Von Carsten Clever-Rott
Wir drohen in Plastik zu ersticken. Dabei können wir es doch selbst verhindern. Fleißige Hände und kluge Köpfe haben in München ein Projekt auf den Weg gebracht, mit dem der Plastikmüll verringert werden soll: »Einmal ohne, bitte« heißt es. Das Ziel: Plastikpackungen im Einzelhandel zu vermeiden.
Im Supermarkt ist das in dieser Form nur an den Bedientheken möglich, aber in Metzgereien, Bäckereien und an Marktständen könnte man doch das, was nur wenig später Plastikmüll ist, einsparen. Der Aufschnitt lässt sich auch in der mitgebrachten Frischebox nach Hause tragen. Aber die Übergabe der unverpackten Lebensmittel vom Händler an den Kunden ist gar nicht so einfach, denn es gibt strenge Hygienevorschriften, die hohe Hürden darstellen.
Der Wunsch, auf diese Weise Plastikmüll zu vermeiden, ist groß - sowohl beim Verbraucher als auch bei Händlern. Um die Hygienevorschriften zu wahren, haben die Initiatoren der Kampagne, das Kreativ-Kollektiv rehab republic e.V., Regeln erarbeitet (siehe Kasten auf Seite 2). Für kleinere Anbieter ist das ebenso eine Herausforderung wie für Ladenketten. Umso größer ist die Aufgabe, Partner für das Projekt zu gewinnen. Dass Vinzenzmurr dabei ist, gibt dem Projekt einen erheblichen Schub. Zum Start der Kampagne hat Geschäftsführer Markus Brandl berichtet, dass die Verringerung des Plastikmülls ihm selbst und seinem Unternehmen ein wichtiges Anliegen sei. Darum zögerte er auch nicht lange, als die Anfrage kam. Anders als andere, die mehr oder weniger höflich absagten.
»Wir müssen jetzt handeln. Nachhaltig leben wollen wir einfacher machen«, erklärt Markus Mitterer von rehab republic die Aufgabe, für die »Einmal ohne, bitte« ein Lösungsansatz sein soll.
Für Projektleiterin Johanna Koch war der Startschuss ein wichtiges Etappenziel. Ziemlich genau ein Jahr, nachdem rehab republic das »Plastikfasten« getestet hat, geht das Projekt an die Öffentlichkeit. Zeit wird’s, denn: »Allein in München fallen jedes Jahr 42.000 Tonnen Leichtverpackungen an«, berichtet Johanna Koch. Tendenz steigend. Viele Kunden würden das gerne eindämmen, aber einfach danach fragen? Da ist die Hemmschwelle dann doch oft zu hoch. Das soll jetzt anders werden, denn das Nachfragen entfällt genau dann, wenn die Kunden im Vorhinein wissen, ob ein Geschäft an dem Projekt teilnimmt. Das zeigt ein gut sichtbarer runder Aufkleber im Eingangsbereich. Markus Brandl hat ihn in der Filiale am Viktualienmarkt direkt angebracht. Auf www.einmalohnebitte.de gibt es eine Liste der Geschäfte, die mitmachen. Diese Liste ist selten topaktuell, denn die Zahl der Geschäfte wächst schnell. Zur Orientierung lohnt sich ein Blick darauf dennoch.
Mit welchem Ideenreichtum und welchem Einsatz rehab republic das Projekt auf den Weg gebracht hat, nötigt auch Kommunalreferentin Kristina Frank und Umweltreferentin Stephanie Jacobs Respekt ab. Dass der gute Wille der Verbraucher durch mangelhalfte Information gerne auch mal konterkariert wird, wusste Frank, in ihrem Amt auch Erste Werkleiterin des Abfallwirtschaftsbetriebs München (AWM), zu erzählen. Die biologisch abbaubaren Plastik-Biomülltüten verrotten erstaunlich schnell innerhalb von zwölf Monaten. Weil aber die AWM den Biomüll in nur sechs Monaten verarbeitet, müssen dort immer wieder Plastikbeutel rausgezogen werden.
Die Umweltreferentin betonte, das Plastikproblem sei längst in München angekommen: »Vermüllte Meere? Wir wissen, dass auch die Isar mit Mikroplastik verschmutzt ist.«
Weil am Ende doch alles wieder auf den Menschen zurückkommt, wie Projektleiterin Johanna Koch anmerkte, ist keine Zeit mehr zu verlieren. Für die Verbraucher heißt das, in den Geschäften einfach nachzufragen. Und wer am Eingang den Aufkleber sieht, der gibt seine Bestellung einfach »einmal ohne, bitte« ab.