Ein hochinteressantes Stück Landwirtschaftsgeschichte gammelt in Schwaigermoos vor sich hin. Während die Politik noch darüber streitet, ob die dritte Startbahn am Münchener Flughafen wirklich sein muss, schafft die Flughafengesellschaft schon mal Fakten, macht Schwaigermoos platt und betreibt »Absiedelung«, wie das offiziell heißt.
Münchner Flughafen Themenseite zum Munich Airport Franz Josef Strauß und dem Plan: 3. Terminal
Auf der Verlustliste steht auch ein Museumsstück, das auf den ersten Blick gar nicht als solches erkennbar ist. Es sieht aus wie ein kleiner abgehalfterter Mähdrescher: Vorne ein für heutige Größenverhältnisse eher mickriges Mähwerk mit gerade mal zwei Metern Arbeitsbreite, dann kommt ein Förderband, und eine Ladefläche, die aber wieder so klein ist, dass sie für Getreide kaum nutzbar ist. Was also war das für ein Gerät, das obendrein auch noch ziemlich selbstgestrickt aussieht?
Aufklärung gab es vom Hersteller des Basisgerätes: Fendt baute Mitte der 50er Jahre den »Huckepack«, einen Geräteträger, der es vor allem kleineren Betrieben ermöglichen sollte, mit einem Gerät sowohl einen Mähdrescher als auch einen Schlepper zu haben.
Die Idee: Der Mähdrescher steht die meiste Zeit im Jahr in der Garage, kostet aber enorm viel Geld. Also wird der Mähdrescher-Aufbau vom Untergestell getrennt, das wiederum als vollwertiger Schlepper weiter nutzbar ist. Daher kommt auch der Name »Huckepack«.
Die Fendt-Ingenieure entwickelten dafür ein Getriebe, das es dem »Huckepack« gestattete, genau so schnell vorwärts wie rückwärts zu fahren. Bei einem Mähdrescher sind die großen Antriebsräder ja auch vorn, beim Schlepper hinten. Darum musste man den Sitz umbauen können, und die Lenksäule mit ihrer für heutige Verhältnisse sehr hakeligen Schaltung stand senkrecht. Der langen Rede kurzer Sinn: Genau so ein Teil, wenn auch mit stark reduziertem Mähdrescher-Aufbau, steht in Schwaigermoos.
Dass sich ein Museum oder ein Oldtimerverein dieses Stückes annehmen sollte, liegt daran, dass bei aller auf den ersten Blick großen Genialität dieser Erfindung diese eher ein Flop war: Der Umbau von Schlepper zu Mähdrescher und umgekehrt dauerte über eine Stunde, war kompliziert, und der kleine Industriemotor, der das Dreschwerk antrieb, brauchte Benzin, sodass der Landwirt zwei verschiedene Treibstoffarten bevorraten musste. 6.000 Stück wurden etwa gebaut, mehr nicht.
Der Hersteller unterhält eine Abteilung »Unternehmenshistorie«, und dort staunte man nicht schlecht, als wir vom Kurier Erding das Foto vorlegten mit der Frage, was denn um alles in der Welt das jetzt sein sollte. Das scheine eine Eigenkonstruktion zu sein, war die Antwort. Besser Bescheid wusste der zweite Bürgermeister der Gemeinde Eitting, Rudi Brand. Er ist selbst Landwirt und erinnerte sich, dass es in Schwaigermoos einen findigen Berufsstandskollegen gegeben hat, der sich mit dem Anbau von Pfefferminze befasst hat. Und der habe in der Tat diesen »Huckepack«-Mähdrescher genommen, das Dreschwerk demontiert und durch eine Ladefläche ersetzt. Damit war eine Vollerntemaschine für Pfefferminze geboren.
Wie lange sie genutzt wurde, darüber gibt es keine Informationen mehr, die Menschen, die sie hatten, wurden eben »abgesiedelt«. Und die Erntemaschine bleibt als stummer Zeuge der Vergangenheit zurück.