Besonders groß gewachsen ist sie nicht, aber sie hat eine Eigenschaft, die sie mit vielen Menschen ihrer Statur teilt: Sie ist ein Energiebündel.
Sylvia Frey ist vor nicht allzu langer Zeit ins Erdinger Holzland gezogen. Sie schreibt Songs, die sie auch selbst interpretiert, mit Gitarre begleitet, vorzugsweise mit Unterstützung durch einen weiteren Gitarristen. Auftritte bei »Sinnflut« und der Rocknacht in Altenerding hat sie schon absolviert. Sie arbeitet an sich, was ihr Gitarrenspiel angeht. »Ich werde langsam besser«, stellt sie fest.
50 eigene Lieder füllen den Aktenordner, viele noch unvollendet, noch im Werden. Es sind sehr oft leise, nachdenkliche Töne, die sie hier anschlägt, meist auf Englisch, aber auch auf Bayerisch. »Ich habe schon eine Vision für eine CD«, erzählt sie und zeigt schon einen ersten Cover-Entwurf vor. Sie malt nämlich auch.
Ihre Bilder stehen in einem gewaltigen Kontrast zu den leisen Tönen ihrer Musik. Explosionen sind sie, voller kräftiger Farben, oftmals von so großem Format, dass sie ihre Familie bitten muss, mit einem Bus zu Hilfe zu kommen, wenn es mal wieder gilt, eine Ausstellung zu machen, wie vor Kurzem im Frauenkircherl in Erding, wo sie zusammen mit zwei anderen Künstlern ihre Werke ausgestellt hat.
Ihre Bilder, mal Porträt, mal sehr abstrakt, entstehen in Phasen ungestümen Schaffensdrangs: »Wenn ich meine, ich müsste meine Energie abbauen, dann gehe ich in den Keller und male drauflos.« Das kann dann auch mal mitten in der Nacht sein. »Dann muss es raus! Dann nehme ich den Pinsel und höre nicht mehr auf!«
Ihre Posts in sozialen Netzwerken lassen ihre Freunde Anteil haben an diesen Phasen überbordender Kreativität. »Ich male nach Gefühl«, sagt Sylvia Frey und macht damit deutlich, was für jeden ernsthaften Künstler gilt: Die Bilder geben immer auch etwas von dem preis, der sie geschaffen hat. Das können Gemütslagen sein, Stimmungen. Abmalen ist ihre Sache nicht, sie hat genügend Bilder im Kopf und braucht keine Vorlagen. Eine Ausnahme stellen dabei naturgemäß Porträts dar. Drei städtische Größen hat sie auf die große Leinwand gebannt, die Bilder hängen jetzt im Stadtmuseum.
»Meine Kindheit war wild und frei«, erzählt sie dankbar, und so ist sie auch ein Fan von Pippi Langstrumpf. Das macht Sinn, gehört es doch zu den zentralen Botschaften der Autorin Astrid Lindgren, dass Kinder frei sein sollen. Diese Freiheit, diese Wildheit auch, hat sie sich erhalten, nennt sich selbst eine »lustige Nudel«, und als ob das alles noch nicht reichen würde, befasst sie sich auch noch mit Klangtherapie. Das aber spielt eine eher untergeordnete Rolle. »Ich kenne keine Langeweile! Das Wort kannst du aus meinem Wortschatz streichen.«
Manchmal amüsiert sich die 51-Jährige über die Frage erstaunter Zeitgenossen, wann sie das alles macht. Ihr Tag hat »nur« 24 Stunden, wie die Tage aller anderen auch. Und all ihre Kreativität packt sie in die Zeit, die sie hat, denn Sylvia Frey hat obendrein auch einen Beruf: Vertrieb bei einer Brauerei in Erding. Vollzeit. Es kommt halt immer drauf an, was ein Mensch mit seiner Zeit macht. kw