwesend und hatte die druckfrische Stadterhebungsurkunde dabei.
„Das ist auch für mich etwas besonderes”, betonte der Innenminister. Denn Stadterhebungen sind im Freistaat selten: Haar kommt erst als elfte Kommune seit Abschluss der Gebietsreform 1978 zu dieser Ehre. Die letzten bayerischen Gemeinden, die offiziell „befördert” worden sind, waren 2011 Olching und Puchheim, ebenfalls im Münchner Umland gelegen. Im Landkreis München ist Haar jetzt die dritte Stadt. Garching erhielt den Titel 1990, Unterschleißheim folgte 2000. In der nach Unterschleißheim aktuell zweitgrößten Kommune des Landkreises, Unterhaching, gibt es bisher keine Bestrebungen, Stadt zu werden.
„Die Bezeichnung Stadt [...] darf nur an Gemeinden verliehen werden, die nach Einwohnerzahl, Siedlungsform und wirtschaftlichen Verhältnissen der Bezeichnung entsprechen”, heißt es in der Gemeindeordnung des Freistaats. Haar zählt inzwischen rund 25.000 Einwohner, weist im Hauptort eine dichte und geschlossene Bebauung auf und hat als Klinikstandort eine überregionale Bedeutung. Deswegen hat der Freistaat dem Haarer Gesuch, Stadt zu werden, zugestimmt - im Gegensatz zum ersten Anlauf vor 25 Jahren, als der Antrag zur Stadterhebung aus „verschiedenen Gründen nicht weit rollte”, wie es Bürgermeister Andreas Bukowski in seiner Rede formulierte. Diesmal schon: Die über 600 Seiten starke Bewerbung durchlief das Landratsamt, die Regierung von Oberbayern, das Hauptstaatsarchiv und schließlich das Bayerische Innenministerium. Am 2. September 2024 kam der positive Bescheid aus München.
Ein Unterschied zwischen den beiden Anträgen sei laut Bukowski vor allem das jetzige Bekenntnis zur psychiatrischen Klinik, die ein Alleinstellungsmerkmal Haars ist - im Gegensatz zu früher ein zunehmend positives. Das hängt auch damit zusammen, dass Erkrankungen der Psyche in der „Mitte der Gesellschaft” angekommen sein, erstgenommen würden, meinte der Rathauschef. Die dunkle Geschichte der früheren „Heil- und Pflegeanstalt”, wo in der Nazi-Zeit fast 4000 Menschen erwordet wurden, wird in Haar durch verschiedene Projekte aufgearbeitet, zum Beispiel durch einen Erinnerungsort auf dem Klinikgelände, durch das Musical „Villa Haar” oder durch ein Theaterstück am Ernst-Mach-Gymnasium. Überregionale Bedeutung erhält Haar zudem als Sitz des Katastrophenschutzzentrums des Landkreises München.
Im Gegensatz zu früheren Zeiten, als mit einer Stadterhebung noch das Marktrecht oder das Recht, eine Befestigungsanlage zu errichten, verbunden war, ändert sich für Haar nun rechtlich nichts: Gemeinden, Märkte und Städte haben in Bayern die gleichen Rechte und Pflichten. Für die Bürgerinnen und Bürger bleibt formell alles wie gehabt. Vor allem gut für das Image soll es sein, künftig als Stadt zu firmieren. In diesem Zuge hat Haar sein Wappen aufgewertet (auf diesem prangt nun „Stadt Haar”) und seinen bisherigen Gemeinderat zum Stadtrat befördert. Außerdem werden aus den Gemeindewerken die Stadtwerke und aus der Gemeindebücherei die Stadtbücherei. Und neue Ortsschilder gibt es natürlich auch.