Heuer jährt sich das Ende des Zweiten Weltkrieges zum 80. Mal. Mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht vor den alliierten Mächten USA, Großbritannien, Frankreich und der Sowjetunion im Mai 1945 begann gleichsam eine neue Zeitrechungung in Deutschland und somit auch in München. Oft wird von der „Stunde Null” gesprochen, doch die Befreiung vom Nationalsozialismus, auch in den Köpfen der Menschen, geschah nicht auf einen Schlag. Sie war ein langsamer Prozess, der sich über Jahre hinzog.
Am 8. Mai 1945, der als Tag der Befreiung gilt und im angloamerikanischen Raum als „VE-Day”, also Victory in Europe-Day, bezeichnet wird, war nicht auf einen Schlag alles anders. Für manche war es eine Befreiung, für andere ein Tag der Kapitulation und Niederlage. Das Ende der Diktatur durch die Nationalsozialisten ließ noch keinen echten Neuanfang zu. Deutschland war ein in Trümmern liegendes und von den Alliierten besetztes Land in einer Übergangsphase, die zwar Momente des Friedens enthielt und Hoffnung auf eine bessere Zeit, aber noch keine klare Strategie.
Die Zeit ist geprägt durch das Mit- und Nebeneinander von Holocaustüberlebenden und Hinterbliebenen der Vernichtung, von Verschleppten und Entwurzelten, Geflüchteten und Vertriebenen. In Bayern waren die Mitglieder der amerikanischen Streitkräfte präsent und – wie in ganz Deutschland – aus dem Exil zurückgekehrte Deutsche. Sie alle stellten die Weichen für das heutige demokratische Zusammenleben.
Mit dieser Zeit des Umbruchs und des Neuanfangs in München beschäftigt sich das Kulturprogramm „1945 – 2025 Stunde Null? Wie wir wurden, was wir sind” von ›Public History‹, der Abteilung des städtischen Kulturreferates, die sich mit der Erinnerungskultur beschäftigt und diese der Öffentlichkeit vermittelt.
Dieses stadtweite Programm geht in einer Reihe von Veranstaltungen bedeutenden Fragen nach. So wird beispielsweise nach den Grundlagen für das Entstehen einer Demokratie gesucht und der Umgang mit dem nationalsozialistischen Erbe beleuchtet.
Insgesamt laden mehr als 220 Veranstaltungen von Januar bis Mai zu öffentlichem Nachdenken und Austausch ein, zu Lesungen, Vorträgen und Ausstellungen, zu Kunstaktionen und Kunstgesprächen, zu Rundgängen und Radtouren, zu Film und Musik – rund zwei Drittel davon bei freiem Eintritt.
Eine davon ist die Vorführung des Films „Ruinenschleicher und Schachterleis” im Filmmuseum am St.-Jakobsplatz 1, bei der Filmemacher Michael von Ferrari und Zeitzeugen anwesen sind. Es geht darum, wie Kinder und Jugendliche die Zeit nach 1945 – in einer weitgehend zerstörten Stadt – erlebten; wie es war, im Schatten der Vergangenheit aufzuwachsen und wie sie die langsam wachsende Demokratie empfanden. 28 Frauen und Männer erzählen im Film, unter ihnen Fotografin Heidi Fruhstorfer. Im Anschluss wird der Filmemacher mit den Gästen über Themen des Films sprechen. Der Eintritt kostet 4 Euro; Karten sind unter der Adresse www.muenchner-stadtmuseum.de/sammlungen/filmmuseum/ und an der Abendkasse ab sieben Tage im Voraus erhältlich. Der Film ist auch auf DVD erschienen und für 17 Euro an die IBAN DE11 2004 1144 0617 8537 00 bei „München-Zeitreisen” bestellbar. Als Verwendungszweck dabei bitte die vollständige Lieferadresse angeben. Da die Auflage auf 1.000 Stück limitiert ist, können maximal zwei DVDs bestellt werden.
Eine Ausstellung im Amerikahaus am Karolinenplatz 3 zeigt in Fotografien den amerikanischen Blick auf das Ende des Krieges in Europa. Die Kriegsfotografin Lee Miller begleitete amerikanische Soldaten von der Landung in der Normandie bis zur Befreiung des KZs Dachau. Unerschrocken zeigt sie Leid und Zerstörung des Krieges. Die Ausstellung ist vom Samstag, 1. Februar, bis zum Donnerstag, 31. Juli, von montags bis donnerstags von 10 bis 17 Uhr, freitags von 14 bis 18 Uhr und samstags von 10 bis 18 Uhr bei freiem Eintritt zu sehen.
Zur Vernissage wird am Freitag, 31. Januar, um 19.00 Uhr eingeladen.
Durch ihre US-Staatsbürgerschaft konnte Lee Miller als Korrespondentin nach Europa reisen. An der Front waren Frauen aber nicht zugelassen. Nur durch ihre Hartnäckigkeit setzte sie sich im männlich dominierten Umfeld des Militärs durch und konnte so die Streitkräfte an der Front und auf ihrem Weg durch das zerstörte Deutschland fotografieren.
Einen Online-Vortrag des Münchner Bildungswerkes gibt am Montag, 3. Februar, von 18.00 bis 19.30 Uhr. Er trägt den Titel „Kirche in Trümmern. Das Kriegsende 1945 in München” und gibt mittels zeitgenössischer Betrichte und Fotos einen Einblick in die Gefühlslage zwischen Niederlage, Befreiung und Neubeginn. Für 13 Euro kann man via Zoom daran teilnehmen; die Anmeldung erfolgt über die Adresse sekretariat@muenchner-bildungswerk.de
Als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging und München in Trümmern lag, stellten kommunale und staatliche Stellen ihre Tätigkeit ein. Die Kirche jedoch funktionierte weiter – nicht nur mit der Feier von Gottesdiensten. Sie nutzte ihre Strukturen auch, um Zerstörungen und die Ereignisse bei Kriegsende in Wort und Bild zu dokumentieren. So entstand ein einmaliger Fundus von Berichten und Fotografien, der heute im Archiv des Erzbistums verwahrt wird. Roland Götz vom Archiv wird den Vortrag halten.
Studierende der Empirischen Kulturwissenschaft der LMU München nehmen am Samstag, 8. Februar, von 11.00 bis 13.00 Uhr mit auf einen Stadtrundgang. Sie zeigen verschiedene Stationen zur Nachkriegsgeschichte 1945 von 1955 in München und machen Stadtgeschichte vor Ort sichtbar. Ein Thema sind dabei die Münchner Strategien des Wiederaufbaus – von der traditionellen Symbolik des Alten Peters über die Rekonstruktion der Residenz bis zur modernen Architektur der Maxburg. Daneben werden viele andere Schlüsselthemen der Nachkriegszeit gestreift. Treffpunkt ist am Brunnen am Karlsplatz (Stachus). Die Veranstaltung ist barrierefrei.
Das gesamte Programm der Veranstaltungsreihe „1945 – 2025 Stunde Null? Wie wir wurden, was wir sind” steht unter der Adresse public-history-muenchen.de/wp-content/uploads/Stunde-Null-online-barrierefrei-klein.pdf als PDF zum Download bereit.
Eine gedruckte Broschüre ist kostenlos bei allen Veranstaltungspartnern im Stadtraum München erhältlich, beispielsweise dem NS-Dokumentationszentrum, dem Literaturhaus, dem Jüdischen Museum und bei vielen weiteren.