Nur noch 13 Tage. Dann geht es los. Funktioniert der Terminplan, werden dann die ersten der 200 bis 250 Bäume in Neubiberg fallen, die im 100-Meter-
Umkreis der vom Asiatischen Laubholzbockkäfer (ALB)
befallenen Bäume stehen.
Der Asiatische Laubholzbockkäfer
Der Asiatische Laubholzbockkäfer Themenseite zum meldepflichtigen, im Münchner Umland aufgetauchten, asiatischen Laubholzbockkäfer (Anoplophora glabripennis, abgekürzt: ALB)
Die Bürger blicken mit Angst auf diesen Tag. Mit Angst um ihre geliebten Bäume der Gattungen Ahorn, Baumhasel, Birke, Esche, Pappel, Rosskastanie, Weide und Vogelbeere bzw. Eberesche.
Alle Bäume dieser Gattungen, die in Bayern bereits vom ALB befallen wurden, sollen im Akutkreis gefällt werden. Nicht jedoch Nadelbäume und Obstbäume. Die Fällbescheide an die betroffenen Eigentümer werden seit gestern, 6. Januar 2015, versandt. Widerspruch möglich, aber ohne aufschiebende Wirkung. Zugleich mit dem Fällbescheid verschickt die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), die zuständig ist für Privatgärten und Gemeindeanlangen, eine Einverständniserklärung, dass die Gemeinde die Fällung und Entsorgung der Bäume übernehmen darf. Unterschreibt sie der Baumeigentümer, kommt er um die Fällkosten rum. Aber seinen Baum retten kann er kaum.
14 Bewohner aus der Quarantäne-Zone unter anderem aus Neubiberg, Ottobrunn und Riemerling sind da jedoch anderer Meinung. Sie gründeten im Dezember die »Bürger-Initiative Gegen ALB-Traum Neubiberg«. »Der ALB ist kein lokales Problem! Eine wirksame Bekämpfung erfordert überregionale Maßnahmen«, lautet der Tenor, nachzulesen im Internet unter www.bi-gegen-alb-traum-neubiberg.de Sie planen einen Brief an Politiker auf EU-, Bundes-, Landes- und Kreisebene, um weitere Präventionsmaßnahmen gegen die Einfuhr des gefährlichen Baumschädlings zu fordern. Er soll so der aktuelle Maßnahmenkatalog - durch das Fällen sämtlicher Wirtsbäume im Umkreis von 100 Metern um betroffene Bäume herum ausgerottet werden. Eine Maßnahme, die der EU-Gesetzgebung folgt, Alternativen aber außer Acht lässt.
Nach Ansicht der BI-Mitglieder braucht es engmaschige Kontrollen bei den Endverbrauchern von Steinware oder Lebendpflanzen, die auf Holzpaletten aus dem Ausland eingeführt werden. Die Stichproben-Praxis an den Einfuhrstellen in die EU sei völlig ungenügend. Larven des Baumschädlings könnten ungehindert in den Landkreis gelangen. Zudem sollten Baumärkte und Möbelhäuser kontrolliert werden. Wesentlich sei es auch, dass den Behörden Funde von Käferspuren gemeldet würden und befallenes Material und Holzpaletten unverzüglich vernichtet bzw. verbrannt würden. Lebendpflanzen bräuchten einen Herkunftsnachweis, fordern die BI-ler. All das kostet Geld. Das müsse ausreichend bereit gestellt werden. Die BI verweist auf Doris Popp, Grünen-Gemeinderätin aus Ottobrunn, die Gleiches fordert.
Es muss sich etwas an der Bekämpfungspraxis ändern. Der ALB sei da, man müsse mit ihm zurechtkommen, war man sich beim Gründungstreffen einig. Man könne ihn nicht ausrotten. Das vorsorgliche Fällen zahlloser Bäume bringe einen größeren Schaden für Natur, Kultur und Wirtschaft, als ihn der Käfer je anrichten könne. Der ALB wurde in Neubiberg erstmals 2006 gesichtet, im September 2014 wurden Ausbohrlöcher entdeckt und die Jagd auf ihn begann. »Nach acht Jahren Befall wurden 23 befallene Bäume gefunden, kein herabfallender Ast hat Schäden angerichtet, keiner der
befallenen Bäume ist abgestorben. Wirtschaftlicher Schaden ist erst durch die Bekämpfungsmaßnahmen entstanden«, schreibt Popp in ihrer Stellungnahme des Ortsverbands Bündnis 90/Die Grünen Ottobrunn an EU-, Bundestags- und Landtagsabgeordnete.
Durch die Fällungen wird das Makro- und Mikroklima verändert, steht der Gartenstadt-Charakter Neubibergs auf dem Spiel, klagt Popp das Leid der Betroffenen Baumbesitzer.
Die BI beklagt zudem die »unzureichenden Informationen durch die zuständigen Ämter« LfL und AELF, das für Waldgebiete zuständige Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Nur an wenigen der bisher gefällten Bäume wurde ein ÄLB-Befall festgestellt. Der war teilweise schon mehrere Jahre alt. »Wie der akute Befallstatus aussieht, wird nicht aktuell kommuniziert. Wir werden hier vor vollendete Tatsachen gestellt, die wenig durch Fakten begründet werden«, klagen die BI-Gründer Andrea und Wieland Keinert. Die BI will Klarheit. Sie will erfahren, wie das Risiko- und Schadenspotenzial einzuordnen ist.
Sie wollen alternative Bekämpfungsmethoden bedacht haben, sehen neben Vorteilen von Pestiziden aber auch die Gefahr für andere Lebewesen und Kinder durch Eindringen der Wirkstoffe ins Grundwasser. Dennoch: Man dürfe sich nicht der scheinbaren Machtlosigkeit hingeben. Obwohl sie die Fällung nicht verhindern können wird, will die BI Protest üben. Der Brief an Politiker auf EU- bis Kreisebene soll diese wachrütteln. Der Aufkleber des Logos »Stop Der Baum bleibt!« an gefährdeten Bäumen, soll zeigen »So nicht!«. A. Boschert