Shoppen und sich nebenbei einen kleinen Kulturstoß in Sachen Stadtteilgeschichte versetzen: Das können die Besucher des Mira Einkaufscenters an der Schleißheimer Straße 506 am Rande des Neubauviertels Nordhaide. »Kunst im DP-Lager Schleißheim (Feldmoching)«, lautet der Titel einer Ausstellung, die mitten in der Shopping-Meile noch bis Samstag, 22. Oktober, täglich von 9.30 bis 20 Uhr zu sehen ist.
Mit alten Fotos und zahlreichen Texttafeln will der »Kulturhistorische Verein Feldmoching auf dem Gfild« an die Vergangenheit des heutigen Stadtteils Frauenholz im Hasenbergl-Nord erinnern und dem Vergessen vorbeugen. Denn von April 1945 bis Juli 1953 waren im »DP-Lager Schleißheim (Feldmoching)« insgesamt 8500 ehemalige Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene untergebracht, unter ihnen lebten auch zwei Künstler: Johann Naha und Wladimir Krivsky. Sie stellten auf Aquarellen und Ölbildern, die bei der Ausstellung nicht im Original, sondern als Kunstdrucke zu sehen sind, Szenen aus dem Lagerleben dar.
Der Name »DP Lager Schleißheim (Feldmoching)« klingt verwirrend. Es hieß so, weil das jetzige Gebiet Frauenholz im Hasenbergl-Nord zwischen Schleißheimer/ Aschenbrenner-/Winterstein- und Thelottstraße nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst zur Gemeinde Oberschleißheim gehörte. In den Baracken des Lagers waren sogenannte DPs untergebracht, »Displaced Persons«, unter anderem ehemalige Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene aus der Ukraine und Russland, später Menschen aus mehr als 25 Ländern. Das Lager war 200 mal 400 Meter groß, hatte knapp 100 Baracken und bot Platz für 4400 Personen auf einmal. Es war den Historikern zufolge das größte DP-Lager Bayerns. Viele konnten auswandern und in den USA, Kanada und Südamerika einen Neubeginn wagen. Etliche blieben jedoch in München. Einige der ehemaligen Bewohner des Lagers stellten für die Ausstellung, die in diesem Frühjahr schon im alten Gemeindehaus von Feldmoching zu sehen war, alte Fotos und andere Dokumente zur Verfügung und lieferten außerdem als Zeitzeugen wertvolle Informationen. »Es hat sich ein Schatz der Geschichte ergeben«, freut sich Ausstellungsmacher Klaus Mai, zugleich Mitglied im Bezirksausschuss Feldmoching-Hasenbergl. Bewusst spricht er auch den »ungerechtfertigt schlechten Ruf des Lagers« an. Es habe Theater und Kinos, Schulen und ein Gymnasium gegeben, ja sogar eine Universität in Form eines Vortragssaals. Viele Professoren, Lehrer und Intellektuelle hätten dort gelebt. Mais Fazit: »Es war kein reines Lager, sondern ein lebendiges Wesen.«
Im Jahr 1953 kaufte die Stadt München das inzwischen verwahrloste leere Lager vom Staat, um Obdachlose unterzubringen. Ein Teil der Baracken wurde durch Steinbauten ersetzt. 1964 wurde das Lager aufgelöst. An dessen Stelle entstand die »Großwohnanlage am Hasenbergl«, viele Wohnblocks sind inzwischen modernisiert und saniert. Dort steht auch die katholische Pfarrei Mariä Sieben Schmerzen, die das frühere DP-Lager Schleißheim als »Keimzelle der Besiedelung vom Stadtteil Hasenbergl« sieht.
Maximilian Bauer, Vorsitzender des Kulturhistorischen Vereins Feldmoching auf dem Gfild und zugleich Mitglied für die CSU im Bezirksausschuss Feldmoching-Hasenbergl, betont, dass der seit gut 20 Jahren existierende Verein früher wie heute die Geschichte des Stadtbezirks »in den verschiedensten Formen dokumentieren will.« Wally Schmidt