In gut 30 Sekunden ist man den Wolken ein bisschen näher und der Tournee-Hose von Queen-Sänger Freddy Mercury. Wer sich aufmacht, um vom Olympiaturm auf die Dächer der Bayernmetropole zu blicken, entdeckt eine äußerst ungewöhnliche und etwas skurrile Sammlung von Rock-Objekten.
»Skurril, aber spannend«, fügt Herbert Hauke hinzu. Er ist leidenschaftlicher Sammler von so gut wie allem, das mit Rock-Musik zu tun hat. Aus Milbertshofen verschlug es ihn in seinen Jugendjahren schnell auf die Konzerte der ganz Großen: The Who, Deep Purple oder Tina Turner. Letztere hat Hauke ganz besonders verehrt. »Tina war nach München in den Zirkus Krone gekommen. Ich war in der vordersten Reihe und warf ihr eine Rose auf die Bühne.« Prompt lud sie ihn hinter die Bühne ein.
Heute ist ihr Geschenk mit persönlicher Widmung übriggeblieben: eine goldene Schallplatte mit persönlichem Autogramm »Love, Tina Turner«. Spätestens da wusste Hauke, dass seine äußert ungewöhnliche Sammlung mehr als nur ein Hobby ist. Als kleines Kind hatte ihn sein Opa an der Hand zur Baustelle des Olympiaparks mitgenommen. Nun ist er selbst ein Teil davon. Heute ist der Rockfan 63 Jahre jung. Da hat sich zwischen dem besagten Tina Turner-Konzert und heute vieles getan und ordentlich was angesammelt. »Ich war vierzehn Jahre lang auf der Suche nach einem Ort, wo ich die Gegenstände unterbringen kann.«
Als der Fußball nach Fröttmaning abgewandert ist, positionierte sich der Olympiapark mit seinem musikalischen Image neu. Hauke hat schließlich zusammen mit seinem langjährigen Rock-Freund Arno Frank Eser eine Vision gehabt, die er 2004 verwirklichen konnte. »Wir haben diese abgefahrene Idee gemeinsam aufgegriffen. Dafür brauchte es definitv zwei Spinner, um so ein Vorhaben durchzuführen!«, lacht Hauke über den Einzug der Kollektion in den Olympiaturm.
Sie ist aber gerade mal ein kleiner Einblick in Haukes Rockwelt. »Hier im Turm ist gerade mal Platz für ein Prozent. Der Rest ist zum Beispiel irgendwo in der Welt unterwegs.« Etwa im Lütticher Bahnhhof, da stoßen die Passanten aktuell auf weitere seiner Sammlerstücke. Hauke hat wohl ein Faible für ausgefallene Orte. So durfte er auch im Jüdischen Museum in Wien seine Rockkunst ausstellen: »Ich möchte schließlich meine Lebenserfahrung allen zugänglich machen.«
»Es ist keineswegs ein Museum für Langhaarige und Drogensüchtige: Die Exponate erklären wichtige Epochen der Geschichte. Viele junge Leute etwa wissen darüber sehr wenig Bescheid,« sagt Hauke während er seine Stücke stolz präsentiert. Kinder einer italienischen Schulklasse halten gerade an den Exponaten.
Eigentlich dachten sie, einfach nur den Turm zu besuchen. Für den »Eintritt« in das »Rock-Museum« gibt es ja keine gesonderte Eintrittskarte. »Bello! Fantastico!«, staunen die Ragazzi, während sie vor einem handsignierten Albumplakat von der US-Kultband Nirvana stehen. Hauke: »Ich habe all die Zeiten selbst erlebt.
Jedes Exponat steht für einen Abschnitt in der Weltgeschichte, etwa die Hippie-Bewegung, die 69-er. Für meine Generation war Musik sehr wichtig. Es war ein Ort
der Begegnung.«
Ob dies heute immer noch Gültigkeit hat, wagt er allerdings zu bezweifeln, daher teilt er seine Lebenserfahrung mit den Jungen und Junggebliebenen, die den Turm besuchen. »Es ist mein Geschenk an München«, sagt der gebürtige Milbertshofener.
Inszenierungen sind das A und O. Einfach nur Exponate auszustellen und sie gar verstauben zu lassen, passt gar nicht in das Konzept des Museums hinein. Neben Elton Johns Klavier aus Strasssteinen steht Rod Stewart zwar nur als Pappaufsteller, aber eigentlich als Platzhalter für die Bands, die hier regelmäßig auftreten. Zuletzt gab es laute »Satisfaction« auf 185 Meter Höhe von der Rolling Stones-Revivalband »The Stars«.
Nach einer kreativen Sommerpause gibt es das nächste Konzert am 13. Oktober: die Classic-Rock-Band »Wasteland« hat sich bereits angeküngt, um Haukes Herbstparty mit zu »schmeißen«. Verdienen tun Hauke und sein Partner an den Konzerten und der Ausstellung übrigens nichts, denn der einzige Erlös aus den Konzerten geht an die Bands. Hauke ist also eingefleischter Rockfan, der ohne Profitgedanken, aber dafür mit massig Spaß und Leidenschaft sein Hobby der Öffentlichkeit zugänglich macht. Das rockt! Daniel Mielcarek
Wir stellen vor: Das sind die »Menschen nebenan«
Was ist ihre Lebensgeschichte? Was können Sie besonders gut? Was ist »Ihr München«? München ohne seine Menschen wäre nicht München. Sie tragen Lederhose und Dirndl, essen Butterbrezn, genießen ihr Helles im Biergarten. Aber erzählen Sie uns etwas Neues! Es gibt in und um München mehr als das, worüber ohnehin immer geratscht wird, nämlich lokale Berühmtheiten oder solche, die es gerne werden wollen. Daher schenken wir Ihnen unsere neue Rubrik und geben Ihnen, frei nach Andy Warhol, ihre »15 Minuten Ruhm« beziehungsweise ein Porträt in unseren Münchner Wochenanzeigern.
Die spannenden Lebensgeschichten über die »Menschen nebenan« lesen Sie auch auf unserer neuen Themenseite unter www.wochenanzeiger.de/menschen-nebenan
Aktualisiert am 11.04.2018