Seit 30 Jahren schon können sich Bürger aus Haidhausen und angrenzenden Vierteln im Haus der Eigenarbeit (kurz: HEI) handwerklich betätigen. Hier, in der Wörthstraße 42, entsteht Kreatives, Nützliches und gelegentlich auch Skurriles.
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Als die offene Werkstätte am 7. Oktober 1987 eröffnete, standen noch Themen wie Arbeitslosigkeit oder die damalige Wirtschaftskrise im Vordergrund. Heute liegen die Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit und Ökologie. Ihren runden Geburtstag feiert die Einrichtung am Wochenende mit einer Ausstellung und einem Tag der offenen Tür.
Zehn Werkstätten,
tausende Besucher
Der Trend zum Selbermachen ist ungebrochen. Rund 13.000 Besuche verzeichnete das HEI bei der jüngsten offiziellen Zählung aus dem Jahr 2014. »Geschätzt kommen jährlich etwa 6.500 Leute zu uns«, sagt die Einrichtungsleiterin Veronika Stegmann. In den zehn Werkstätten des Hauses restaurieren die Besucher zum Beispiel alte Erbstücke. Andere reparieren Elektrogeräte, schmieden Eheringe oder töpfern ihr eigenes Geschirr.
»Was wir anbieten, geht weit übers Heimwerken hinaus«, betont Stegmann. Die offene Werkstätte arbeitet mit ausgebildeten Handwerkern zusammen, die die Bürger bei ihren Projekten unterstützen. Für den Bereich Holz seien zum Beispiel zwei Schreiner vor Ort, erklärt Stegmann: einer, der sich auf Restauration spezialisiert habe, sowie ein Experte für Möbelbau.
Nutzen können die Besucher außerdem die professionellen Werkzeuge des Hauses. Die Ausstattung reicht vom einfachen Schraubstock bis zur CNC-Fräse für komplexe Konstruktionen. Wie man die Werkzeuge bedient, erklären Kurse. Neu ist etwa ab Oktober ein CAD-Kurs, bei dem die Teilnehmer die Erstellung von Konstruktionsentwürfen am Computer lernen. Dies sei eine wichtige Voraussetzung für den Einsatz der CNC-Fräse, erklärt Stegmann.
Praktiziert wird im Haus der Eigenarbeit aber auch ganz traditionelles Handwerk. »Wir hatten zum Beispiel mal eine ältere Dame, die hat für ihren Mesner ein Messgewand genäht«, berichtet Veronika Stegmann. Außerdem dient das Haus als Treffpunkt für einige Initiativen. In den Räumen komme zum Beispiel regelmäßig eine Gruppe ehemaliger russischer Professoren aus dem Ingenieurswesen zusammen, um Erfindungen voranzutreiben. »Sie waren mit ihren Projekten auch schon auf Erfindermessen aber was sie konkret entwickeln, habe ich noch nicht verstanden«, sagt Stegmann und lacht.
Was heute ein Lebensstil ist, hatte bei der Gründung des HEI Ende 1987 noch eine andere Bedeutung. »Die Zeit war von der Wirtschaftskrise geprägt«, erklärt die Leiterin. Die Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes und finanzielle Probleme seien damals ein wichtiges Thema gewesen, auf das die Einrichtung mit sozialen Beratungsangeboten reagiert habe. Diese gebe es inzwischen nicht mehr, meint Veronika Stegmann. Im HEI liege der Schwerpunkt nun auf hochwertigem Handwerk und der nachhaltigen Verwertung von Ressourcen.
Ausstellung und
Tag der offenen Tür
am Wochenende
Wie sich die Geschichte der offenen Werkstätten entwickelt hat, das zeigt die Einrichtung in Kürze in einer Ausstellung, die bis Samstag, 7. November, zu sehen ist. Die Vernissage ist am Freitag, 15. September, ab 19 Uhr. Wer sich über das Haus und seine Angebote informieren möchte, kann am Samstag, 16. September, von 12 bis 18 Uhr zum Tag der offenen Tür kommen.
Julia Stark