Kunst auf Rezept: Ärzte im kanadischen Montreal können Patienten seit November 2018 Museumsbesuche verschreiben. Museum als Form der Therapie, so etwas gibt es auch in München. Speziell für Menschen mit Demenz gibt es bereits seit 2016 ganzjährig unter dem Titel „KunstZeit“ in bisher sieben Museen und Kunsträumen besondere Angebote. Das Besondere ist, dass städtische und staatliche Museen zusammenarbeiten: Die Artothek – städtischer Kunstverleih, die Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, das Museum Villa Stuck, das Bayerische Nationalmuseum, die Pinakothek der Moderne und das Staatliche Museum Ägyptischer Kunst und auch das Deutsche Museum machen ihre ausgestellten Werke durch intuitives Entdecken oder Tasten, im gemeinsamen Gespräch oder in Rundgängen mit musikalischen wie künstlerisch-praktischen Akzenten erfahrbar. "2019 wird es auch in der Alten Pinakothek Führungen für Demenzkranke geben", erzählt Christopher Förch vom Team der Kunstvermittlung in den Pinakotheken. Der studierte Kunstpädagoge betreut und konzipiert dort seit 2016 diese besonderen Führungen. "Die Führungen gestalten speziell von der Kunstvermittlungsabteilung geschulte Sozialpädagogen und Kunsthistoriker", erklärt Christopher Förch. Eine Führung dauert 90 Minuten, fällt aber grundlegend anders aus wie eine normale Museumsführung: Gestartet wird mit einem "angenehmen Ankommen und einer kleinen Vorstellungsrunde bei Kaffee und Tee", berichtet Förch. ,,und es gibt immer wieder Pausen, "da sind wir absolut flexibel", denn viele Teilnehmer, übrigens ganz gemischt an Alter und Mobilität, sind im Rollstuhl oder mit Rollator unterwegs. Auf dem Programm stehen drei bis vier Werke, "bei denen nicht so sehr der Inhalt im Vordergrund steht, sondern sinnliches Entdecken": Das gelinge etwa gut bei den farbenfrohen Werken von Franz Marc oder August Macke, erzählt Christopher Förch. Außerdem geht bei Führungen Tastmaterial herum oder ein musikalisches Werk erklingt zu einem Kunstwerk. Ziel sei es, Emotionen und Erinnerungen bei den Teilnehmern zu wecken.
Etwa sechs Führungen im Jahr finden in den Pinakotheken statt. "Da bleibt viel hängen und wird nach dem Museumsbesuch noch viel erzählt, schöne Momente, die im Alltag nachwirken", weiß Förch. Denn die Kunstpädagogen stehen eng in Kontakt mit den Einrichtungen wie Wohnheimen, über die Teilnehmer als Gruppen meist diese Führungen besuchen. Teilnehmen kann aber jeder (mit Begleitperson) an den Führungen, am besten erfragt man die Termine bei den jeweiligen Museen, um sich rechtzeitig anzumelden, empfiehlt Christoper Förch. Die Führungen sind kostenlos, es fällt lediglich ein ermäßigter Museumseintritt an.
Einen Rundgang für Menschen mit Demenz bietet auch das Bayerische Nationalmuseum: Die im Prachtbau an der Prinzregentenstraße 3 gezeigten Schätze europäischer Kunst- und Kulturgeschichte aus zwei Jahrtausenden wecken beim Besucher vielfältige Erinnerungen und Assoziationen. Das historische Gebäude lädt zu einer Entdeckungstour in entspannter Atmosphäre ein. Mit begleitenden Materialien zum Tasten, Hören oder Riechen können einige Kunstwerke auf ganz neue Art intensiv erspürt werden. Termine und Anmeldung unter Tel. 089/21124216, E-Mail bay.nationalmuseum@bnm.mwn.de
An jedem dritten Mittwoch im Monat ab 14 Uhr lädt das Deutsche Museum zur Führung "Musik und Demenz", eine Reise in die Welt der Musik und der Musikinstrumente in der Ausstellung Musikinstrumente des Deutschen Museums. Erfahrene und speziell geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entführen die Teilnehmer zu Tasteninstrumenten und selbstspielenden Musikinstrumenten. Anmelden kann man sich eine Woche vor dem Termin beim Deutschen Museum Besucherservice, Tel. 089/2179-333, täglich von 9 bis 15 Uhr. Michaela Leis