Wenn heutzutage an einem Spielplatz zwei Kinder aneinander geraten, ist schnell ein Erwachsener zur Stelle und geht dazwischen.
Meist wird danach jedes Kind von der Mutter oder dem Vater geschimpft. Ab und zu überträgt sich der Streit sogar auf die Eltern. Vor einigen Wochen habe ich auf einem Spielplatz in Schliersee eine andere Situation beobachtet. Eine Mutter versuchte energisch zwei Buben, die sich auf der Wiese wälzten, auseinander zu bringen. Ein älterer Herr ging mit seinem Hund vorbei und rief ihr großväterlich zu: »Geh, lass de Buam halt a bisserl rangeln!« Die Frau schaute ihn für einen kurzen Moment sehr verständnislos an. Vielleicht war ihr auch der Begriff des Wortes Rangeln nicht klar, denn es wird heute nur noch selten verwendet, meint aber das spielerische Balgen, wie wir es auch von jungen Katzen oder Hunden kennen. Ich will jetzt nicht pädagogisch werden, aber wir haben als Kinder auch so manches Gefecht ausgetragen und am Ende des Tages war der Streit längst wieder vergessen. Ein bisschen Dampf ablassen gehört eben dazu, auch das Erleben der eigenen Kräfte und der des anderen. Rangeln ist aber nicht nur unter Kindern verbreitet, sondern auch ein echter Sport. Es ist ähnlich dem Freistil-Ringen. Allerdings gibt es keine klassische Wertung, sondern lediglich Minuspunkte bei einer Schulterniederlage oder einem Unentschieden. Die Ranggler treten mit freiem Oberkörper und nur in Leinenhosen bekleidet an.
Übrigens ist der Streit der beiden Kinder gar nicht so weit vom Ursprung des Sports entfernt, denn das Ranggeln ist eigentlich ein ritualisiertes Streitschlichten. Früher ging es dabei oft um Grundstücksstreitigkeiten. Um den traditionellen Sport im Alpenraum wieder aufleben zu lassen, veranstalten wir morgen zum zweiten Mal das Schlierseer Preisranggeln bei uns im Freilichtmuseum. Bereits im letzten Jahr haben uns die Wettkämpfer spektakuläre Unterhaltung mit einer großartigen Gaudi geboten. Besuchen Sie uns doch einfach morgen im altbayerischen Dorf, denn neben dem Preisranggeln findet auch unser großes Musikantentreffen statt, bei dem über 80 Musiker für den richtigen Ton sorgen. Es treten ausgezeichnete Sänger und Instrumentalisten auf, die traditionelle bayerische Lieder und Weisen spielen. Ich hoffe nur, dass bei uns am Eingang nicht gerangelt wird, um schnell hineinzukommen. Keine Angst, dazu besteht überhaupt kein Grund, denn unser Freilichtmuseum bietet auf einer Fläche von etwa 60.000 Quadratmetern Platz für Sportbegeisterte gleichermaßen wie für Musikfreunde. Ich persönlich freue mich auf einen abwechslungsreichen Tag mit viel Leidenschaft und Emotionen, denn das haben Sportler als auch Musiker im Blut. Und wenn dann bei der Siegerehrung alle gemeinsam in unserem gemütlichen Biergarten sitzen, das süffige Museumsbier aus unserer historischen Schöpfbrauerei genießen und die Musik nebenbei durch das Alpenpanorama klingt, dann werden Sie das Landleben, wie es einst war, mit allen Sinnen genießen können und zu schätzen wissen. Glauben Sie mir, das tut gut in unserer Zeit der ständigen Erreichbarkeit und Hektik.
Wollen Sie eigentlich wissen, wie die Geschichte mit den zwei Buben ausgegangen ist? Die beiden haben der Mutter ein triumphierendes Lächeln zugeworfen und sich wieder auf die Wiese gestürzt! Vielleicht sehen wir die Burschen ja beim Preisranggeln, denn natürlich gibt es im Wettkampf auch eine Nachwuchswertung.