Erding · Songs aus dem Flieger und dem Wartezimmer
Die Musikszene im Kreis Erding ist bunter, vielfältiger, lebendiger als im Durchschnitt der Landkreise. Junge Menschen sind hier aktiv, die sich nicht damit zufrieden geben, die Songs der »Großen« nachzuspielen, sondern selbst komponieren, texten, improvisieren, und dann ganz zentral auch vortragen. Solche jungen Künstler brauchen eine Bühne, ein Forum.
Hier ist die Stadt Erding mit dem Jugend- und Kulturzentrum »Sonic« ganz vorn dran. Hier haben junge Leute nicht nur die Möglichkeit, aufzutreten, sondern auch noch Konzerte zu organisieren und damit letztlich auch etwas für sich zu tun und eben nicht nur zu konsumieren.
Das jetzt zum zweiten Mal umgesetzte Format nennt sich »Wohnzimmerkonzert« und ist bewusst klein gehalten. Zuletzt präsentierte sich hier ein Duo der etwas feineren Art: »Flaws« nennen sich die zwei Schwestern Louisa und Sophia Knopf, die aus Forstinning stammen, und derart einfallsreich sind, dass sie schon ein abendfüllendes Programm mit ausschließlich selbst geschriebenen Stücken auf die Beine stellen können. Mehr noch: Es wird am vorhandenen Material immer wieder herumgefeilt, neue Elemente dazugenommen, mit der Folge, dass kein Konzert wird wie das andere.
Louisa bedient das Keyboard, oder auch mal die Mandoline, ihre Schwester spielt Gitarre. Beide haben eine geradezu großartige Gesangsstimme. Und so tingeln die zwei Schwestern, mal mit, mal ohne einen engagierten Percussionisten, durch den Kreis und darüber hinaus und basteln, wenn es die Zeit erlaubt, an ihrer Debüt-CD. Die gibt es nämlich noch nicht.
»Wir haben schon mal was aufgenommen«, erzählen sie bescheiden. Aber der nächste große Schritt steht noch bevor. Komponiert werden kann übrigens überall: So entstand ein Song der Schwestern sogar im Flieger. »Klar, da muss man still sitzen, dann kann man auch Songs schreiben.« Ungewöhnliche Orte zum Komponieren kennt auch Michael Voithenleitner. Er ist der kreative Kopf einer Rockband aus Berglern, die es immerhin schon auf die Bühne des »Sinnflut«-Festivals geschafft hat. »Im Wartezimmer im Krankenhaus ist einer unserer Songs entstanden«, erzählt der Gitarrist und Frontman von »No Destination« augenzwinkernd.
Herausgehört hat man den Krankenhaus-Song bei der Rocknacht in Berglern aber nicht. Auch hier gilt, dass junge Kunst eine Bühne braucht. Und auch hier sind es wieder Ehrenamtliche, die das kulturelle Leben im Kreis bereichern: »Kult« nennt sich der Kulturverein in der Gemeinde im Norden des Landkreises, und er trotzte vor allem an diesem Abend der kommerziellen Konkurrenz aus »Nacht der blauen Wunder« in Erding und »90er Party« in Hofstarring. Das Sportheim in Berglern wurde richtig voll an diesem Abend, als die rockenden Lokalmatadore, die zudem alle aus unterschiedlichen Ortsteilen von Berglern stammen, mit ihrem neuen Drummer Chris Denninger zum ersten Mal nach einer Pause, bedingt durch den Personalwechsel am Drumset, wieder auf der Bühne standen. Die Beispiele stehen für viele enorm kreative Menschen im Kreis, die im schönsten Sinne des Wortes »tonangebend« sind. kw
