Veröffentlicht am 06.11.2020 04:49

Stets "gschichtsnarrisch"

Volker Laturell (r.) wurde 2018 für seine 60-jährige Mitgliedschaft geehrt. Es gratulierten Diana Stachowitz MdL, Julia Schönfeld-Knor, Alexander Reissl und Johanna Salzhuber (v.l.n.r.). (Foto: privat)
Volker Laturell (r.) wurde 2018 für seine 60-jährige Mitgliedschaft geehrt. Es gratulierten Diana Stachowitz MdL, Julia Schönfeld-Knor, Alexander Reissl und Johanna Salzhuber (v.l.n.r.). (Foto: privat)
Volker Laturell (r.) wurde 2018 für seine 60-jährige Mitgliedschaft geehrt. Es gratulierten Diana Stachowitz MdL, Julia Schönfeld-Knor, Alexander Reissl und Johanna Salzhuber (v.l.n.r.). (Foto: privat)
Volker Laturell (r.) wurde 2018 für seine 60-jährige Mitgliedschaft geehrt. Es gratulierten Diana Stachowitz MdL, Julia Schönfeld-Knor, Alexander Reissl und Johanna Salzhuber (v.l.n.r.). (Foto: privat)
Volker Laturell (r.) wurde 2018 für seine 60-jährige Mitgliedschaft geehrt. Es gratulierten Diana Stachowitz MdL, Julia Schönfeld-Knor, Alexander Reissl und Johanna Salzhuber (v.l.n.r.). (Foto: privat)

Eigentlich ist Volker D. Laturell, gerade 80 Jahre geworden, als Historiker ein Amateur gewesen. Doch auch ist er ein Liebhaber, oder, wie er selbst sagt, ein „Gschichtsnarrischer“. Das Handwerk des Forschers hat er sich „learning by doing“ angeeignet und in jahrzehntelanger Forschungs- und Publikationstätigkeit perfektioniert. Seine Leidenschaft galt der Kulturgeschichte des Alltags: dem Brauchtum, der Volksmusik und dem Volkstheater in der Stadt München und dem Land um sie herum, aber auch insbesondere der Entstehung und der Entwicklung zweier Stadtbezirke, Feldmoching und Moosach. Sie sind dank seiner rastlosen Arbeit, seinem unstillbaren Forscherdrang und seiner Lust an der Aufklärung verwickelter Verhältnisse und verzwickter Entwicklungen historisch ausgeleuchtet wie kein anderer Münchner Stadtteil.

Das phänomenale Wissen, das er dabei erwarb, breitete er seit 1970 öffentlich aus. 2018 verzeichnet der Katalog der Deutschen Nationalbibliothek 38 Veröffentlichungen von Volker Laturell als Autor oder Co-Autor. Die unzähligen Aufsätze, Vorträge, Beiträge für Programmhefte und Kommentare zur Lokalpolitik im Münchner Norden sind dabei gar nicht erfasst.
Seine Bücher entstanden aus einer immer weiter anwachsenden Menge an Fotos, Dokumenten, Zeitungsausschnitten und Fachbüchern. Gemeinsam mit Georg Mooseder, einem gelernten Mineralölkaufmann, „gschichtsnarrisch“ wie er selbst, trug er die „Geschichtssammlung Laturell/Mooseder“ (GSLM) zusammen.
Die Zusammenarbeit der beiden Lokalhistoriker begann 1975, als sie ein gemeinsames Buchprojekt zu Moosach verabredeten, das sich zu einer dreibändigen, 1.253 Text- und Bildseiten umfassende Geschichte dieses Stadtbezirks auswuchs. So konnte sie dem lange befürchteten Schicksal entgehen, im Keller des Stadtarchivs ehrenvoll zu verschwinden. Bewusst sprach Laturell nie von einem „Archiv“. Es ging ihm nicht darum, Akten fachgerecht und sorgfältig zu bewahren und dabei in Vergessenheit geraten zu lassen.

Er saß nicht wie ein neuzeitlicher Alberich auf den Schätzen, die er mit Georg Mooseder zusammentrug. Er war immer Sammler, Nutzer und das personifizierte Gedächtnis Moosachs und Feldmochings. Sein Wirken wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, der Verdienstmedaille in Gold des Bezirks Oberbayern und der Medaille „München leuchtet“.
Dass Laturell sich gerade den beiden Stadtteilen Moosach und Feldmoching widmete, ist den Zufällen und unvermeidlichen Brüchen eines Lebens zu verdanken, das kurz vor dem 2. Weltkrieg begann. Er selbst sagt stolz von sich, er sei „Münchner in der dritten Generation“, geboren wurde er aber am 22. Mai 1939 in Tübingen. Die Familie kehrte 1945 vorübergehend nach Feldmoching zurück, wo der Großvater gelebt hatte, die Wohnung der Familie in Haidhausen war zerbombt. Mehrfach zogen die Laturells danach noch um, das Abitur machte Volker Laturell 1957 an der Oberrealschule in Pfarrkirchen. Er wurde später nicht nur ein herausragender Lokalhistoriker, sondern auch ein international anerkannter Fachmann für Kinder- und Jugendtheater. Als städtischer Beamter war er der umtriebige Organisator von vielen hundert Veranstaltungen. 1962 ließ er sich in der Fasanerie nieder und trat in den Dienst der Landeshauptstadt München. 1979 wurde er Volkskulturpfleger im Kulturreferat, ein Posten, für den ihn der damalige OB Kronawitter unbedingt wollte, obwohl ihm die formale Qualifikation fehlte. Seine fachliche und persönliche Qualifikation stellte er in den nächsten 20 Jahren unter Beweis mit einem steten Strom von Aktivitäten für Volksmusik, Trachten, Volkstanz, Volkstheater, Brauchtum. So belebte er etwa den „Kocherlball“ im Englischen Garten wieder und organisierte vierteljährliche „Hoagartn“ in München. 1994 zog er nach Moosach um und wurde damit Moosacher, „ganz einfach weil ich hier wohne“. Er hat sich um seinen Stadtteil verdient gemacht wie kaum ein anderer.

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