Veröffentlicht am 29.10.2016 00:00

Der Leonhardiritt ist eine jahrhundertealte Tradition


Von red

Kommende Nacht stellen wir wieder einmal die Uhr von der Sommerzeit um eine Stunde zurück auf die Winterzeit. Es wird viel über die Sinnhaftigkeit dieser Zeitumstellung diskutiert und viele Menschen finden es einfach nur lästig.

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Ich selbst muss mich immer ein bisschen wundern, welche Aufmerksamkeit das Thema bekommt. Deswegen möchte ich mich jetzt hier an dieser Stelle gar nicht darüber auslassen, sondern mich der wirklichen »Zeitumstellung« widmen. Die findet nämlich bei uns im Freilichtmuseum statt, denn wir drehen die Uhr nicht um eine Stunde, sondern um ganze 300 Jahre zurück. Da kommt es dann auf eine Stunde hin oder her also gar nicht an. Und die Zeitmesser von damals, zum Beispiel die Sonnenuhren, kennen die Zeitumstellung eh nicht.

Wie Leonhard zum Schutzheiligen des Viehs und zum Bauernherrgott wurde

Ein bisschen müssen Sie die Zeit allerdings schon im Auge behalten, denn kommendes Wochenende beenden wir die Saison. Unseren letzten Saisontag haben wir auch dieses Jahr wie gewohnt auf den Tag der traditionellen Schlierseer Leonhardifahrt gelegt. Zu Ehren des Schutzpatrons der Pferde und des Viehs, aber auch der Gefangenen, fahren prächtig geschmückte Kutschen mit herausgeputzten Pferden durch die Straßen unseres Ortes. Die Verehrung des heiligen Leonhard geht auf das 11. Jahrhundert zurück, wo er zunächst als Schutzpatron der Gefangenen verehrt wurde. Er soll sich zu Lebzeiten sehr für Häftlinge eingesetzt haben und für deren Freilassung bei König Choldwig I vorgesprochen haben. Ebenso habe er für die Gefangenen gebetet, woraufhin der Legende nach zahlreiche Ketten zersprungen seien. Deshalb wird er auf Bildern oder als Skulptur meist mit einer Kette dargestellt.

Mit der Zeit wurde das Attribut der Kette auch als Viehkette interpretiert und der Wirkungskreis des heiligen Leonhard auch auf die Tiere, speziell die Pferde ausgeweitet. Das spiegelte sich in der Kunst wider, weshalb man von nun an auf den Heiligenbildern auch Pferde und Kühe zu sehen bekam, was die Verschiebung seines Patronats hin zum Vieh weiter ankurbelte und die Gefangenen immer mehr in den Hintergrund drängte. Dem heiligen Leonhard zu Ehren wurden auch viele Kapellen und Kirchen errichtet, wie etwa die Fischhausener Leonhardikirche direkt gegenüber unseres altbayrischen Dorfes. Die Leonhardikirche ist auch das Ziel des Umritts am Sonntag der nächsten Woche und dort werden die Gespanne, Rösser und Reiter schließlich mit Weihwasser besprengt, das sie vor Unheil bewahren soll. Auf den Wagen präsentieren sich Trachtengruppen, Schützenvereine, Veteranen und Ehrengäste. Die Musik darf natürlich auch nicht fehlen.

Vielleicht nutzen Sie ja kommendes Wochenende die Gelegenheit für einen Ausflug nach Schliersee und schauen sich die wirklich beeindruckende Leonhardifahrt an. Anschließend lade ich Sie ein unser Freilichtmuseum zu besuchen. Der Eintritt ist an diesem Tag frei! In unserem Wirtshaus werden Sie verwöhnt mit bayerischen Schmankerln und frisch gebrautem Museumsbier, der Kasperl bringt die Kinder zum Lachen und in unserer offenen Museumsführung erleben Sie längst vergangene Zeiten hautnah. Sie merken, es ist alles für Sie vorbereitet. Einzig Ihre Uhr müssen Sie selbst um 300 Jahre zurückstellen. Und wenn dann der heilige Leonhard mit dem heiligen Petrus noch eine wohlwollende Übereinkunft trifft, auf kurzem Dienstweg quasi, steht einem traumhaften Saisonabschluss im altbayerischen Dorf mitten in den Schlierseer Bergen nichts mehr im Wege. Ich freue mich auf Ihren Besuch!

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