Wann endlich finden sie Gehör? Die Stimmen vieler Ackermannbogen-Bewohner werden immer lauter, denn dass man ihnen ab Frühjahr auf der Route der Buslinie 154 vier Haltestellen wegnehmen und stattdessen eine neue am Stadtplatz errichten will, wollen sie auf keinen Fall hinnehmen.
Leben am Ackermannbogen
Schwabing · Ackermannbogen: Ein Stadtviertel entwickelt sich Themenseite der Münchner Wochenanzeiger/Schwabinger Seiten zum Leben im Stadtviertel Ackermannbogen
Besonders schwer trifft es die Anwohner im nördlichen Gebiet. »Unsere Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz ist ohnehin katastrophal«, sagt Cornelia Heuck. »Und mit der geplanten zusätzlichen Verschlechterung macht man es uns noch schwerer. Die neue Haltestelle ist besonders für uns Bewohner im Norden viel zu weit entfernt.« Um das Vorhaben der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) zu verhindern, hat Cornelia Heuck mit ihren Mitstreiterinnen Gudrun Hueber und Anneliese Fischer bereits rund 725 Unterschriften gesammelt und im November an Oberbürgermeister Christian Ude und Bürgermeister Hep Monatzeder übergeben. Doch die Chancen, dass die Interessen der Anwohner am Ackermannbogen berücksichtigt werden, stehen momentan nicht besonders gut. Und das bringt die Betroffenen in Rage.
»Ich bin selbst schwerbehindert und deshalb auf eine möglichst nahe Haltestelle angewiesen«, sagt Anneliese Fischer. Damit ist die Rentnerin nicht allein. In den großen Wohnblöcken im Norden befinden sich besonders viele sozial geförderte Wohnungen. Dort leben zahlreiche ältere und behinderte Menschen. »Die können nicht eben mal ein paar hundert Meter weiter gehen«, so Fischer. Thomas Beck beispielsweise ist zur Zeit mit Gehhilfen unterwegs. »Es ist eine dringende Notwendigkeit für mich, dass die Bushaltestellen dort bleiben, wo sie sind«, sagt er. So ergeht es auch Lucy Willke, die auf ihren Rollstuhl angewiesen ist. »Es geht nicht nur um mich, sondern auch um die persönlichen Assistenten, die mich täglich betreuen. Ihnen würde der Weg zu mir erheblich erschwert. Der ganze Zeitplan würde durcheinander gebracht«, sagt sie. Zur neuen Haltestelle wären es für die meisten Anwohner aus den nördlichen Blöcken 600 bis 700 Meter Fußweg. »Auch für berufstätige Mütter, die ohnehin schon unter Zeitnot leiden, verschlechtert sich die Situation«, so Fischer.
Auch stelle sich die Frage, warum Haltestellen abgebaut werden, während das Fahrgastaufkommen in den nächsten Jahren erheblich ansteigen werde. »Die Kinder, die heute noch die näher gelegene Grundschule besuchen, sind bald auf Busse angewiesen, um weiterführende Schulen im ganzen Stadtgebiet besuchen zu können«, glaubt Fischer. Dass die vier zusätzlichen Haltestellen überhaupt existieren, liegt daran, dass man es den Anwohnern ermöglichen wollte, ihre Wohnungen während der Bauphase gut erreichen zu können.
Also installierte man vor rund drei Jahren die Haltestellen Ackermannbogen, Elisabeth-Kohn-Straße, Saarstraße und Spiridon-Louis-Ring. »Es war nie die Rede davon, dass die Haltestellen für immer so bleiben. Sie waren und sind nur provisorisch«, sagt MVG-Sprecherin Bettina Hess. Zudem entspreche die Planung, die vier Haltestellen durch eine einzige am zentral gelegenen Stadtplatz zu ersetzen, den Gegebenheiten. Denn das Fahrgastaufkommen sei zu gering, um eine Aufrechterhaltung zu rechtfertigen.
Wie Cornelia Heuck sagt, würden die Anwohner indes beobachten, dass »die Buslinie zu den Hauptverkehrszeiten gut besetzt ist«.
Laut OB Ude würde die Linie für Schwabing »eine extrem unbefriedigende Nutzungshäufigkeit« aufweisen. Zudem käme für ein solches Neubaugebiet innerstädtisch und sehr dicht besiedelt aus wirtschaftlichen Gründen allenfalls nur eine einzige Bushaltestelle in Frage.
»Es ist für uns ein Rätsel, warum die geplante zukünftige Linienführung wirtschaftlicher sein soll. Denn für die nächsten zwei Jahre fährt der Bus dann unsere Siedlung im Bereich der Großbaustelle des vierten Bauabschnitts an doch da wohnt dann noch niemand«, so Heuck.
Und wenn es soweit sei, dann ist fraglich, ob die Buslinie 154 überhaupt für die zukünftigen Anwohner interessant genug sei. Denn diese befinden sich in maximal 500 Metern Fußweg zu einer Tram- und Busanbindung in der Schwere-Reiter-Straße, mit der man in zwei bis drei Minuten zur U-Bahn Hohenzollernstraße kommt. Zumindest ein wenig Hoffnung gibt es für die Ackermannbogen-Anwohner. Am 21. November erhielten die Initiatorinnen ein Schreiben von Josef Schmid. Darin sicherte der CSU-Politiker zu, seine Fraktion werde die Anwohner bei der Forderung nach einer Beibehaltung der Buslinie in der jetzigen Form unterstützen.
»Wir haben dies bereits bei der einschlägigen Sitzung des Stadtrates im Juli so vertreten«, schreibt Schmid. Jedoch sei der Änderungsantrag von der Rathausmehrheit zugunsten der neuen
Linienführung abgelehnt worden. »Wir haben nicht mehr viel Zeit. Umso engagierter werden wir für unsere Bedürfnisse kämpfen«, sagen Heuck und ihre Nachbarn. »Unterkriegen lassen wir uns auf keinen Fall.«
Sylvie-Sophie Schindler