Was ist Heimat? So manch einer denkt da an Berge, Bier und Brezn. Dabei verbergen sich viel mehr Schätze hierzulande. Mindestens hundert, um genau zu sein.
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Artikel vom 19.07.2018: Eine Tafel mit viel Geschichte
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Das Heimatministerium und das Kunstministerium haben nun regionaltypische Kleinode der nichtstaatlichen Museen ausgezeichnet. Unter den prämierten »100 Heimatschätzen« ist München gleich doppelt vertreten: das Sudetendeutsche Haus und der Kasperl aus der Borstei.
Ein Stück Heimat
»Unsere bayerischen Heimatmuseen bewahren regionale Tradition und Heimatkultur. Unzählige Kleinode erzählen spannende Geschichten, stärken das Gefühl für die bayerische Lebensart und präsentieren einen modernen, lebendigen Umgang mit der bayerischen Heimatgeschichte«, stellte Finanz- und Heimatminister Albert Füracker bei der Prämierung der 100 Heimatschätze im Rahmen eines Festakts in München fest. »Unsere bayerische Museumslandschaft mit ihren über 1.300 Museen ist eine wahre Schatztruhe. Die nichtstaatlichen Museen leisten einen entscheidenden Beitrag zum Erhalt unserer unverwechselbaren bayerischen Heimat.
Ich freue mich, dass wir 100 Heimatschätze auszeichnen können, die die reiche Geschichte und das kulturelle Erbe des Freistaats Bayern widerspiegeln«, merkte Kunstministerin Prof. Dr. med. Marion Kiechle zum Abschluss des Wettbewerbs an.
Jedes Museum konnte sich mit maximal drei Objekten bewerben. Die 100 besten Heimatschätze im Freistaat wurden mit einem Preisgeld von 1.000 Euro prämiert und mit einer Urkunde ausgezeichnet. Im Münchner Norden hat es der Kasperl geschafft. Er ist Museumsobjekt seit Oktober 2006 im Borsteimuseum.
Doch welche Geschichte erzählt der Kaperl? Wie ist die Verbindung zur Region? Wie ist die Geschichte belegbar?
Bernhard Borst, der Erbauer der Borstei, hatte eine sehr karge und ärmliche Jugend. Diese Erfahrung hat den erfolgreichen Bauunternehmer später dazu bewogen, mit der Borstei eine bewohnerfreundliche Siedlung mit Geschäften, Gärten, Wäscherei und Zentralheizung zu schaffen (erbaut 1924 bis 1929). Er wohnte schließlich selber in der Borstei. Es lag ihm sehr daran, Kindern eine erfreulichere Jugend zu ermöglichen, als er sie erfahren hatte. So gab es in der Borstei Kindergärten, Spielplätze, eine Spielwiese, eine Bücherei.
Und Bernhard Borst veranlasste jährlich einen St. Martins-Umzug, eine Nikolausfeier, einen Faschingszug und ein Frühlingsfest an Ostern. Darüber hinaus lud er die Kinder immer wieder in das Münchner Marionettentheater in der Blumenstraße ein. Er zahlte die Busfahrt und die Vorstellung. Aber auch in der Borstei wurde in den 30-er Jahren Kasperltheater für die Kinder aufgeführt. Die Theaterkulisse ist heute noch vorhanden. Um auf die Vorstellungen hinzuweisen, wurde in einer Mauernische am Haupteingang ein Türchen geöffnet und ein aus Holz geschnitzter Kasperl wurde sichtbar, der auf einen Programmzettel deutete. Dann konnten sich die Kinder wieder auf eine neue Vorstellung freuen. Der Holzkasperl wurde vor 10 Jahren in das Borsteimuseum geholt und dort steht er auch heute noch.
Verständnis für Kinder
Geschnitzt wurde die Figur höchstwahrscheinlich von Richard Rost, einem Künstler, der mit der Familie Borst gut befreundet war. Er hat auch einen Kasperltheatertext geschrieben, der im Museum ausgestellt ist.
Die zirka 60 Zentimeter große Kasperlfigur zeugt vom großen Verständnis, das der Baumeister Bernhard Borst für die Kinder gehabt hat. Deshalb ist dieser Holzkasperl ein wesentliches Stück in der Sammlung des Borsteimuseums.
Das Borstei-Museum hat in den Sommerferien aus organisatorischen Gründen nicht regelmäßig geöffnet. Möglichkeiten für einen Besuch müssen ab 13. August telefonisch unter 01 76 / 76 79 82 44 vereinbart werden.
Ab Mitte Oktober kann der Kasperl wieder regulär bestaunt werden. dm/red