Abbruch und Neuanfang: Im Markt Wartenberg geht mit diesem Schuljahr eine 95 Jahre alte Schultradition zu Ende. Die Heimvolksschule hat ihren letzten Jahrgang verabschiedet: 16 junge Männer sind es, die die Schule verlassen haben und damit die letzten waren, die unter der Führung des Seraphischen Liebeswerks (SLW) mit Sitz in Altötting als bisherigem Schulträger ihren Mittelschulabschluss gemacht haben.
Bleiben noch zwei Jahrgänge, die noch an der Schule sind. Diese werden als »Außenklassen« der Marie-Pettenbeck-Schule geführt.
Das bedeutet auch, dass Christoph Marschoun wohl einen seltenen Rekord hält: Er war nur ein Jahr Schulleiter und verliert seinen Job, weil es seine Schule nicht mehr gibt. Bei der Entlassfeier, die wie immer, wenn das irgendwie möglich war, im Innenhof stattfand, zeigte er aber noch einmal so richtig, dass er ein guter Schulleiter ist. Einfühlsam, aus dem Stegreif, und launig zugleich hielt er seine wohl einzige Abschlussrede in dieser Rolle. Erst vor kurzer Zeit war nämlich sein Chef Michael Braun als Leiter der Marie-Pettenbeck-Schule berufen worden. Die Folge: Für die letzten Jahre bekommt Marschoun seinen alten Chef wieder. Das ist kein Schaden, die beiden haben immer gut zusammen gearbeitet.
Die Schule schließt nicht freiwillig: Der Versuch, an der Jahrzehnte als reine Jungenschule geführten Einrichtung auch Mädchen aufzunehmen, entpuppte sich als Fehlschlag. Die Schule verlor ihr Alleinstellungsmerkmal als Ganztagseinrichtung zunehmend, weil immer mehr Schulen im Umkreis, auch in Wartenberg, Ganztagszüge einrichteten und das immer noch tun. Dazu kamen einige mehr oder weniger herbeigeredete Skandale, die sich zwar ausnahmslos als ziemlich haltlos erwiesen, das Image aber nachhaltig schädigten.
Jetzt ist also Schluss und der Markt Wartenberg griff beherzt zu. Die Räume wurden angemietet, weil der Markt sonst einen Hort neu hätte bauen müssen. Parallel dazu wuchs nämlich die Marie-Pettenbeck-Schule weiter. Bei der Entlassfeier heuer waren nicht weniger als 300 Personen gekommen. Was nach der Entscheidung, den Hort in diese Räume zu verlegen, folgte war ein Musterbeispiel für eine Provinzposse. Da gab es tatsächlich Eltern, die ernsthaft die Ansicht vertraten, der Weg von der Schule hinauf in den Hort sei »unzumutbar«. Sogar ein Shuttle-Bus wurde verlangt für 600 Meter Wegstrecke. Mehr sind es nämlich nicht. Ortstermine wurden abgehalten, die Medienvertreter wurden Zeugen einer intensiven Erregung. Diese hat sich, wie kaum anders zu erwarten, inzwischen gelegt.
Umbaukosten für die neue Einrichtung entstehen praktisch keine, denn die Räume haben ja immer schon diesen Zwecken gedient und wurden vom Träger immer aktuell gehalten, auch, was die Sicherheit angeht. Zu groß sind die Chancen für Kinder und Jugendliche in diesem riesigen Gelände, das jetzt nach und nach frei wird. kw