Ist die geplante Betriebsstätte zum Lagern giftiger Stoffe und zum Abfüllen brennbarer Gase an der Ludwigsfelder Straße 168 gesundheitsschädlich?
Chemikalienlager in der Ludwigsfelder Straße 168?
Allach/Moosach · Geplantes Chemikalienlager Themenseite zum Projekt »Chemielager« in der Ludwigsfelder Straße
Um diese Frage ist ein heftiger Streit zwischen Anwohnern und der Stadtverwaltung entstanden. Unter den direkten Nachbarn, insbesondere den Bewohnern der Moosacher Trinkl-Siedlung, geht jedenfalls die Angst vor möglichen Störfällen, vor Lärm und Gefahrguttransporten um. Denn auf dem Grundstück »ist der Betrieb einer Anlage zur Abfüllung beziehungsweise zur Lagerung von 29,9 Tonnen brennbarer Gase und 28 Tonnen sehr giftiger, giftiger und brandfördernder Stoffe« vorgesehen, wie das städtische Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) ausführt. Auf dem Grundstück steht momentan eine große, gelbe Halle. Direkt an das Grundstück grenzt ein Betonwerk an.
Hier, an der Stadtbezirksgrenze zwischen Moosach und Allach-Untermenzing, liegt entlang der Ludwigsfelder Straße ein Gewerbegebiet. Für das Anwesen Nummer 168 ist nun bei der Stadtverwaltung die Errichtung und der Betrieb eines »Chemikalienlagers der Firma Air Liquide Deutschland GmbH, ein Unternehmen zur Produktion und Lieferung von technischen und medizinischen Gasen«, beantragt, wie das RGU kürzlich dem Moosacher Bezirksausschuss mitteilte.
Zugleich nahm Umweltschutzreferent Joachim Lorenz in der vergangenen Woche auf eine Stadtratsanfrage von Stadtrat Dr. Florian Vogel (Grüne) ausführlich Stellung zu dem Projekt. Lorenz kündigte an: »Das Vorhaben wird vorbehaltlich der noch ausstehenden Stellungnahmen des Bau- und Planungsreferates voraussichtlich genehmigungsfähig sein.« Das TÜV-Gutachten zeige, dass bei Einhaltung der technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen »keine sicherheitstechnischen Bedenken gegen das Vorhaben bestehen.« Die Störfall-Verordnung lege Sicherheitsstandards zum Schutz der Umgebung und der in der Anlage beschäftigten Arbeitnehmer fest.
Die nächste Wohnbebauung befinde sich im Südwesten erst in zirka 200 Metern Entfernung am Storchenweg in Allach, so Lorenz. Und weiter: »Damit kann sicher ausgeschlossen werden, dass Auswirkungen von Störfällen auf dem Betriebsgelände die nächste Wohnbebauung betreffen.« Die geplante Betriebsstätte wird in Allach stehen, unweit der Stadtbezirksgrenze zu Moosach. Der Umweltschutzreferent führte ferner aus: »Bei den sehr giftigen, giftigen (vor allem Ammoniak und Chlor) und hochentzündlichen Stoffen sollen keine Ab- und Umfüllvorgänge stattfinden.« Alle diese Stoffe würden fertig abgefüllt in geprüften, für den Straßenverkehr zugelassenen Druckbehältern angeliefert und bis zur Auslieferung an die Kunden gelagert.
Im Bereich der sehr giftigen Stoffe (überwiegend Fluor- beziehungsweise Schwefelwasserstoff) sei zudem eine maximale Lagermenge von 24 Kilogramm Phosgen vorgesehen. Im Referat für Gesundheit und Umwelt geht man davon aus, dass »gerade für das besonders problematische Gas Phosgen die Lagerzeit sehr kurz gehalten wird.« Dieses werde kaum auf Vorrat gelagert, sondern meist direkt im Kundenauftrag angeliefert.
»Ausschließlich für tiefkalt verflüssigte Stoffe (Sauerstoff, Stickstoff, Argon und Kohlendioxid) soll eine Abfüllanlage errichtet werden«, teilte Lorenz weiter in der Rathaus-Umschau mit. Dabei handelt es sich seinem Referat zufolge um »relativ unproblematische Stoffe«, um brennbare Gase.
Einklagbarer Rechtsanspruch
Der Umweltschutzreferent stellte am Ende seiner mehrseitigen Beantwortung der Stadtratsanfrage von Stadtrat Vogel eines klar: »Bei Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen hat der Antragsteller einen einklagbaren Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung für den konkreten Standort.«
Viele Fragen seien noch nicht geklärt
Für Klaus Billert, Sprecher der Moosacher Trinklsiedlung, sind bei dem Projekt indes viele Fragen offen. Unter anderem besteht bei den Bürgern auch die Sorge um den An- und Abtransport dieser Gase und Stoffe. Billert forderte ferner Auskunft zur möglichen Lärmbelastung beim Abfüllen. Vor allem will man in der Trinkl-Siedlung aber wissen, wie alles in der geplanten Anlage kontrolliert werde, also zum Beispiel, ob die maximale Menge an Gasen und Stoffen eingehalten werde. Billert, erster Vorstand des Vereins Trinklsiedlung e. V., wies bei der Sitzung des Moosacher Bezirksausschusses außerdem darauf hin, dass die nächsten Wohnhäuser in Richtung Moosach nur 300 Meter (Am Neubruch) und die Anwesen der Trinkl-Siedlung nur 600 Meter von dem geplanten Chemikalienlager entfernt seien.
Der Moosacher Bezirksausschuss hat im Rahmen der Anhörung durch das RGU zu dem Projekt noch nicht Stellung genommen. Denn man habe von der Stadt die Unterlagen sehr spät bekommen, argumentierte die Bezirksausschussvorsitzende Johanna Salzhuber (SPD).
Zudem will das Stadtteilgremium erst die gemeinsame Informationsveranstaltung am heutigen Mittwoch, 23. November, abwarten. Man hoffe, dass dort die vielen offenen Fragen zu dem Projekt beantwortet werden, ergänzte SPD-Sprecherin Hannelore Schrimpf, so müsse etwa auch »das Zusammentreffen der unterschiedlichen Stoffe sorgfältigst geprüft werden.« CSU-Sprecher Florian Wies pochte ferner auf »jegliche Information und Transparenz durch die Stadt«: Die Verwaltung müsse alle offenen Fragen prüfen und dazu Stellung nehmen, forderte Wies. Axel Stoßno (FDP) betonte, dass der Bezirksausschuss wohl am meisten Einfluss auf die verkehrlichen Aspekte des Vorhabens nehmen könne, denn dieses »zieht jede Menge Gefahrguttransporte nach sich.«
Infoveranstaltung heute Abend
Für interessierte Bürger veranstalten die Bezirksausschüsse Allach-Untermenzing und Moosach an diesem Mittwoch, 23. November, einen gemeinsamen Info-Abend in der Aula des Louise-Schröder-Gymnasiums, Pfarrer-Grimm-Straße 1, in Untermenzing. Beginn ist um 19 Uhr. Das Thema lautet: »Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Lagerung von Gasen und zur Abfüllung von Druckgasflaschen an der Ludwigsfelder Straße 168.« Wally Schmidt