Drei Wochen lang röhrten bei der letzten Fällaktion die Baumsägen und bellten bisweilen die Käfer-Spürhunde. Alle mit dem Ziel, dem Baumschädling Asiatischer Laubholzbockkäfer (ALB) in Neubiberg Einhalt zu gebieten.
Im Münchner Umland aufgetaucht: Asiatischer Laubholzbockkäfer Themenseite zum meldepflichtigen Laubholzbockkäfer (Anoplophora glabripennis, Abk.: ALB)
Dabei zog sich das neue Fällgebiet wie ein Ring um das erste und ging von der Wittelsbacherstraße im Westen, der Schopenhauerstraße im Norden, der Verlängerung der Schulzstraße im Osten und der südlichen Kameterstraße Leiblstraße Tannenstraße im Südwesten. Insgesamt fielen etwa 540 Gehölze den Kettensägen zum Opfer.
Mit ALB-Spürhunden aus ganz Deutschland suchten die Fachleute der zuständigen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) nach Spuren des aus China eingeschleppten Baumschädlings. Gefunden wurden dabei nur »einige Eiablagestellen. Das heißt, dass wir dem Kern des Befalls schon mit der vorigen Fällaktion nahe gerückt sind«, fasste der LfL-Gebietsbeauftragte Gerhard Kraus das Ergebnis zusammen.
Die Laborergebnisse der Fundstücke dürften wie nach der Fällaktion von Februar wochenlang auf sich warten lassen. Dabei ist oder war der Käfer auch schon im benachbarten Waldperlach unterwegs, wo die Fällarbeiten erst im September beginnen. Also nach der Schlüpf-, Paarungs- und Eiablagezeit. Dass so die Fällungen potentieller Wirtsbäume zum Erfolg, dem Ausrotten des ALB führen, glaubt in Neubiberg keiner mehr.
Vielmehr regt sich Widerstand. Ein Ehepaar formuliert eine Klage, die Bürgerinitiative ALB-Traum Neubiberg setzte mit Witz eine Belohnung aus für den, der den ersten lebendigen ALB hier findet. Ein Protestmarsch entlang der Hauptstraße musste, da als genehmigungspflichtige Demonstration eingestuft, auf Privatgrund verlegt werden. Dennoch kamen über 40 Teilnehmer zu der Spontanaktion. In einem »Offenen Brief« an den Präsidenten der LfL, Jakob Opperer, fordert die BI die versprochene Transparenz ein. Die LfL sei bisher den »Nachweis schuldig geblieben, aufgrund welcher Daten die Erweiterungen der ALB-Fällzone in Neubiberg notwendig waren«, schreibt Wieland Keinert. »Im Gegenteil, es wird hier mit dem Argument des Datenschutzes eine Intransparenz erzeugt, die für uns Bürger nicht tragbar ist«, mahnte er. Zumal »in der Praxis jeder die durchgeführten Fällmaßnahmen im Detail nachvollziehen und auch den Grundstücken zuordnen kann«.
Dennoch fordert die BI zu Recht Daten zu den Funden und vor allem auch Informationen dazu, wie viele Gehölze einer Art gefällt wurden und wie viele davon befallen waren. Auch wie alt der Befall an dem Gehölz war und ob es lokale Häufungen gibt. Keinert argumentiert: »Stellt man z.B. an Birken nur einen älteren Befall fest, kann das ein Indiz dafür sein, dass die Birke als Wirtsbaum für den ALB (hier) nicht mehr attraktiv ist.« Ein wichtiger Punkt. Denn auch die Baumfällerteams haben festgestellt, dass »der ALB irgendetwas in Neubiberg nicht mag«, wie Angelika Jensen, eine Hundeführerin und Zuständige für Naturschutz aus Schleswig-Holstein, gegenüber der Presse sagte. Aber auch: »Ich glaube nicht, dass die Natur sich in diesem Falle selbst hilft«. Also muss der Mensch ran. Das jetzige Vorgehen und die Methodik rufen allerdings nach baumschonenderen Alternativen. Die Gartenstadt Neubiberg ist in Gefahr. Man sehe nur die Kapelle Maria im Walde, inzwischen ohne jeglichen Baum davor.
Angela Boschert