Gedanken zu Weihnachten hat sich hier für Sie Tobias Hartmann, Stadtjugendpfarrer von München, der u. a. im Pfarrverband St. Raphael-Maria Trost aktiv ist, gemacht.
Weihnachten Aber Weihnachten. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, wie oft Sie an einem Tag »aber« sagen? Es ist interessant: Ich kam kürzlich bei einer Zählung auf 186! Meist sagt man es nur so dahin. Es gehört halt zum Sprachschatz dazu. Oft wird es jedoch auch benutzt, um eine Aussage abzumildern, zu verschleiern. Man kann es heute oft hören, Sätze wie: »Schatz ich liebe dich, aber deine Unordnung regt mich tierisch auf!!« oder »Wir haben eine Willkommenskultur, aber warum müssen die Flüchtlinge alle zu uns kommen!« Der Volksmund sagt: »Die Lüge steht vor dem Aber!« Soweit würde ich nicht gehen, aber es ist schon rein sprachlich deutlich, dass das Wichtige, das bedeutsame immer hinter dem Aber steht. Das was davor war ist irgendwie nicht mehr wesentlich.
Weihnachten ist ein Aber-Fest. Warum? Schauen wir mal in die Geschichte. Im Hl. Land vor knapp zweitausend Jahren waren die Menschen unterdrückt von römischer Fremdherrschaft. Sowohl politisch als auch religiös war ihre Freiheit eingeschränkt. Die Menschen jammerten, seufzten um Erlösung. Sie wollten frei sein. Sie wollten Frieden. Immer wieder gab es Aufstände, Proteste und Terroranschläge radikaler Gruppen. Gott wurde als abwesend empfunden, als strafend. In der biblischen Sprache des Propheten Jesaja wird das durch Dunkelheit ausgedrückt. »Das Volk, das im Dunkeln lebt« (Jes 9,1). Mitten in dieses Chaos bringt Gott Wandel. Mitten in die Dunkelheit schickt Gott sein »Aber«. Jesus Christus, dessen Geburt wir an Weihnachten feiern, er ist das Aber Gottes für uns Menschen, ein Aber das Wandlung bringt. »Das Volk, das im Dunkeln lebt sieht ein helles Licht!« Und dieses Licht, das wir symbolisch durch Kerzen und auch durch die Lichter am Christbaum ausdrücken, dieses Licht soll eine Veränderung in die Welt bringen. Das Alte ist dadurch nicht vergessen, ist nicht weggewischt, ist nicht bedeutungslos. Aber die Botschaft Jesu Christi hat für uns Christen eine höhere Bedeutung.
Es ist eine ganz neue Botschaft, eine Botschaft von Liebe, Freiheit, Barmherzigkeit, Frieden und von einem Gott der sich für uns interessiert, der den Weg mit uns geht. Deshalb macht Gott dieses Aber sogar so persönlich, dass er es nicht nur spricht, sondern es Mensch werden lässt, es wahr werden lässt. Wie der Evangelist Johannes schreibt: »das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt!« (Joh 1,14).
Mitten ins Chaos fällt dieses Wort, an den Punkt Null der Zeitrechnung. An den Ground-Zero der Geschichte setzt Gott ein Zeichen gegen Terror, gegen Angst, gegen Unterdrückung. Was hat das mit uns zu tun? Was sollen wir damit anfangen? Das liegt tatsächlich bei uns. Wir können selbst an diesem Wandel mitbauen, mitwirken. Wir können weiter im Dunkeln wandeln oder unsere Augen erheben und in das Licht der Hoffnung schauen. Weihnachten setzt dafür einen Punkt, jedes Jahr wieder neu, damit wir auch jedes Jahr wieder neu die Chance haben uns auf den Weg zu machen. Das kann man auch sprachlich: »Schatz, deine Unordnung regt mich tierisch auf, aber ich liebe dich!« oder »Warum müssen alle Flüchtlinge zu uns kommen, aber wir haben eine Willkommenskultur!«, da ändert sich was. Und das ist gut so, weil es den Weg in die Hoffnung lässt. Frohe Festtage ohne Wenn und Aber wünscht Ihnen, Stadtjugendpfarrer Tobias Hartmann.