Veröffentlicht am 24.11.2010 00:00

Giesing/Harlaching · Kritik am Weihnachtsmarkt


Von red

Ein Brief von SPD-Stadtratsfraktionschef Alexander Reissl an seinen Parteigenossen und Münchner Oberbürgermeister Christian Ude hat jetzt im Bezirksausschuss Untergiesing-Harlaching zu einer höchst kontroversen und emotional aufgeheizten Diskussion zwischen den Mitgliedern der unterschiedlichen Fraktionen geführt.

Reissl wollte in seiner Anfrage vom Montag vergangener Woche vom OB wissen, ob der von der Untergiesinger Initiative »Mehr Platz zum Leben« initiierte und organisierte Weihnachtsmarkt am Hans-Mielich-Platz nicht gegen einige Stadtregularien verstoße. Explizit wollte der SPD-Frontmann wissen, ob denn der Markt gleich durch mehrere städtische Stellen finanziell gefördert werde und ob auch das Neutralitätsgebot der Stadt als verletzt anzusehen sei – weil bei der mehrtägigen Vorweihnachtssause nur Grünen-Vertreter auf der Rednerliste erschienen.

Emotionen kochen hoch

Was im BA folgte, war politischer Lokalkolorit pur. Immerhin: bei der Beschlussfassung zum Thema fand der BA zu einer nach Ausmaß der Diskussion fast schon überraschenden, weitgehenden Einmütigkeit zurück: so wurde Stadtrat Reissl nach einmütigem Votum aller Mandatare in die kommende BA-Sitzung (Dienstag, 21. Dezember, 19.30 Uhr, Gaststätte Gartenstadt, Mangfallplatz) eingeladen, um zu seinen Ausführungen vor dem Bezirksausschuss Stellung zu nehmen. Vor allem aber versicherten alle BA-Mitglieder ebenso im Chor, hinter der Veranstaltung zu stehen. Schließlich hatte man ja vor einigen Monaten bereits genauso votiert. Doch bis zur Einmütigkeit war es an diesem Abend ein langer und stellenweise auch tränenreicher Weg. Melly Kieweg (parteifrei, für die Grünen im BA) ist nicht nur BA-Vizevorsitzende, sondern auch Hauptorganisatorin des Weihnachtsmarktes.

Tränen der Entrüstung

Die deutlichen Böller des SPD-Rathauschefs Reissl freilich trieben ihr Tränen in die Augen. Angesichts von 60 Ehrenamtlichen bei der Organisation des Festes, Vorfreude in der Bevölkerung und grundsätzlicher Einmütigkeit im BA auch nicht verwunderlich. »Das ist ein Vorstoß aus Neid und Missgunst«, schimpfte sie gen SPD. »Dann müssen wir das Fest halt ausfallen lassen«. Gegen keinerlei Regeln und Gebote habe man seitens der Organisatoren verstoßen – schon gar nicht mehrere städtische Fördertöpfe verbotswidrig angezapft. »Die Referate standen uns lediglich beratend zur Verfügung«. Doch die Vorwürfe hätten eine klare politische Zielrichtung – »und ein deutliches Geschmäckle«, kritisierte Grünen-BA-Mitglied Braren Braar. Denn auch die Auflagen des Kreisverwaltungsreferates seien kruder gestrickt als in den Vorjahren. »Da kann man sich seinen Teil sicher denken, woher das kommt,« so Braar. »Es ist insgesamt ein Kasperltheater sondersgleichen und sogar ein unglaublicher Vorgang seitens der SPD«, blies BA-Chef Thomas Schwindel (CSU) ins gleiche Horn. Er äußerte Unverständnis gegenüber dem Vorstoß, der in innere BA-Belange eingreife und zudem einen einmütigen Beschluss des Gremiums konterkariere. »Zwischen Rot und Grün sieht es wohl auch im Rathaus nicht mehr gut aus«, ergänzte CSU-BA-Fraktionssprecher Clemens Baumgärtner.

Kopfschütteln auch bei der FDP im BA. Deren Sprecher Günther Görlich äußerte vor allem Unverständnis über den Zeitpunkt des Reissl-Papiers. »So kurz vor dem Fest gefährdet dieser unverständliche Brief vor allem auch die Durchführung des Marktes«. Eine durchaus schwierige (Selbst-)verteidigung hatte in der Frage die örtliche SPD zu vollführen. Einerseits zeigten Redner wie die BA-Fraktionssprecherin Christa Knappik, BA-Vize Willi Hanseder oder Helmut Krumbholtz Verständnis für die Anfrage ihres Rathaus-Genossen. Andererseits räumten sie auch ein, von der Anfrage bis dato gar nicht gewusst zu haben. Man solle doch Ruhe bewahren und nicht allzu emotional agieren, meinte der örtliche SPD-Stadtrat.

Sachliche Aufarbeitung

Es gelte zunächst, Reissls Anfrage »sachlich zu klären«. Das soll jetzt mit der Einladung an den SPD-Stadtratsfraktionschef auch passieren. Sollte er kommen, dürfte es indes nicht wirklich ein gemütlicher Abend werden. Immerhin: der Weihnachtsmarkt soll stattfinden. »Es gibt keine offenen Fragen«, so Kieweg wie Schwindel. Das werde man auch Herrn Reissl mitteilen. »Gespannt sind wir aber heute schon auf die Antwort des Oberbürgermeisters«, so der BA-Vorsitzende. Vor Ostern wird der BA diese sicherlich nicht bekommen.

Harald Hettich

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