Mit stolzen 51 Zentimetern Panzerlänge und 27,4 Kilogramm Gewicht ist ›Mjöllnir‹ wohl eine der aktuell größten in Deutschland untergebrachten Schnappschildkröten. Bereits im Juni gab es vermehrt Berichte über angeschwemmte Tiere in umliegenden Gewässern als Folge des Hochwassers. Im Gegensatz zu den im Sommer aufgetauchten Exemplaren wurde ›Mjöllnir‹ jedoch nicht erst vor kurzem entdeckt. Die Schnappschildkröte lebte bereits über zwei Jahre als geduldete Bewohnerin in einem Naturschutzgebiet in Köln. Nach Abstimmung mit der zuständigen Naturschutzbehörde wurde das – nach dem Thorshammer aus der nordischen Mythologie benannte – Reptil im Mai diesen Jahres von Experten eingefangen und in die Reptilienauffangstation in Aachen transportiert. Die Station kooperiert seit zehn Jahren eng mit der Münchner Auffangstation in der Kaulbachstraße.
Da die Reptilienauffangstation in München über die bundesweit größten Anlagen zur dauerhaften Unterbringung von Schnappschildkröten verfügt, wurde bereits im Vorfeld zwischen den Auffangstationen Aachen und München abgestimmt, dass ›Mjöllnir‹ auf Dauer in die bayerische Hauptstadt umzieht, wo sie voraussichtlich den Rest ihres Lebens verbringen wird.
Schnappschildkröten gelten als Faunenverfälscher und stehen auf der Liste gefährlicher Tiere. Aus diesem Grund ist eine Weitergabe dieser Tiere äußerst schwierig bis nahezu unmöglich. Leider wurden sie in den 1990er Jahren aus Amerika importiert und wuchsen vielen Haltern dann förmlich über den Kopf – weshalb viele dieser Tiere durch Aussetzung oder Entlaufen in hiesigen Gewässern landeten.
In Gefangenschaft können die Tiere ein Alter von bis zu 40 Jahren erreichen, gegebenenfalls auch weit darüber hinaus. „Das genaue Alter von 'Mjöllnir' ist schwer einzuschätzen, wir gehen jedoch davon aus, dass sie bereits einige Jahrzehnte auf dem Buckel hat”, sagt Dr. Markus Baur, der Leiter der Münchner Reptilienauffangstation. Den Rest ihres Lebens wird das Reptil dort nun in einer speziellen, behördlich genehmigten Außenanlage für Schnappschildkröten verbringen.
Als Weltrekord wird bei Schnappschildkröten ein Tier angegeben, das 18 Zoll (45,72 cm) Panzerlänge erreichte und 34,02 kg wog. Bekannt waren bis dahin Maximalgrößen von 49 bis 54 cm Panzerlänge und lediglich 16 kg Körpergewicht. In einem 2019 erschienen Artikel wird ein Rekordtier von 45,1 cm Panzerlänge und einem Gewicht von 19,8 kg genannt, ein weiteres riesiges Tier mit ebenfalls 51 cm Panzerlänge lebt auf 'Turtle Island' in Graz.
Leider haben diese wunderbaren und urtümlich anmutenden Tiere einen sehr schlechten Ruf und gelten als hemmungslose, aggressive Beißer, was ihnen keineswegs gerecht wird. Dr. Markus Baur: „Ich hoffe, die Schildkröten werden eines Tages als interessante, evolutionär 'uralte' und faszinierende Tiere wahrgenommen, die ebensolchen Schutz benötigen wie niedliche Landschildkröten oder andere Tiere in Not!”
'Mjöllnir', der Gigant, sucht, wie die übrigen fast vierzig in München untergebrachten Schnappschildkröten, einen Paten, denn die Tiere werden – bedingt durch die deutsche Rechtslage nach Bundes-Naturschutzgesetz und die Bundes-Naturschutzverordnung – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit lebenslang in der Obhut der Münchner Tierschützer verbleiben. Es gibt eine Spendenquittung und Großspender können sogar mit einer Messingplatte am Gehege des betreffenden Tieres belohnt werden. Auf der Homepage der Reptilienauffangstation unter www.reptilienauffangstation.de kann man eine Tier-Patenschaft beantragen. Die Auffangstation für Reptilien ist ein gemeinnütziger, 2001 gegründeter Verein. Näheres erfährt man auch unter https://www.wochenanzeiger.de/article/253266.html
Wenn Tiere in fremde Lebensräume gelangen oder gebracht werden, und sich der Artenbestand dieser Lebensräume dadurch verändert, spricht man von Faunenverfälschung (Fauna ist die lateinische Bezeichnung für die Tierwelt). Durch Faunenverfälschung kann auch das ökologische Gleichgewicht Schaden nehmen. Zu den „Faunenverfälschern” zählen in Deutschland neben der Schnappschildkröte auch der Amerikanische Biber, die Geierschildkröte und das Grauhörnchen. Für lebende Exemplare besteht ein Besitz- und Vermarktungsverbot.
Die EU führt in einer „Liste invasiver Arten” darüber hinaus noch dutzende weitere verbotene Arten auf. Mehr darüber kann man beispielsweise unter der Adresse www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/artenschutz/invasive-arten/unionsliste.html in Erfahrung bringen.