Veröffentlicht am 02.12.2024 16:18

Ist München sicher? Polizei und KVR diskutieren


Von Benjamin Schuldt
Über 100.000 Straftaten registrierte die Münchner Polizei im Jahr 2023. Dennoch ist München statistisch gesehen die sicherste Großstadt Deutschlands. (Symbolbild: mha)
Über 100.000 Straftaten registrierte die Münchner Polizei im Jahr 2023. Dennoch ist München statistisch gesehen die sicherste Großstadt Deutschlands. (Symbolbild: mha)
Über 100.000 Straftaten registrierte die Münchner Polizei im Jahr 2023. Dennoch ist München statistisch gesehen die sicherste Großstadt Deutschlands. (Symbolbild: mha)
Über 100.000 Straftaten registrierte die Münchner Polizei im Jahr 2023. Dennoch ist München statistisch gesehen die sicherste Großstadt Deutschlands. (Symbolbild: mha)
Über 100.000 Straftaten registrierte die Münchner Polizei im Jahr 2023. Dennoch ist München statistisch gesehen die sicherste Großstadt Deutschlands. (Symbolbild: mha)

Ist München sicher? Mit dieser Frage hatten das Polizeipräsidium München und der Verein Münchner Blaulicht zu einer Talkrunde in das MVG Museum eingeladen. Statistisch steht München im deutschland- und sogar europaweiten Vergleich in puncto Sicherheit hervorragend da. Doch nicht jeder und jede fühlt sich in der Isarmetropole jederzeit sicher.

Münchens Polizeipräsident Thomas Hampel schläft nachts nach eigenen Angaben nur vier bis viereinhalb Stunden. Das liegt allerdings nicht daran, dass ihm die Lage in der Stadt schlaflose Nächte bereitet. Er schlafe sogar sehr ruhig, betonte Hampel und schätze sich glücklich, oberster Gesetzeshüter in der sichersten Großstadt Deutschlands und sogar Europas zu sein. Auf die Frage von Moderator Tobias Kurzmaier, wie sicher er sich auf einer Skala von 1 bis 10 in München fühle, antwortete Hampel mit 9.

Die Zahlen mögen Hampel, der seit vier Jahren das Polizeipräsidium München leitet, recht geben: Objektiv gesehen, also im Vergleich zu anderen Metropolen, lässt es sich an der Isar sorgenfrei leben. Die Kriminalstatistik 2023 weist München als sicherste Großstadt Deutschlands aus - zum 48. Mal in Folge. Zwar ist die Gesamtzahl der Straftaten (101.539) in Stadt und Landkreis München gegenüber 2022 um fast 11 Prozent gestiegen, im Zehn-Jahres-Vergleich aber - bei konstant zunehmender Einwohnerzahl - um 6,6 Prozent gesunken. Die Aufklärungsquote der Münchner Polizei lag 2023 bei 62 Prozent.

„Wir haben uns unwohl gefühlt”

Kaum eine Rolle spielen Zahlen jedoch, wenn es um das subjektive Empfinden geht - das wurde bei der Talkrunde klar. Einige Wortmeldungen gab es aus dem Publikum, die meisten von Frauen, die sich nicht immer sicher in der Millionenstadt fühlen. Sie traue sich nicht mehr, abends mit der U-Bahn zu fahren und nehme lieber das eigene Auto oder ein Taxi, gestand eine Bürgerin. Eine zweite schilderte, wie sie in einem Linienbus von einem offensichtlich Verwirrten mit einem Feuerzeug bedroht worden sei. Und eine dritte erzählte, wie sie abends gegen halb elf mit einer Freundin vom Stachus zum Marienplatz spazierte. Horden von Jugendlichen seien in der Fußgängerzone unterwegs gewesen. Permanent wurden die beiden Frauen angesprochen, nach einem Feuerzeug oder Taschentuch gefragt. „Wir haben uns unwohl gefühlt”, berichtete die Frau: „Das machen wir nicht mehr!”

Die Sorgen und Ängste wollte der Polizeipräsident nicht wegdiskutieren. Zumindest schwere sexuelle Delikte wie Vergewaltigungen kämen in München sehr selten vor, versicherte Hampel. Einzelfälle gibt es dennoch: Am 23. November, gegen 21.45 Uhr, wurde im Petuelpark eine 36-Jährige von einem 31-Jährigen zu Boden gedrückt. Der Mann versuchte, die Frau zu vergewaltigen, flüchtete aber, nachdem sie laut um Hilfe gerufen hatte und Passanten aufmerksam geworden waren. Ein Helfer konnte den Täter einholen und der zwischenzeitlich verständigten Polizei übergeben.

Nicht zögern, die 110 zu wählen

Der Vorfall zeigt, dass Zivilcourage und Aufmerksamkeit so manches Verbrechen verhindern können. Der Verein Münchner Blaulicht, dessen Vorsitzender Robert Kopp zur Talkrunde gehörte, bietet hierfür regelmäßig Kurse an, die allen Interessierten offen stehen. Wer sich bedroht fühlt oder eine Straftat beobachtet, solle zudem nicht zögern, die Notrufnummer 110 zu wählen, meinte Hampel - lieber einmal zu viel als zu wenig. Kaum Handhabe hat die Polizei jedoch, wenn zum Beispiel grölende Jugendgruppen durch die Fußgängerzone ziehen, aber niemanden aktiv belästigen oder bedrohen. Wird es zu laut, können die Beamten zwar Platzverweise erteilen. Das verlagert das Problem aber meist nun an andere Orte.

Ist München nun also sicher? Eine allgemein gültige Antwort brachte der Abend nicht. Denn Hampel erläuterte auch, dass Delikte, die von Geflüchteten begangen werden, bundesweit zugenommen haben. Das gilt ebenso für München. Hinzu kommt, dass die Täter, vor allem bei Gewalt- und Raubdelikten, immer jünger werden. „Das hängt auch mit den Krisen der vergangenen Jahre zusammen”, betonte Hampel: „Das geht nicht spurlos an den jungen Menschen vorüber.” Für die Münchner Polizei gilt: Präsenz in der Stadt zeigen und präventiv wirken, dazu Straftaten möglichst schnell aufklären und die Täter dingfest machen. Alles andere liege in der Verantwortung von Justiz und Politik, sagte der Polizeipräsident.

„Brennpunkt” Alter Botanischer Garten

Als „Brennpunkt” des Verbrechens in München benannte Thomas Hampel den Alten Botanischen Garten, wo immer wieder Gewalttaten vonstatten gehen, wie Ende Oktober, als ein 57-Jähriger zu Tode geprügelt wurde. Dabei kämen in der Regel Täter und Opfer beide aus dem Drogenmilieu, erläuterte Hampel. Die im Alten Botanischen Garten eingeführte Videoüberwachung helfe dabei, die Täter schnell zu ermitteln, ergänzte der Polizeipräsident: „Das trägt zum Sicherheitsgefühl bei.”

Die Stadt München habe so manches unternommen, um den Park nordöstlich des Hauptbahnhofs aufzuwerten, berichtete Stadtdirektor Sebastian Groth, der als Vertreter des Kreisverwaltungsreferats (KVR) in der Talkrunde saß. So sind ein Basketballplatz und eine Skateranlage angelegt worden, die Beleuchtung wurde verbessert. Im Sommer gab es einen alkoholfreien Biergarten am Karl-Stützel-Platz und einen Musik-Biergarten am Neptunbrunnen. „Die Menschen müssen sich wieder in den Alten Botanischen Garten reintrauen”, meinte Groth, musste aber eingestehen, dass solche „kleinteiligen Maßnahmen” nicht ausgereicht hätten.

Am 17. Dezember befasst sich der Münchner Stadtrat nun mit einem Maßnahmenpakat, dass die Sicherheit im Alten Botanischen Garten erhöhen soll. Darin enthalten sind ein Verbot von Alkohol, Waffen und Cannabis im Park und dem näheren Umfeld. Am Hauptbahnhof habe das Alkoholverbot bereits einen Rückgang der Gewalttaten bewirkt, berichtete Hampel. Verbunden mit verstärkten Polizeikontrollen, den Videokameras und weiteren Aktionen zur Belebung des Parks soll der Alte Botanischen Garten wieder ein sicherer Ort werden. Und München insgesamt soll es natürlich bleiben.

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