Veröffentlicht am 24.06.2014 00:00

Dorf bei Kirchheim trägt Deutschlands häufigsten Ortsnamen


Von red
Der Dorfplatz ist das Zentrum von Hausen. In dem kleinen Ort mit dem gewöhnlichen Namen haben zwei wichtige Kirchheimer Vereine ihre Wurzeln.	 (Fotos: bs)
Der Dorfplatz ist das Zentrum von Hausen. In dem kleinen Ort mit dem gewöhnlichen Namen haben zwei wichtige Kirchheimer Vereine ihre Wurzeln. (Fotos: bs)
Der Dorfplatz ist das Zentrum von Hausen. In dem kleinen Ort mit dem gewöhnlichen Namen haben zwei wichtige Kirchheimer Vereine ihre Wurzeln. (Fotos: bs)
Der Dorfplatz ist das Zentrum von Hausen. In dem kleinen Ort mit dem gewöhnlichen Namen haben zwei wichtige Kirchheimer Vereine ihre Wurzeln. (Fotos: bs)
Der Dorfplatz ist das Zentrum von Hausen. In dem kleinen Ort mit dem gewöhnlichen Namen haben zwei wichtige Kirchheimer Vereine ihre Wurzeln. (Fotos: bs)

Kirchheim-Hausen · »Wo kommen Sie denn her?« »Aus Hausen.« »Und wo liegt das genau?« Eine berechtigte Frage, schließlich ist Hausen der mit Abstand häufigste Ortsname Deutschlands. 57 Einträge finden sich im Postleitzahlenverzeichnis, einer davon im Landkreis München.

Hausen bei Kirchheim hat zwar einen langweiligen Namen – aber kulturell einiges vorzuweisen.

Das bekannteste Hausen dürften einst die Biermösl Blosn besungen haben. Ein Ort, irgendwo in Oberbayern, mit Bürgermeister, Feuerwehr und Sportverein, zieht sich durch das musikalische Werk des inzwischen aufgelösten Trios. Hausen – wahlweise auch Bad Hausen genannt ­– ist der Inbegriff des kleinen Dorfes auf dem Land, wo die Welt (scheinbar) noch in Ordnung ist. Wer die Biermösl Blosn kennt, weiß, dass das nicht unbedingt positiv gemeint war.

Maximilian Böltl ist sich aber sicher, dass die Gruppe nicht den Kirchheimer Ortsteil gemeint hat. »Für etwas Negatives kann unser Hausen nicht Pate gestanden haben«, lacht der Erste Bürgermeister der Gemeinde. Und tatsächlich: Feuerwehr und Sportverein gibt es in Hausen, das nördlich des Ortes Kirchheim liegt, nicht. Aber einen Maibaum. »Es ist wohl der einzige Maibaum, der eine Hexe an der Spitze hat«, sagt Marianne Hausladen stolz. Kirchheims Zweite Bürgermeisterin lebt seit fast 40 Jahren in Hausen, hat dort eingeheiratet. Hausladen ist auch Vorsitzende der Maibaumfreunde Hausen. Seit 1982 hat das Dorf seinen eigenen Maibaum, inzwischen ist der Hausner Maibaum der einzige der drei in der Gemeinde, der noch von Hand aufgestellt wird. »Im Jahr 2002 war der Baum sogar doppelständig«, berichtet Hausladen. Das ist ebenfalls ungewöhnlich, kam zumindest in Kirchheim und Heimstetten seit Menschengedenken nicht vor.

Der Hausner Maibaum steht am Dorfplatz, neben dem Toni-Meyer-Brunnen. Toni Meyer gilt in Hausen als

lokale Berühmtheit: Schließlich gründete der Brennmeister 1965 in seinem Heimatdorf die heutige Musikkapelle Kirchheim, war 25 Jahre lang deren Vorsitzender und zeitweise auch Dirigent. Von Hausen ging es hinaus in die große Stadt und die große Welt: Die Kapelle spielte schon beim Münchner

Oktoberfestzug, bei Spielen des FC Bayern im Olympiastadion und sogar in Jamaika und Kolumbien. Nach Meyers Tod haben die Hausner 2008 zum Gedenken den Brunnen errichtet.

Neben der Musikkapelle hat noch ein zweiter bedeutender Kirchheimer Verein seine Wurzeln in Hausen: Die Schäfflerzunft, die im Mai ihr 100-jähriges Jubiläum feierte und auf Einladung von Horst Seehofer im Hofgarten tanzte. Matthias Westermeier, der den Schäfflertanz anno 1914 nach Kirchheim brachte, kam aus Hausen. Und auch der heutige Vorsitzende Hans Hausladen wohnt in dem Dorf, das Mitte des 10. Jahrhundert als »Husun« ( = »bei den Häusern«) zum ersten Mal urkundlich erwähnt worden ist. Als Kirchheim um 1100 selbst zum ersten Mal in den Büchern auftauchte, spielte der heutige Ortsteil auch eine Rolle: Denn in der Urkunde ging es um die Vergabe eines Hofes in Hausen. Eine eigene Gemeinde ist Hausen nie gewesen, es hat immer zu Kirchheim gehört. Wie Ausgrabungen zeigten, hatte der Ort im frühen Mittelalter aber einen eigenen Friedhof.

Heute ist Hausen, das geschätzt zwischen 300 und 400 Einwohner hat (eine eigene Statistik für den Ortsteil erhebt die Gemeinde nicht), mit dem deutlich größeren Nachbarort verwachsen, hat sich aber seinen eigenen Charme bewahrt. Einige alte Bauernhöfe, die zum Teil im Vollerwerb betrieben werden, und der erwähnte Dorfplatz mit Maibaum und Brunnen prägen das Ortsbild. Und der Dorfschenk, der vor ein paar Jahren umgebaut wurde, und nicht nur Hausner, sondern sogar Kirchheimer und Heimstettener anlockt. »Der dörfliche Charakter soll auch in Zukunft erhalten bleiben«, meint Marianne Hausladen, die als eine von drei Hausnern im Kirchheimer Gemeinderat sitzt. Allerdings wird Hausen künftig noch stärker mit Kirchheim verschmelzen: Derzeit entsteht am Hausner Grenzweg, nördlich der Münchner Straße, südlich des Dorfkerns, ein Neubaugebiet. »Hausen ist der am schnellsten wachsende Ortsteil«, sagt Böltl. Die Identität des Dorfes

werde aber in jedem Fall bewahrt, verspricht der Bürgermeister.

»Unser Hausen ist das Original!«, meint das Gemeindeoberhaupt, auf die Häufigkeit des Namens angesprochen. Bewusst war dem Kirchheimer Rathaus der besagte Rekord bislang nicht. »Wenn man über die Autobahn fährt, merkt man aber schon, dass es viele Hausens gibt«, meint Anzi Kilger von der Gemeinde. Und zu

einem der anderen 56

Hausens, die nahezu alle in Süddeutschland zu finden sind, besteht sogar eine Verbindung: Die Ehefrau des langjährigen Kirchheimer Gemeinderates Joachim Adolf stammt aus einem Hausen in Franken.

Was das einzige Hausen im Landkreis München aber nicht hat, ist ein offizieller Namenszusatz. Andere Orte wie Hausen ob Verena oder Hausen im Killertal, die beide in Baden-Württemberg liegen, waren zumindest deutlich kreativer. Und dass Hausen zu Kirchheim gehört, macht es nicht gerade unverwechselbar: Kommunen namens Kirchheim gibt es in Deutschland immerhin neun. Benjamin Schuldt

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