Immer wieder berichten uns Leser von Problemen mit rücksichtslos auf Gehwegen abgestellten E-Scootern. Seit zwei Jahren erhalten wir immer wieder Bilder von solchen Stolperfallen. Von einem „E-Scooter-Chaos” wollen die, die mit den kleinen Flitzern ihre Brötchen verdienen, aber nichts wissen. „Die Anbieter nehmen Beschwerden über falsch abgestellte E-Scooter sehr ernst”, erklärte jetzt ein Sprecher des E-Scooter-Anbieters Voi - und überschrieb sein Erstnehm-Versprechen mit der Behauptung „'E-Scooter-Chaos' ist ein überholtes Vorurteil”. Das tat er im Namen der Plattform Shared Mobility (das ist ein Verbund der Verleih-Firmen Bolt, Lime, Uber und Voi).
Einmal mehr erzählte der Sprecher, man ergreife „umfassende Maßnahmen”, um Falschabstellungen zu verhindern bzw. gegebenenfalls zu beheben. Zugleich klagte er sein Leid mit Bürgern, die sich dennoch nicht mit den Stolperfallen abfinden: „In der öffentlichen Diskussion genügt oft die gefühlte Wahrnehmung, um vermeintlich chaotische Zustände zu beanstanden.”
Das Straßenbild habe sich seit der Einführung von festen Abstellflächen schließlich signifikant verbessert, sagt der Voi-Mann. Ja - aber die gibt es nur in auserkorenen Bereichen der Stadt.
675 solcher Flächen soll es geben. Ja - aber erst Ende 2026.
Außerdem habe man dank zusätzlicher Kontrollen „spürbare Verbesserung” erwirkt, sagt der Voi-Mann. Ja - aber das bezieht er auf punktuelle, kurze Zeitspannen (wie Fußballeuropameisterschaft oder Oktoberfest).
„Daten aller Anbieter belegen, dass 99 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer die Roller ordnungsgemäß parken”, behauptet der Voi-Sprecher.
Annähernd zehn Millionen Fahrten wurden 2023 in München auf E-Scootern zurückgelegt, so die Anbieter-Zahlen. Die Plagegeister (für die einen) seien daher unverzichtbar (für die anderen): „Viele Menschen haben den E-Scooter und andere Sharing-Zweiräder bereits so in ihren Mobilitätsalltag integriert, dass ein Wegfall dieses Angebots dem Verbot des privaten Autos gleichkäme”, glaubt Martin Becker, Vorsitzender der Plattform Shared Mobility. Ohne Scooter & Co würden auch in einer ÖPNV-Stadt wie München „tausende Bürgerinnen und Bürger ihrer Individualmobilität beraubt”.
In ihrer „Individualmobilität” zumindest eingeschränkt durch behindernd abgestellte Roller sehen sich dennoch viele Bürger, insbesondere sehbehinderte. Das zeigen auch die Zuschriften unserer Leser. In seinem aktuellen Schreiben meint der Voi-Sprecher, man wolle „die Diskussion um die Zukunft der Mikromobilität in München konstruktiv begleiten” - und wischt gleich mit dem nächsten Satz eine solche Diskussion vom Tisch: „Die Diskussion kommt zur falschen Zeit”.