Veröffentlicht am 01.09.2011 00:00

Pastetten · Jungfräulicher Asphalt


Von red
Marcel Huber, Peter Ramsauer, Andreas Scheuer, Cornelia Vogelfänger, Stephan Mayer und Paul Lichtenwald (v.l.) geben symbolisch den Weg frei.	 (Foto: S. Föll)
Marcel Huber, Peter Ramsauer, Andreas Scheuer, Cornelia Vogelfänger, Stephan Mayer und Paul Lichtenwald (v.l.) geben symbolisch den Weg frei. (Foto: S. Föll)
Marcel Huber, Peter Ramsauer, Andreas Scheuer, Cornelia Vogelfänger, Stephan Mayer und Paul Lichtenwald (v.l.) geben symbolisch den Weg frei. (Foto: S. Föll)
Marcel Huber, Peter Ramsauer, Andreas Scheuer, Cornelia Vogelfänger, Stephan Mayer und Paul Lichtenwald (v.l.) geben symbolisch den Weg frei. (Foto: S. Föll)
Marcel Huber, Peter Ramsauer, Andreas Scheuer, Cornelia Vogelfänger, Stephan Mayer und Paul Lichtenwald (v.l.) geben symbolisch den Weg frei. (Foto: S. Föll)

Seit Donnerstagmorgen, 9 Uhr, rollt der Verkehr über das neue Autobahn-Teilstück der A 94 zwischen den Anschlussstellen Hohenlinden und Pastetten.

Am Mittwoch durchschnitten im Rahmen eines Festakts Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, der Staatsminister und Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, Marcel Huber, der parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Andreas Scheuer, der Präsident der Autobahndirektion Südbayern, Paul Lichtenwald, der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer sowie die Erste Bürgermeisterin von Pastetten, Cornelia Vogelfänger, feierlich das Band für die neuen 6,2 Kilometer Autobahn. Auf diesen Moment hatte man 31 Jahre lang gewartet – zumindest war die landesplanerische Beurteilung bereits im Juli 1980 vorgenommen worden, einen Vorentwurf gab es im Dezember 1987, der Planfeststellungsbeschluss wurde im März 2002 gefasst.

Doch dann war immer wieder gegen den Weiterbau der A 94 Richtung Passau geklagt worden – in erster Linie vom Bund Naturschutz, da die Autobahn das Isental bei Dorfen tangiert, eines der letzten, unverbauten Flusstäler Bayerns, aber auch von privaten Klägern wie Landwirten, und von der Gemeinde Pastetten.

Für die Bayerische Staatsregierung gibt es jedoch einen guten Grund, den Bau der A 94 voranzutreiben: Sie verbindet die Landeshauptstadt München mit dem sogenannten Chemiedreieck Trostberg-Burghausen-Waldkraiburg, wo sich seit 1908 zahlreiche Betriebe der chemischen Industrie angesiedelt haben. „Ich frage mich, wie lange wir es uns in Deutschland noch leisten können, solche wichtigen Projekte so lange zu verzögern“, sagte Ramsauer in seiner Festrede, „und ich ärgere mich, dass gegen die weiteren Abschnitte auch schon wieder prozessiert wird, obwohl wir alle Aspekte des Lärmschutzes, Artenschutzes und weiterer ökologischer Punkte berücksichtigen.“ Auch sollten die Gegner bedenken, dass mit der A 94 die unfallträchtige B12 entlastet werde. Diejenigen, die den Bau „vorsätzlich verzögern, müssen sich auch darüber klar sein, dass sie dadurch mitverantwortlich an weiteren Unfällen auf der B 12 sind“, sagte Ramsauer, der selbst in Ampfing lebt. Auf der mittlerweile als „Todesstrecke“ bezeichneten Bundesstraße ist nach Aussagen des Landratsamtes das Risiko, im Abschnitt zwischen Forstinning und Ampfing getötet oder zumindest schwer verletzt zu werden, um bis zu viermal höher als auf allen bayerischen Autobahnen.

Marcel Huber hob in seiner Rede die wirtschaftliche Bedeutung der A 94 hervor. Mit ihr würde die Zukunft des Chemiedreiecks und damit rund 25.000 Arbeitsplätze allein in der chemischen Industrie gesichert. Hinzu kämen weitere 50.000 Arbeitsplätze im Handwerk. „Der Handwerker, der sich in München um 5 Uhr ins Auto setzt, um sich um 6 Uhr bei Hohenlinden in den Stau zu stellen, weiß, wovon ich rede“, sagte Huber. Überzeugt ist er davon, dass „wirtschaftlicher Erfolg und Natur zusammengehen“. Der „Kriechende Scheiberich“ (Apium repens), eine geschützte, seltene Sellerie-Art, sei erfolgreich umgesetzt worden und seine Bestände hätten sich mittlerweile verdreifacht, berichtete er schmunzelnd. Auch das Thema Lärmschutz habe man innovativ gelöst. Der gesamte Abschnitt dient als Versuchs- und Erprobungsstrecke für lärmarme Straßenbeläge, sogenannten Flüsterasphalt.

Bezüglich Lärmschutz ist auch Pastettens Bürgermeisterin inzwischen zufrieden: „Hier hat sich Gott sei Dank noch einiges getan!“ 30 Jahre lang habe die Gemeinde gegen den Autobahn-Bau gekämpft, „jetzt machen wir das Beste daraus“. Zwar warteten viele Landwirte immer noch auf ihre Entschädigung, die Feuerwehr, deren Zusatzausbildung eine Menge Geld und Zeit gekostet habe, hätte in Zukunft wohl mehr Einsätze, und für die Ortsteile Reithofen und Harthofen bedeute die Trasse eine höhere Verkehrsbelastung, „aber Veränderung kann auch positiv sein. Ich hoffe, dass wir uns beim Ausbau der Bundesstraße durch Pastetten finanziell nicht zu sehr an den Gehsteigen beteiligen müssen“, sagte Vogelfänger. Doch die „Trasse Dorfen“ hat nicht nur Anhänger aus der Staatsregierung. 1995 hatte sich der Verein „Ja zur A 94 e.V.“ gegründet, der sich aufgrund wirtschaftlicher Interessen vehement für den Bau einsetzt – unter dem Vorsitz von Günther Knoblauch, Erster Bürgermeister der Stadt Mühldorf a.

Inn.

Auch zahlreiche Bürger, die in Orten entlang der B 12 wohnen, waren mit Transparenten „A 94 – Weiterbau jetzt!“ erschienen, weil ihnen die Abgase des Lkw-Verkehrs im wahrsten Sinne des Wortes stinken. „Eine Autobahn verbindet und so sollen auch die Menschen verbunden sein“, sagte der evangelische Pfarrer Bernd Reichert, der zusammen mit Pater Johannes Streitberger die Segnung des Autobahnabschnittes vornahm, ein Ritual, „das, so lange ich Bundesverkehrsminister bin, auch so bleiben wird. So weit die Botschaft aus dem heidnischen Berlin!“, sagte Ramsauer. Bis 2018 sollen auch die beiden weiteren Teilstrecken der „Trasse Dorfen“ Pastetten-Dorfen und Dorfen-Heldenstein abgeschlossen sein. Damit wäre die Lücke zwischen Forstinning und dem derzeit in Bau befindlichen Abschnitt Heldenstein-Ampfing geschlossen. 49,9 Millionen Euro hat allein das erste Teilstück gekostet. Huber räumte ein, dass die Kassen des Bundes nicht sonderlich prall gefüllt seien und man für den Rest der Trasse neue Finanzierungsmodelle brauche. „Wir suchen nach innovativen Lösungen, hier besteht noch Diskussionsbedarf“, so Huber.

Von Sybille Föll

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