Gleich zu Beginn macht Brigitte Meier beim »Treffpunkt Politik« der Moosacher SPD den Sozialdemokraten ein großes Kompliment: Bis zu ihrem Antritt als Münchens neue Sozialreferentin im Juni 2010 habe sie im »schönen Moosach« gewirkt, beruflich, als Geschäftsführerin der Anderwerk GmbH. Zugleich war sie damals auch Stadträtin.
In ihrem neuen Amt als Sozialreferentin ist sie inzwischen eine von drei innerparteilichen OB-Kandidaten und begab sich nun sozusagen in die Höhle des Löwen. Kommt doch Mitbewerber Alexander Reissl, Chef der SPD-Stadtratsfraktion, aus Moosach. Er und Wirtschaftsreferent Dieter Reiter konkurrieren ebenso wie Sozialreferentin Meier bei der nächsten Kommunalwahl im Frühjahr 2014 um die Nachfolge von Christian Ude im Amt des Münchner Oberbürgermeisters.
Die frühere Stadträtin spricht über das Thema »München eine Stadt für alle«. Meier zeigt vor den rund 30 Moosacher Genossen in der Gaststätte »Alter Wirt« ihre Visionen und Pläne für eine nachhaltige Stadtpolitik auf. Eine der größten Herausforderungen sei der Zuzug: Bis zum Jahr 2030 würden 130.000 bis 140.000 Menschen mehr in München leben, berichtet Meier von einer entsprechenden Prognose der Kollegen im Planungsreferat. »In meinem Referat geht man von einem Zuzug von bis zu 250.000 Menschen bis im Jahr 2030 aus«, betont die Sozialreferentin. So oder so, die Wohnungssituation werde sich dadurch verschärfen. Man müsse den Zuzug so bewältigen, dass die angestammte Bevölkerung in ihren Wohnungen bleiben und keine Mietpreisspirale hinnehmen müsse. Weil die Flächenreserven in München für den Bau neuer Wohnungen zu Ende gingen, müsse man überlegen, »wo macht die Nachverdichtung Sinn?«, auch wenn dies »eine Riesen-Debatte in den Quartieren auslösen wird.« Der soziale Wohnungsbau dürfe nicht geballt an einem oder zwei Standorten in München stattfinden, sondern müsse vielmehr in allen 25 Münchner Stadtvierteln erfolgen auch in sehr guten wie Harlaching und Bogenhausen.
Meier plädiert außerdem dafür, die Bezirksausschüsse zu stärken auch »wenn mancher mich den letzten Nerv kostet, andere nicht!« Sofort widerspricht die Moosacher Bezirksausschussvorsitzende Johanna Salzhuber (SPD) und stellt klar: »wir nicht!« Meier will die Bezirksausschüsse unter anderem beim Bau der Stadt von sogenannten Compro-B- und Compro-C-Häusern für Wohnungslose künftig mehr in diese Projekte einbinden. Das ist ein heißes Thema in Moosach: Denn ausgerechnet »da vorne am Moosacher Stachus, auf einem tollen Grundstück« an der Ecke Bunzlauer-/Gubestraße, wolle die Stadt ein Compro-B-Haus errichten, sagt Bezirksausschussmitglied Claudia Wocher (SPD) und fügt hinzu: »Die Stadtregierung beschließt. Und wir müssen das schlucken. Das ist irgendwie unsensibel.« In dem Komplex ist außer den Sozialwohnungen auch eine Krippe geplant.
Ein Moosacher Genosse hat indes ganz andere Sorgen: Pro forma erkundig er sich, ob er denn die OB-Kandidatin alles fragen dürfe, bohrt sofort nach und will wissen, wie es denn bei einer Frau als Oberbürgermeisterin wohl mit dem berühmt-berüchtigten Anzapfen des ersten Fasses Bier auf dem Oktoberfest wäre. Die Frage nach dem Wiesn-Anstich also: »Ich kanns nicht«, gesteht Meier ein und gibt sich trotzdem optimistisch: »Mein Papa hat gesagt, das Anstechen bringe ich dir bei.« OB-Kandidat Reissl, vom Moosacher Maifest und anderen Stadtteilfeiern bereits ein geübter Könner dieser Zeremonie, sagt lachend: »Das ist eine Niederbayerin. Die haut schon drauf!« Geboren am 2. Januar 1965 in Simbach am Inn, wuchs Meier auf einem Bauernhof auf und kam zum Studium nach München (Sozialarbeit/Sozialpädagogik an der Katholischen Stiftungsfachhochschule sowie Pädagogik, Psychologie und Soziologie an der LMU). Von 1996 bis 2010 war sie Stadträtin und sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion.
Ein anderer Sozialdemokrat aus Moosach hegt hingegen keinerlei Ressentiments gegen eine Frau in der Position des Oberbürgermeisters, ganz im Gegenteil: Wenn im innerparteilichen Karussell der OB-Kandidaten »eine Frau dabei ist, tut das gut«, betont der Genosse und erntet prompt von einer Genossin ein lautes »bravo« als Zwischenruf.
Nach vielen Themen wie Integration und sozialer Gerechtigkeit beendet Meier ihren Vortrag mit einem Zitat von Hans-Jochen Vogel: Er habe am 27. März 1960 nach seiner ersten Wahl zum Münchner Oberbürgermeister unter anderem folgendes gesagt: »München soll eine Stadt sein, in der die Menschen erfüllter, glücklicher und menschlicher sind als anderswo.« Dieses Zitat habe auch 51 Jahre später noch Gültigkeit, betont die OB-Kandidatin.
W Schmidt